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Mitteilung an die Medien

Erste Doppelorgantransplantation an Patientin mit MELAS-Syndrom

Ursula Baumgartner leidet am MELAS-Syndrom. Diese seltene Krankheit konnte lange nicht identifiziert werden. Doch ein Team des Zentrums Seltene Krankheiten Innsbruck (ZSKI) stellte die richtige Diagnose. Seither ist die Patientin an der Innsbrucker Klinik in Behandlung. Im letzten Jahr wurden ihr als weltweit erste MELAS-Syndrom-Patientin Herz und Niere transplantiert. Am „Tag der Seltenen Krankheiten“, dem 29. Februar 2016, wird auf medizinische und andere Probleme der Betroffenen aufmerksam gemacht.

Innsbruck, 25. 02. 2016. Diagnose: MELAS-Syndrom. Seit Kindesalter leidet Ursula Baumgartner an dieser seltenen Energiestoffwechselerkrankung. Im Rahmen einer Multiorganerkrankung (Mitochondriopathie) kommt es zu vielfältigen, zunächst oft unspezifischen Symptomen, die vor allem das Nervensystem und die Muskulatur, aber auch andere Organe betreffen, die einen hohen Energieverbrauch haben. Bei der Niederösterreicherin zeigten sich anfangs Kopfschmerzen, Erbrechen und schlaganfallähnliche Episoden. Doch schon bald traten chronische Probleme wie Schwerhörigkeit, Hirn-Muskelstörungen, Lernschwierigkeiten und Versagen von Herz und Niere auf.

Durch die Seltenheit dieser Krankheit fehlte lange eine konkrete Diagnose. Nach zahlreichen Arztbesuchen fand die zu diesem Zeitpunkt 38-Jährige Hilfe an der Innsbrucker Klinik. Dort konnte durch die enge Zusammenarbeit von unterschiedlichen Fachgebieten die richtige Diagnose gestellt werden. Seitdem wird Ursula Baumgartner von einem interdisziplinären Team aus den Bereichen Kardiologie, Neurologie, Transplantationschirurgie, Nephrologie, Humangenetik und Gastroenterologie behandelt.

Durch das Fortschreiten der Grunderkrankung wurde schnell klar, dass die Patientin ein neues Herz und eine neue Niere brauchte. Doch eine solche Doppelorgantransplantation an einer MELAS-Syndrom-Erkrankten wurde bisher noch nie durchgeführt. Humangenetiker und Mitglied des Ethikkreises Johannes Zschocke über den gewagten Schritt: „Es kostete viel Überzeugungsarbeit, denn auch andere Organe könnten von der Krankheit angegriffen werden. Doch im Endeffekt war es eine ethische Entscheidung, die Patientin zu transplantieren. Der Ethikreis der Innsbrucker Klinik war dabei intensiv eingebunden.“ Und wie sich zeigt, die Entscheidung war richtig: Die Herz-Nieren-Transplantation vor einem Jahr war erfolgreich und der bisherige Verlauf bestätigt diesen Schritt. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen an der Innsbrucker Klinik zeigen eine ausgezeichnete Funktion beider Organe. „Ursula Baumgartner kann sich mittlerweile wieder zur Gänze selbst versorgen und den Alltag ohne Einschränkung bewältigen. Die abstoßungshemmenden Medikamente werden entgegen den ursprünglichen Bedenken sehr gut vertragen. Aufgrund des erfreulichen Verlaufes während des ersten Jahres nach Transplantation können die anfänglich engmaschigen Untersuchungen in den nächsten Jahren deutlich reduziert werden“, erklärt der betreuende Kardiologe Gerhard Pölzl.

Zentrum für Seltene Krankheiten in Innsbruck

„In Österreich sind etwa 15 Menschen vom MELAS-Syndrom betroffen. Das hochspezialisierte Zentrum Seltene Krankheiten Innsbruck ist erste Anlaufstelle für solche und ähnlich schwer diagnostizierbare Fälle“, so Daniela Karall, Gründungsmitglied und Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde. Es gibt rund 6.000 bis 8.000 verschiedene seltene Krankheiten. Per Definition ist eine Krankheit selten, wenn höchstens einer von 2.000 Menschen daran erkrankt. Insgesamt ist die Zahl der Betroffenen aber hoch: Rund sechs bis acht Prozent der Bevölkerung leiden an einer seltenen Krankheit – das sind allein in Österreich 400.000 Menschen. Die Klinik Innsbruck ist ein anerkanntes Zentrum zur Behandlung und Erforschung von seltenen Krankheiten. Die genetischen Ursachen von zahlreichen seltenen Erkrankungen, wie beispielsweise dem Smith-Lemli-Opitz Syndrom (SLOS), der Mikrovillus Einschlusserkrankung (MVID) oder dem Kohlschütter-Tönz-Syndrom (KTS), wurden in Innsbruck geklärt. Erkenntnisse über die Ursachen der zu 80 Prozent genetisch bedingten Erkrankungen sind ein wichtiger Schritt für die Verbesserung von Therapiemöglichkeiten und Prognosen. Für Menschen, die eine seltene Krankheit haben, kommt zu der häufig erheblichen Belastung durch die Grunderkrankung das Fehlen von Spezialwissen über Krankheitsverläufe und Therapiemöglichkeiten. Auch der Austausch mit Menschen, die Ähnliches verarbeiten müssen, fehlt oft.