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Gemeinsame Presseaussendung der Tirol Kliniken und der Medizinischen Universität Innsbruck

Stuhltransplantation – Heilung für viele Erkrankungen?

Clostridium difficile ist eines von vielen Bakterien im Darm, das Entzündungen und Durchfall auslösen kann. Aber gerade dieser Erreger ist besonders schwer zu bekämpfen. Die Folgen können von chronischem Durchfall bis hin zum Tod reichen. Dank der Stuhltransplantation gibt es jetzt eine Behandlung mit etwa 95-prozentiger Erfolgsquote.

Innsbruck, 31. Oktober 2016. Der menschliche Verdauungstrakt, dessen Bakterienbesiedlung und die Auswirkungen auf den Gesamtorganismus sind relativ junge Forschungsbereiche. Das ist auch der Grund, dass bei Stuhluntersuchungen nur ca. 5 bis 20 Prozent der Bakterien im Darm kultivierbar und damit erkennbar sind. Oft liefert eine derartige Untersuchung also kein Ergebnis und das, obwohl die Menge der Bakterien gewaltig ist. Die MedizinerInnen gehen von etwa 100 Billionen Bakterien aus und würde man dem Stuhl das Wasser entziehen, dann würden die Bakterien 60 Prozent des verbleibenden Gewichts ausmachen. Was allerdings immer deutlicher wird, sind Zusammenhänge zwischen Erkrankungen des Verdauungstrakts und anderen Krankheiten wie Diabetes, Asthma, Autismus oder sogar Parkinson und Multiple Sklerose.

Clostridium difficile

Dieses Bakterium gehört zu jenen Erregern im Darm, die den PatientInnen einerseits schwerste Probleme bereiten können und andererseits äußerst schwer zu bekämpfen sind. Die Infektion erfolgt z.B. über kontaminierte Oberflächen. 3 bis 7 Prozent der Erwachsenen haben den Erreger im Darm, ohne dass er Probleme bereitet. Es gibt aber PatientInnen, die durch eine Infektion mit Clostridium difficile in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten. Anfällig sind zum Beispiel Menschen, die eine längere antibiotische Therapie hinter sich haben. Hier kann es zu einer Fehlbesiedlung der Darmflora mit diesem Keim kommen. Die Folgen sind lang anhaltender Durchfall, geschwächte Darmwände und der Zusammenbruch der Barrieren zwischen Verdauungstrakt und restlichem Organismus. Wenn das der Fall ist, dann reichen schon wenige Bakterien aus, die dieses Barriere überwinden. Sie können eine Sepsis, also eine massive Infektion auslösen, die innerhalb weniger Stunden zum Tod führen kann.

„Die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten hatten nicht die besten Ergebnisse“, erklärt Herbert Tilg, Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Gastroenterologie. „Meist wurden weitere Antibiotika gegeben, in der Hoffnung den Erreger auszulöschen, was natürlich wiederum einen negativen Effekt auf die bereits angegriffene Darmflora hat. In bis zu 25 Prozent der Fälle ist das Bakterium außerdem wieder gekommen. Hat man dann eine zweite Runde Antibiotika gestartet, ist sogar bei bis zu 65 Prozent der Patienten die Infektion danach zurückgekommen.“ Operativ kann ein Ausgang durch die Bauchdecke geschaffen werden, worüber der Stuhl ausgeleitet wird, bis sich der Darm wieder erholt hat.

Hoffnung Stuhltransplantation

Bei der Stuhltransplantation wird möglichst frischer Stuhl eines gesunden Menschen mit Kochsalzlösung erst verdünnt und dann gefiltert, um grobe Anteile zu entfernen und dann im Rahmen einer Darmspiegelung in den Verdauungstrakt eingebracht. „Die Ergebnisse sind eindrucksvoll“, zeigt sich Robert Koch, Oberarzt an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Gastroenterologie beeindruckt. „Wir sprechen hier von Erfolgsraten von bis zu 95 Prozent. Es gibt Patienten, die bereits auf der Intensivstation lagen und 48 Stunden nach der Behandlung komplett symptomfrei waren. Wiederum zwei Tage später konnten sie entlassen werden.“

Warum die Methode so extrem erfolgreich ist, das ist noch nicht komplett erforscht. „Außerdem ist die Anwendung derzeit auf die Behandlung einer Infektion mit Clostridium difficile begrenzt“, schränkt Tilg ein. „Alle weiteren Anwendungen sind derzeit experimentell und wir warnen sogar ausdrücklich davor.“ Hier setzt allerdings die Forschung an. Ziel ist es, besser zu verstehen, welche Bakterien für die guten Behandlungserfolge verantwortlich sind. Dann ist es eines Tages vielleicht möglich, diese Bakterien künstlich herzustellen und damit gezielt auch andere Infektionen des Verdauungstraktes behandeln zu können.

 

 

Details zur Medizinischen Universität Innsbruck

Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 1.400* MitarbeiterInnen und ca. 3.000 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden folgende Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. An das Studium der Human- oder Zahnmedizin kann außerdem der berufsbegleitende Clinical PhD angeschlossen werden.

Seit Herbst 2011 bietet die Medizinische Universität Innsbruck exklusiv in Österreich das BachelorstudiumMolekulare Medizin“ an. Ab dem Wintersemester 2014/15 kann als weiterführende Ausbildung das Masterstudium „Molekulare Medizin“ absolviert werden.

Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. Schwerpunkte der Forschung liegen in den Bereichen Onkologie, Neurowissenschaften, Genetik, Epigenetik und Genomik sowie Infektiologie, Immunologie & Organ- und Gewebeersatz. Die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck ist im hochkompetitiven Bereich der Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.

*vollzeitäquivalent

 

PR & Medien

Pressebilder zum Download (c) tirol kliniken/schwamberger

Tilg-Koch_vs

v.l. Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg, Direktor der Univ.-Klinik für Innere Medizin 1 Gastroenterologie, Univ.-Prof. Dr. Robert Koch, Oberarzt an der Univ.-Klinik für Innere Medizin 1 Gastroenterologie

Medienkontakt

Mag. Johannes Schwamberger

Tirol Kliniken GmbH

Abteilung PR und Kommunikation

Medienservice

Anichstraße 35, A-6020 Innsbruck

Tel.: +43 (0)50 504- 82451

johannes.schwamberger@tirol-kliniken.at

 

 

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