H. Glossmann 1984
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Die Zeit vor 1984: Hartmut
Glossmann wurde 1940 in Kassel geboren und
studierte Medizin in Giessen, wo er 1966
promovierte. Seine Doktorarbeit aus (man höre
und staune!) ‚Biochemischer Pharmakologie’
wurde 1968 mit dem Preis der Universität Gießen
für die beste Doktorarbeit bedacht. Auf diese
frühe Zeit geht auch seine erste klinische
Tätigkeit zurück, die er als Allgemeinmediziner
in unterschiedlichen Landarztpraxen nahe Köln,
in Herborn und in Hohen Vogelsberg absolvierte.
Für 2 Jahre (1968 - 1970) wechselte Hartmut
Glossmann in den Freistaat Bayern. Er arbeitete
als Forschungsassistent am Max-Planck-Institut
für Biochemie in München-Martinsried bei Prof.
Butenand. Viele seiner frühen sehr biochemisch
orientierten Arbeiten entstanden in dieser
Zeit, als unterschiedlichste Gebiete mit
unterschiedlichsten Methoden bearbeitet wurden.
Nach den ‚Münchner Jahren’ trat er einen
dreijährigen Forschungsaufenthalt in den U.S.A.
an. Zwischen 1970-1973 war er Postdoc am NIH
(Bethesda/MD, USA) bei D.M. Neville jr. und
K.J. Catt. Viele seiner bis heute am besten
zitierten Arbeiten wurden in diesen Jahren
publiziert. Nach seiner Rückkehr nach
Deutschland erfolgte 1975 die Habilitation in
dem Gesamtfach ‚Pharmakologie’, und im Jahr
darauf die Ernennung zum C3 Professor am
Rudolf-Buchheim Institut für Pharmakologie in
Gießen. Im gleichen Jahr erwarb Hartmut
Glossmann den Facharzttitel für Pharmakologie
und Toxikologie, im Jahre 1984 zusätzlich den
Facharzttitel für Klinische Pharmakologie.
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H. Glossmann 2000
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Die frühe ‚Innsbrucker’ Zeit (1984 - 1995):
Nach der Ausschreibung einer pharmakologischen
Professur durch die Medizinische Fakultät der
Universität Innsbruck und langen Verhandlungen
bis zur Rufannahme trat Hartmut Glossmann im
März 1984 seinen Dienst an der damaligen
Medizinischen Fakultät der Universität
Innsbruck an. Zu dieser Zeit waren die späteren
Räumlichkeiten des Instituts für Biochemische
Pharmakologie noch im Umbau begriffen (der bis
Sommer 1986 andauern sollte). Das Institut war
auf mehrere Labors und Büroräume in der
Schöpfstrasse (unter anderem auch Räume, die
heute von der Sektion für Genetische
Epidemiologie genützt werden) und der
Fritz-Pregl Strasse verteilt. So befanden sich
die Labors im Wesentlichen im 2., 5. und 7.
Stock des Gebäudes Fritz- Pregl Strasse 3 sowie
im 1. Stock des Gebäudes Schöpfstrasse 45.
Assistenten der ‚ersten Stunde’ waren Holger
Baumgartner (langjähriger Leiter der
Geschäftsstelle der Ethikkommission) und Jörg
Striessnig (heute Vorstand des Instituts für
Pharmakologie und Toxikologie der
Leopold-Franzens Universität). Zwischen 1984
bis 1986 wurden weitere Assistentenstellen mit
Gerald Zernig, Kurt Moosburger und Michael
Schirmer besetzt. Mit Juli 1986 erfolgte dann
die lange ersehnte Übersiedlung in die
großzügig generalsanierten Räumlichkeiten der
‚Alten Chemie’ in der Peter-Mayr Strasse 1.
1987 wurde Hans-Günther Knaus
Universitätsassistent, 1989 Manfred Grabner.
Fabian Möbius begann seine Tätigkeit am
Institut für Biochemische Pharmakologie im
Jahre 1990 (zunächst als Dissertant), später
als Universtätsassistent. Steffen Hering (heute
Vorstand des Instituts für Pharmakologie an der
Universität Wien) begann seine Tätigkeit im
Jahre 1991. Einige Jahre danach konnte auch
Bernhard Flucher nach einem 8-jährigen
Aufenthalt am NIH zur Rückkehr nach Österreich
an das Institut bewegt werden.
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H. Glossmann auf der Dachterrasse des
Institutsgebäudes, März 2009
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Die spätere ‚Innsbrucker’ Zeit (1996 - 2009):
Im Jahre 1996 gelang es Hartmut Glossmann nach
langen Verhandlungen, eine weitere
Professorenstelle an das Institut für
Biochemische Pharmakologie zu holen. Auf diese
Stelle wurde nach internationaler Ausschreibung
Jörg Striessnig primo loco gereiht, der 1998
seinen Dienst antrat. Nach einem nicht
angenommen Ruf an das Institut für
Pharmakologie und Toxikologie der
Naturwissenschaftlichen Fakultät Wien
(Nachfolge Prof. Heistracher die dann, wie oben
erwähnt, vom Zweitgereihten Steffen Hering
angenommen wurde) wurde dann Jörg Striessnig im
Jahre 2001 Vorstand des Pharmakologischen
Instituts der Leopold-Franzens Universität
Innsbruck. Auf die erneut im Jahre 2001
ausgeschriebene Professorenstelle wurde 2002
Hans-Günther Knaus berufen. Zwei
Gastprofessuren von Hartmut Glossmann müssen
besonders erwähnt werden: eine Gastprofessor
(1989) für Pharmakologie und Zellphysiologie an
der Universität Cincinnati, USA; eine weitere,
sehr intensiv betriebene Gastprofessur war
hauptsächlich Lehragenden gewidmet - zwischen
1999 und 2002 war er Gastprofessor an der
Medizinischen Fakultät der Universität Padua
(Italien). Gemeinsam mit mehreren Pharmakologen
aus Padua entwickelte und förderte er ein
Internationales Doktoratsstudium für Molekulare
und Zelluläre Pharmakologie, das in weiterer
Folge auch auf die Universität Freiburg im
Breisgau (Deutschland) ausgedehnt wurde. Das
wissenschaftliche Gesamtwerk: Hartmut Glossmann
begann in den späten 70er Jahren bereits in
Giessen, mittels einer damals noch in den
Anfängen befindlichen Technik
(‚Radioligandenbindungsstudien’)
spannungsabhängige Kalziumkanäle aus
unterschiedlichen Geweben zu charakterisieren.
Ihm kamen damals gute Beziehungen zu
verschiedenen forschenden Pharmaunternehmen
(Bayer, Knoll, Goedecke) zugute. Diese
Unternehmen synthetisierten unterschiedlichste
Liganden in radioaktiver Form, die durch
Hartmut Glossmann’s Arbeitsgruppe im Detail
charakterisiert wurden. Weitere 4
‚selbstsynthetisierte’ Liganden kamen in
Innsbruck hinzu. Im Laufe der Jahre
verbreiterte sich der wissenschaftliche Fokus
des Instituts auf weitere Ionenkanäle, die
Erregungs-Kontraktionskopplung des
Skelettmuskels und ganz besonders wichtig für
unser heutiges Department, den
Lipidstoffwechsel. Mehreren Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern (u.a. Barbara Fitzky, Markus
Hanner und Fabian Moebius) gelang es, unter
Verwendung des als neuroprotektiv beschriebenen
Liganden Emopamil, zwei bis dato unbekannte
Proteine zu charakterisieren. Bei einem der
beiden Proteine handelte es sich um ein
zentrales Enzym der Cholesterolbiosynthese
(einer Sterolisomerase). Gemeinsam mit der
Arbeitsgruppe Utermann wurde dann auf
molekularer Ebene des Smith-Laemmli-Opitz
Syndrom aufgeklärt und beschrieben - ohne die
vorherige Entdeckung wären die in weiterer
Folge durchgeführten Untersuchungen nahezu
unmöglich gewesen. Diese erfolgreiche
Zusammenarbeit hat sicher die Gründung des
Departments für Medizinische Genetik,
Molekulare und Klinische Pharmakologie
maßgeblich herbeigeführt. Jetzt bleibt nur noch
zu hoffen, dass unser gemeinsames Department
auch in näherer Zukunft über ein gemeinsames
Gebäude in der Peter-Mayr Strasse 1/1A verfügen
wird. Um nun das wissenschaftliches Werk von
Hartmut Glossmann in seiner ganzen Breite und
Tiefe beurteilen zu können möge ein Blick in
Pubmed oder das ISI Web of Science genügen: er
hat zwischen 1965 und heute insgesamt 262
Arbeiten veröffentlicht (ISI Web of Science),
die in ihrer Gesamtheit 7268-mal (Stand
Dezember 2009) zitiert wurden. Mit dieser
Zitationshäufigkeit liegt er nicht nur ganz
vorne in Innsbruck, sondern schafft es sogar in
das österreichische Spitzenfeld. Dieser
wissenschaftlichen Exzellenz wurde mehrmals
Rechnung getragen, 2 davon mögen erwähnt
werden: im Jahre 2000 wurde das Institut für
Biochemische Pharmakologie in einer vom
Wissenschaftsministerium beauftragten und von
einer internationalen Expertengruppe
durchgeführten biometrischen Analyse von 170
untersuchten medizinischen Instituten und
Kliniken in Österreich an die erste Stelle
gereiht. Im Jahre 2003 wurde dieser Tatsache
auch mit der Verleihung des Österreichischen
Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1.
Klasse an Hartmut Glossmann Rechnung
getragen.
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Im Jahre 2003 wurde H. Glossmann das
Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und
Kunst 1. Klasse verliehen.
"Er hat wissenschaftliche
Pionierarbeit auf dem Forschungsgebiet der
spannungs-abhängigen Calciumkanäle der
Plasmamembran geleistet [...] Auch das
Smith-Lemli-Opitz-Syndrom wurde in seiner
Arbeitsgruppe erstmalig molekular durch
Klonierung des Gens aufgeklärt. Auf Initiative
dieses so verdienstvollen Forschers und
Hochschullehrers [...] wurde außerdem ein
gemeinsames internationales Doktorat zwischen
den Uni-versitäten Padua und Innsbruck
errichtet. Dabei handelt es sich um das erste
Programm in Österreich, das auf Grundlage der
EU-Konferenz von Prag im Mai 2001 einen
wichtigen Schritt zur Verwirklichung des
Europäischen Hochschulraumes setzt" (Aus
der offiziellen Pressemitteilung)
Bild links: H. Glossmann
freut sich mit seinem Vorgänger em.
o.Univ.-Prof. Heribert Konzett über die hohe
Auszeichnung.
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