Sanofi Aventis Preis 2010 geht an drei JungforscherInnen der Medizinischen Universität Innsbruck
Innsbruck, 15.12.2010: In der Aula der Universität Innsbruck wurden heute im festlichen Rahmen die diesjährigen Preise der Sanofi Aventis Stiftung an drei NachwuchsforscherInnen der Medizinischen Universität Innsbruck vergeben. Die Forschungsarbeiten von Mag.a Katrin Watschinger, PhD (Sektion für Biologische Chemie am Biozentrum), Mag. Georg Grünbacher (Univ.-Klinik für Urologie) und Dr. Ramon Tasan, PhD (Institut für Pharmakologie) wurden ausgezeichnet.
Seit 1964 stellt die Sanofi Aventis Stiftung den
Medizinischen Universitäten in Innsbruck, Graz und Wien - und
seit heuer auch der Paracelsus-Privatuniversität Salzburg -
jährlich eine bedeutende Summe für hervorragende
Forschungsarbeiten von NachwuchswissenschafterInnen zur
Verfügung. Auf Vorschlag der Vergabekommission unter dem
Vorsitz von Univ.-Prof.in Christine Bandtlow wurden
dieses Jahr eine Arbeit zur Relevanz besonderer Dendritischer
Zellen für die Immuntherapie von Mag. Georg Grünbacher, eine
neuropharmakologische Untersuchung zu Mechanismen der
Angstentstehung von Dr. Ramon Tasan, PhD, sowie eine Studie zum
besseren Verständnis des menschlichen Fettstoffwechsels von
Mag.a Katrin Watschiner, PhD als hervorragende
Forschungsleistungen prämiert.
Nach der Begrüßung durch Univ.-Prof. Günther Sperk, Vizerektor
für Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck in der
Aula der Universität wurden die PreisträgerInnen und ihre
gewürdigten Arbeiten von Univ.-Prof.in Christine Bandtlow
vorgestellt. Die feierliche Übergabe der Urkunden erfolgte
durch die Medizinische Leiterin der Sanofi Aventis Stiftung,
Dr.in Alexandra Edlmayer und Vizerektor Sperk.
Die PreisträgerInnen:
Mag. Georg Grünbacher
Schon in jungen Jahren tendierte der 1985 in Bruneck
geborene Georg Grünbacher als Schüler des Trienniums der
Gewerbeoberschule Bruneck, Fachrichtung „Chemie- Umwelt- und
Biotechnologie“ zur Naturwissenschaft. Er studierte an der
Universität Innsbruck Biologie und befasste sich bereits in
seiner, im Labor für Immunologie und Immuntherapie der
Univ.-Klinik für Urologie verfassten, Diplomarbeit und in
seiner Dissertation mit der Funktion von Dendritischen Zellen.
Nach einschlägiger mikrobiologischer Arbeitserfahrung in einem
Lebensmittellabor, forschte Georg Grünbacher ein Jahr lang im
Kompetenzzentrum Medizin Tirol (KMT) und seit Oktober 2009 im
K1 Zentrum Oncotyrol, wo auch die prämierte Untersuchung
entstanden ist.
Dendritische Zellen für die Immuntherapie
Die nun prämierte und in der renommierten hämatologischen
Fachzeitschrift „Blood“ veröffentlichte Forschungsarbeit von
Mag. Georg Grünbacher berichtet über Dendritische Zellen aus
menschlichem Blut, die sich in besonderer Weise für die
Immuntherapie von Tumoren eignen. Die Immuntherapie von
Tumorerkrankungen ist seit vielen Jahren Forschungsgegenstand
der Arbeitsgruppen von Univ.-Prof. Dr. Martin Thurnher und
Univ.-Prof. Dr. Nikolaus Romani, Univ.-Klinik für Dermatologie,
die im K1 Zentrum Oncotyrol gemeinsam die Cell Therapy Unit
bilden. Dendritische Zellen gehören zu den Leukozyten und
fungieren als Wächterzellen des Immunsystems, indem sie durch
die Aktivierung der T-Zellen Warnsignale in zielgerichtete
Immunreaktionen verwandeln. Der Forschungsansatz geht dahin,
Dendritische Zellen so zu verändern, dass sie die T-Zellen im
Patienten nicht nur aktivieren, sondern sie auch zielgerichtet
auf Krebsherde und ihre Absiedlungen lenken.
In der vorliegenden Arbeit beschreibt Georg Grünbacher eine
neue Population von Dendritischen Zellen in menschlichem Blut,
die das CD56 Antigen auf ihrer Oberfläche tragen, das ansonsten
nur auf natürlichen Killer (NK) Zellen und einer Untergruppe
von zytotoxischen T-Zellen vorkommt. Die Stimulation dieser
CD56-positiven Dendritischen Zellen mit Bisphosphonaten, die
eigentlich zur Behandlung von Knochenerkrankungen eingesetzt
werden, führt zur Aktivierung und Vermehrung sogenannter
Gammadelta T-Lymphozyten, die bekanntermaßen Antitumorwirkung
haben. „Vieles spricht dafür, dass diese CD56-positiven
Dendritischen Zellen aus menschlichem Blut Potential für
klinische Anwendungen in der Tumor-Immuntherapie besitzen“,
betont Nachwuchsforscher Grünbacher.
Dr. med. univ. Ramon Tasan, PhD
Der 36jährige Neurowissenschafter Ramon Tasan wurde in Bregenz geboren, wo er auch zur Schule ging. Nach seinem Medizinstudium an der Universität Innsbruck, war er vier Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Pharmakologie der Medizinischen Universität Innsbruck tätig, an dem er seit 2008 Universitätsassistent ist. Seine einschlägige neuropharmakologische Ausbildung gründet sich auf die Absolvierung des PhD-Studiums der Neurowissenschaften im Rahmen des Doktoratsprogramms der Medizinischen Universität Innsbruck von 2004 bis 2009.
Vielversprechender Ansatz in der Angsttherapie
Angststörungen und Depressionen stellen weltweit die größte
Gruppe psychischer Erkrankungen dar und bedeuten neben der
massiven Einschränkung der persönlichen Lebensqualität auch
eine große sozioökonomische Belastung für die Gesellschaft.
Ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen der
Angstentstehung und der modulierenden Faktoren soll neue Wege
der Angsttherapie aufzeigen, zumal sich derzeitige
Therapieangebote auf die Gabe von selektiven Serotonin
Wiederaufnahmehemmern (SSRIs) und Benzodiazepinen
(Tranquilizer), begleitet von psychotherapeutischer Betreuung
beschränken. Ein Großteil der Patientenschaft wird damit aber
nicht ausreichend angesprochen.
Rezente Forschungen weisen auf eine wichtige Funktion von
Neuropeptiden in der Regulation von Angst und Depression hin.
Insbesondere Neuropeptid Y (NPY), ein Peptid Transmitter,
welcher vor allem in limbischen Gehirnarealen gebildet wird,
ist an der Steuerung emotionaler Prozesse beteiligt. „NPY und
seine Rezeptoren sind vorwiegend in der Amygdala angereichert,
einer Gehirnregion, die eine Schlüsselrolle in der Steuerung
von emotionalem Verhalten einnimmt“, erklärt Dr. Ramon Tasan
vom Institut für Pharmakologie, dessen kürzlich im Journal of
Neuroscience publizierte Arbeit auf dieser Erkenntnis basiert.
Y1 Rezeptoren vermitteln nachweisbar eine anxiolytische
(angstvermindernde) und Y2 Rezeptoren eine anxiogene
(angststeigernde) Wirkkomponente von NPY. Das
Forschungsinteresse Ramon Tasans zielte nun auf die genaue
neuroanatomische Lokalisation der Y2 Rezeptor-vermittelten
anxiogenen Wirkung und konnte zeigen, dass einzig die
Ausschaltung der Y2 Rezeptoren in der zentralen und
basolateralen Amygdala - im Unterschied zu anderen
Gehirnarealen - den physiologischen Angstspiegel senkte.
Weitere neuroanatomische Untersuchungen zeigten, dass vor allem
NPY- und Y2 rezeptorhaltige Nervenbahnen, die aus der zentralen
Amygdala entspringen und zu anderen Hirnarealen projizieren,
für diese Wirkung verantwortlich sind. „Die Ergebnisse könnten
zu einer effektiven Möglichkeit einer graduierten und
bedarfsorientierten Beeinflussung sowohl von Angststörungen als
auch depressivem Verhalten führen und damit neue Wege in der
Angsttherapie eröffnen“, resümiert Tasan.
Mag.a Katrin Watschinger, PhD
Die aus Sexten in Südtirol stammende, 31jährige Sanofi Aventis Preisträgerin Katrin Watschinger absolvierte ihr Chemiestudium an der Leopold-Franzens Universität Innsbruck mit der Spezialisierung auf Biochemie und verfasste ihre Doktorarbeit über einen Kalziumkanal am Institut für Pharmazie, Abteilung für Pharmakologie und Toxikologie, bei Prof.Dr. Jörg Striessnig. Während ihrer Teilnahme am PhD Programm „Molecular Cell Biology” an der Medizinischen Universität Innsbruck absolvierte die Biochemikerin Forschungsaufenthalte in Montpellier, London und Wien. Nach zwei Jahren als Postdoktorandin am Biozentrum (Sektion für Biologische Chemie und Sektion für Zellbiologie) ist Katrin Watschinger seit dem Frühjahr 2010 externe Lehrende im Fach „Biochemie und Pathobiochemie“ an der Fachhochschule für Gesundheit in Innsbruck und Assistentin an der Sektion für Biologische Chemie. Die Sanofi Aventis Preisträgerin 2010 wurde für ihre Forschungen bereits mit mehreren Stipendien und Preisen (British Council Researcher Exchange Programme Award und Blair-Curtius-Pfleiderer-Wachter Award for Pteridine Research) ausgezeichnet.
Neue Einblicke in den Fettstoffwechsel
Die nun prämierte Forschungsarbeit der als Assistentin an
der Sektion für Biologische Chemie tätigen Nachwuchsforscherin
Katrin Watschinger fokussiert auf die bisher wenig erforschte
Fettklasse der Ether-Lipide, die für verschiedenste Aufgaben im
Körper wie die Strukturierung des Gehirns, Signalweiterleitung
und Reifung von Samenzellen wichtig sind. Ether-Lipide werden
vom Enzym ‚Alkylglycerol-Monooxygenase‘ gespalten. Seit seiner
ersten Beschreibung im Jahr 1964 haben ForscherInnen immer
wieder versucht, diesem Enzym einen Abschnitt auf unserer
Erbinformation - also jener DNA-Sequenz, die den Bauplan dieses
Enzyms enthält - zuzuordnen, doch bislang ohne Erfolg.
Dr.in Katrin Watschinger ist es nun gelungen, den genauen
Gen-Abschnitt für die Codierung dieser Enzymreaktion in einem
eigens entwickelten Zellkulturmodell zu identifizieren. „Durch
eine Kombination von bioinformatischen Anwendungen mit
molekularbiologischen und biochemischen Methoden, konnten wir
mögliche Kandidatengene aussuchen und mit Hilfe verschiedener
Zellen auf ihre Fähigkeit hin, Etherlipide zu spalten, testen“,
erklärt Watschinger die Vorgangsweise. Einer der ausgewählten
Kandidaten zeigte schließlich das gewünschte Ergebnis und das
Gen, also der Bauplan der Alkylglycerol Monooxygenase, war
damit nach fast fünf Jahrzehnten endlich gefunden. Eine
nachfolgende Analyse der Gensequenz lieferte eine weitere
Erkenntnis: Das Enzym gehört nicht, wie bisher angenommen, zu
einer der beiden bekannten Familien von
Tetrahyrobiopterin-abhängigen Enzymen, sondern zählt zu einer
nunmehr neu definierten Enzymfamilie.
Die in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy
of Sciences (PNAS) veröffentlichte Forschungsarbeit von Dr.in
Katrin Watschinger liefert somit einen wichtigen Baustein für
das Verständnis des menschlichen Fettstoffwechsels und des
genetischen Bauplans.
Bildrechte: Medizinische Universität Innsbruck
Bildtitel:
Gruppenbild_1_presse: v.l.: Univ.-Prof. Günther Sperk,
Vizerektor für Forschung, Mag. Georg Grünbacher, Dr.in Katrin
Watschinger, Dr. Ramon Tasan und die Medizinische Leiterin der
Sanofi Aventis Stiftung, Dr.in Alexandra Edlmayer.
gruenbacher_sanofi_presse: v.l.: Univ.-Prof. Günther Sperk,
Vizerektor für Forschung, Mag. Georg Grünbacher und die
Medizinische Leiterin der Sanofi Aventis Stiftung, Dr.in
Alexandra Edlmayer.
tasan_sanofi_presse: v.l.: Univ.-Prof. Günther Sperk,
Vizerektor für Forschung, Dr. Ramon Tasan und die Medizinische
Leiterin der Sanofi Aventis Stiftung, Dr.in Alexandra Edlmayer.
watschinger_sanofi_presse: v.l.: Univ.-Prof. Günther Sperk,
Vizerektor für Forschung, Dr.in Katrin Watschinger und die
Medizinische Leiterin der Sanofi Aventis Stiftung, Dr.in
Alexandra Edlmayer.
Links zu den prämierten Arbeiten:
CD56+ human blood dendritic cells effectively promote TH1-type
{gamma}{delta} T cell responses. Gruenbacher G, Gander H, Rahm
A, Nussbaumer W, Romani N, Thurnher M. Blood. 2009 Sep 17.
[Epub ahead of print]
http://dx.doi.org/10.1182/blood-2009-06-227256
The central and basolateral amygdala are critical sites of
neuropeptide Y/Y2 receptor-mediated regulation of anxiety and
depression. Tasan RO, Nguyen NK, Weger S, Sartori SB, Singewald
N, Heilbronn R, Herzog H, Sperk G., J Neurosci. 2010 May
5;30(18):6282-90.
http://dx.doi.org/10.1523/JNEUROSCI.0430-10.2010
Identification of the gene encoding alkylglycerol monooxygenase
defines a third class of tetrahydrobiopterin-dependent enzymes.
Watschinger K, Keller MA, Golderer G, Hermann M, Maglione M,
Sarg B, Lindner HH, Hermetter A, Werner-Felmayer G, Konrat R,
Hulo N, Werner ER., Proc Natl Acad Sci USA., 2010 Aug 3;
107(31):13672-7. Epub 2010 Jul 19.
http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1002404107
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