Gemeinsame Presseaussendung der EURAC und der Medizin Uni Innsbruck
Neue Studie: Bessere Überlebenschancen für unterkühlte Unfallopfer
Forscher der EURAC und Medizin Uni Innsbruck schaffen Grundlage für neue Wiederbelebungsrichtlinien bei schwer Unterkühlten mit Herzstillstand
Bei Unfallopfern mit Herzstillstand gilt allgemein die Regel, dass die begonnenen Wiederbelebungsmaßnahmen nicht unterbrochen werden dürfen, bis die/der Patient/in wieder Lebenszeichen aufweist oder der Tod festgestellt wird. Eine neue Studie zeigt, dass im spezifischen Fall von stark unterkühlten Unfallopfern (Körperkerntemperatur unter 28°C) die Herzdruckmassage für den Transport im Gebirge immer wieder kurz unterbrochen werden kann, ohne das Überleben zu gefährden. Die von Medizinern des Bozner Forschungszentrums EURAC und der Medizinischen Universität Innsbruck gemeinsam mit britischen und amerikanischen Fachkollegen durchgeführte Studie ist vor Kurzem im renommierten Fachmagazin „Resuscitation“ publiziert worden.
Innsbruck/Bozen 31.3.2015: In ausgesetztem Gelände stehen BergretterInnen bei der Behandlung von PatientInnen im Herzkreislaufstillstand oft vor dem Dilemma, dass eine lückenlose Wiederbelebung während des Transportes in ein Krankenhaus nicht möglich ist. In den Alpen gab es in den vergangenen Jahren einige Fälle von stark unterkühlten Unfallopfern mit Herzstillstand, die trotz mehrmals unterbrochener Herzdruckmassage ohne bleibende Schäden überlebt haben. Rettungsdienste drängen seit Längerem auf eine Klärung des Sachverhaltes speziell für Unterkühlungsopfer im Herzstillstand, da die derzeitige Regelung ausnahmslos eine lückenlose Wiederbelebung vorschreibt.
In dieser Studie kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass bei der Wiederbelebung von stark unterkühlten PatientInnen kurze Pausen bei der Herzdruckmassage zugunsten des Transports gemacht werden können, ohne dass das Überleben dadurch in Gefahr gebracht wird oder mehr Hirnschäden auftreten. Kälte konserviert nämlich und deshalb toleriert der Körper bei tiefen Körpertemperaturen einen Herzstillstand wesentlich länger als bei normaler Körpertemperatur.
Das neue Konzept übernahmen die Forscher von der Herz- und Gefäßchirurgie. Dort werden PatientInnen in manchen Fällen absichtlich auf eine tiefe Körpertemperatur abgekühlt. Dann nämlich können die ChirurgInnen den Kreislauf für kurze Zeit unterbrechen, um die Eingriffe am Herzen oder an den großen herznahen Gefäßen durchführen zu können, ohne dass bleibende Hirnschäden befürchtet werden müssen. „Wir haben in unserer Studie zum einen umfassende Fallanalysen durchgeführt, zum anderen aber auch von der Herzchirurgie gelernt. Wir schlagen daher vor, dass RetterInnen und NotärztInnen bei schwer unterkühlten PatientInnen die Herzdruckmassage zur Wiederbelebung für den Transport kurzzeitig unterbrechen“, erklären Peter Paal von der Medizinischen Universität Innsbruck und Hermann Brugger vom EURAC-Institut für Alpine Notfallmedizin. „In der Praxis heißt das: Wenn schwer unterkühlte PatientInnen (Körperkerntemperatur unter 28°C) mit Herzstillstand aus unwegsamem Gelände evakuiert werden müssen und eine kontinuierliche Wiederbelebung nicht möglich ist, kann man abwechselnd fünf Minuten reanimieren, fünf Minuten transportieren und dies solange im Wechsel, bis wieder eine kontinuierliche Herzdruckmassage möglich ist. Somit können Patienten aus entlegenen Gebieten unter Wiederbelebung zur Wiedererwärmung in ein Krankenhaus mit Herzlungenmaschine gebracht und müssen nicht aufgegeben werden“, so die Forschergruppe.
Das Ergebnis der Studie schafft die Grundlage für einen Paradigmenwechsel innerhalb der bislang gültigen Rettungsrichtlinien. Im Laufe dieses Jahres sollen die Erkenntnisse in die Richtlinien der Internationalen Kommission für Alpine Notfallmedizin (ICAR Medcom) und des Europäischen Rates für Wiederbelebung (European Resuscitation Council, ERC) aufgenommen werden.
Details zur Medizinischen Universität Innsbruck
Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 1.400* MitarbeiterInnen und ca. 3.000 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden folgende Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. An das Studium der Human- oder Zahnmedizin kann außerdem der berufsbegleitende Clinical PhD angeschlossen werden.
Seit Herbst 2011 bietet die Medizinische Universität Innsbruck exklusiv in Österreich das Bachelorstudium „Molekulare Medizin“ an. Ab dem Wintersemester 2014/15 kann als weiterführende Ausbildung das Masterstudium „Molekulare Medizin“ absolviert werden.
Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. Schwerpunkte der Forschung liegen in den Bereichen Onkologie, Neurowissenschaften, Genetik, Epigenetik und Genomik sowie Infektiologie, Immunologie & Organ- und Gewebeersatz. Die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck ist im hochkompetitiven Bereich der Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.
*vollzeitäquivalent
Details zur Europäischen Akademie Bozen (EURAC)
Die EURAC ist ein 1992 gegründetes privates Zentrum für angewandte Forschung mit Sitz in Bozen, Südtirol. Sie gliedert sich in elf Institute aus vier Forschungsbereichen: Autonomien, Berg, Technologien und Gesundheit.
Wissenschaftler aus aller Welt arbeiten an der EURAC an interdisziplinären Projekten. Ausgangspunkt ihrer Arbeit sind die Bedürfnisse der Menschen in Berggebieten, wie Südtirol eines ist. Der von den Gründern gewählte Name „Europäische Akademie Bozen“ unterstreicht die europäische Ausrichtung des Forschungszentrums in der dreisprachigen Region an der Grenze zwischen Italien und Österreich, wo italienische, deutsche und ladinische Sprachgruppen zusammenleben. Die Ergebnisse der in Südtirol erarbeiteten Forschungsprojekte finden in Europa und darüber hinaus Anwendung: Projekte zu Minderheitenschutz, Autonomie und Mehrsprachigkeit haben Modellcharakter für ähnliche Regionen. Klimamodelle liefern wichtige Daten für die internationale Klimaforschung, Regionalentwicklungsprojekte beantworten Fragen zur Mobilität im Alpenraum und zur nachhaltigen Energieversorgung in Berggebieten und darüber hinaus.
Die Forscher der EURAC arbeiten mit internationalen Organisationen wie der Alpen- und der Karpatenkonvention, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) zusammen, zudem in den Bereichen nachhaltige Entwicklung und Energietechnik mit mehreren Weltraumorganisationen.
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Laura Defranceschi
EURAC
Wissenschaftskommunikation
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