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Tiroler Forscher liefern neuen Therapieansatz für Anämie (Blutarmut)

  • Fresszellen unter der Lupe: Die Lebensdauer macht den Unterschied
  • Kurzlebige Fresszellen liefern Ansatz für neue Therapie
  • Nature Medicine berichtet über revolutionäre Tiroler Forschungserkenntnis

Blutarmut (Anämie) stellt eines der häufigsten Begleitprobleme von PatientInnen mit Krebs und chronischen Entzündungen dar. In Form der Sichelzellanämie  und der Thalassämie, die durch einen Untergang von roten Blutzellen charakterisiert sind, tritt sie auch als eigenständige, angeborene Erkrankung auf. Für die Verhinderung der im Rahmen der Blutarmut entstehenden Organschäden könnten Tiroler Forscher nun eine wirksame Therapieoption gefunden haben.

Innsbruck, 19. Juli 2016: Im Rahmen einer Anämie ist die Konzentration des Sauerstoff-tragenden Proteins Hämoglobin, das sich im Blut vor allem in den roten Blutzellen (Erythrozyten) befindet, vermindert, sodass es in der Folge zu einer Unterversorgung der Organe kommt. In KrebspatientInnen hat die Anämie viele verschiedene Ursachen, wobei das akute „Verschwinden“ von roten Blutzellen am Beginn der Anämie einer der bislang am wenigsten erforschten Gründe ist. Diesem Prozess war Igor Theurl, Arzt und Immunologe an der Univ.-Klinik für Innere Medizin VI (Direktor: Günter Weiss) gemeinsam mit Innsbrucker Kollegen sowie des Massachusetts General Hospital der Harvard Medical School auf der Spur. Die weitreichenden Erkenntnisse des Forschungsteams wurden soeben in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachjournals Nature Medicine veröffentlicht.

Kurzlebige Fresszellen „on demand“

„In der Phase des Absterbens roter Blutzellen spielen Fresszellen eine wichtige Rolle“, erklärt Igor Theurl die Ausgangslage. Was passiert aber, wenn plötzlich viele rote Blutzellen ausgetauscht werden müssen, wie das bei Krebs und Entzündung oft der Fall ist? In Untersuchungen mit Mäusen gelang es dem Team um Igor Theurl nun nachzuweisen, dass in der Leber zwei unterschiedliche Fresszelltypen gebildet werden, die sich weniger in ihrer Funktionalität (dem Abbau alter und kaputter Erythrozyten), als vielmehr in ihrer Lebensdauer unterscheiden lassen. „Wir konnten erstmals zeigen, wie diese beiden Zelltypen – sterbliche und unsterbliche – unter Stressbedingungen wie Krebs,  chronischer und akuter Entzündung und genetisch bedingten Anämieformen miteinander kommunizieren und interagieren. Besonders wichtig ist die Tatsache, dass kurzlebige Fresszellen in der Leber bei Bedarf aus Blutmonozyten entstehen und dann wieder verschwinden, also nicht die Fähigkeit besitzen, wie von der Geburt an vor Ort lebende Makrophagen, unsterblich zu werden“, erläutert Theurl.

Neue Therapiewege und Potenzial für gezielten EPO-Einsatz

Das Auftreten kurzlebiger Makrophagen kann je nach Krankheitsmodell Unterschiedliches bewirken: Wird die Bildung von kurzlebigen Fresszellen experimentell unterbunden, kommt es bei Mäusen mit genetischen Formen der Blutarmut zu einer raschen und massiven Schädigung von Niere und Leber. Bei Mäusen mit Entzündung bewirkt eine Hemmung von kurzlebigen Fresszellen eine deutliche Besserung der Anämie. Therapeutisch gedacht: Das „Anlocken“ von Fresszellen begünstigt den Verlauf der Sichelzell- und Thalassämie, indem sie die für diese Erkrankungen charakteristischen toten und damit schädlichen Blutzellen abbauen. KrebspatientInnen  hingegen profitieren von einer Blockade kurzlebiger Fresszellen, da mehr unbeschädigte Blutzellen überleben und damit die Anämie verbessert werden kann.

„Außerdem war es uns möglich, jene Botenstoffe zu entschlüsseln, die für die Bildung kurzlebiger Fresszellen relevant sind. Die chemische Hemmung oder Stimulierung dieser Botenstoffe führte sowohl zur Verbesserung der Anämie als auch zur Verhinderung eines Nierenschadens“, erklärt Theurls Kollege und Mitautor Manfred Nairz  die therapeutische Angriffsfläche.

Mit diesen Ergebnissen erschließen sich also neue Wege in der Therapie von Blutarmut im Rahmen von Krebserkrankungen wie auch für die Behandlung der Sichelzell- und Thalassämie. „Nachdem mit Präparaten des blutbildenden Hormons Erythropoietin (EPO) zwar bereits teils sehr wirksame, jedoch nebenwirkungsreiche Medikamente auf dem Markt sind, ergibt sich mit den neuen Erkenntnissen auch für den EPO-Einsatz Potenzial für eine gezieltere und effektive Anwendung“, schließt Erstautor Theurl.

Weiterführende Links:

On-demand erythrocyte disposal and iron recycling requires transient macrophages in the liver. Igor Theurl et al. Nat Med., 2016 July 18, [Epub ahead of print]

Univ.-Klinik für Innere Medizin VI

Massachusetts General Hospital / Harvard Medical School

 

Details zur Medizinischen Universität Innsbruck

Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 1.400* MitarbeiterInnen und ca. 3.000 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden folgende Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. An das Studium der Human- oder Zahnmedizin kann außerdem der berufsbegleitende Clinical PhD angeschlossen werden.

Seit Herbst 2011 bietet die Medizinische Universität Innsbruck exklusiv in Österreich das BachelorstudiumMolekulare Medizin“ an. Ab dem Wintersemester 2014/15 kann als weiterführende Ausbildung das Masterstudium „Molekulare Medizin“ absolviert werden.

Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. Schwerpunkte der Forschung liegen in den Bereichen Onkologie, Neurowissenschaften, Genetik, Epigenetik und Genomik sowie Infektiologie, Immunologie & Organ- und Gewebeersatz. Die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck ist im hochkompetitiven Bereich der Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.

*vollzeitäquivalent

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Bilder frei zum Download (c) MUI

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Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Igor Maximilian Theurl PhD von der Univ.-Klinik für Innere Medizin VI ist Erstautor der Forschungsarbeit.

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v.l.: Igor Theurl mit seinen Innsbrucker Kollegen Piotr Tymoszuk, David Haschka, Malte Aßhoff und Klinik-Direktor Günter Weiss.

 

Für Rückfragen:

Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Igor Maximilian Theurl PhD
Universitätsklinik für Innere Medizin VI
Tel.: +43 650 8438753
E-Mail: Igor.Theurl@i-med.ac.at

Medienkontakt

Medizinische Universität Innsbruck
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Mag.a Doris Heidegger
Innrain 52, 6020 Innsbruck, Austria
Telefon: +43 512 9003 70083, Mobil: +43 676 8716 72083
public-relations@i-med.ac.at, www.i-med.ac.at
 

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