Tiroler Forscher liefert weitere Einblicke in die Entstehung unseres Stoffwechsels
Mit der nicht-enzymatischen Simulation des Citratzyklus – einem zentralen Stoffwechselweg im menschlichen Metabolismus – liefert der Tiroler Biochemiker Markus Keller gemeinsam mit Forschern der Universität Cambridge weitere aufschlussreiche Einblicke in die Entstehung des menschlichen Stoffwechsels. Die aus dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse wurden soeben in dem wissenschaftlichen Fachjournal Nature Ecology & Evolution veröffentlicht.
Innsbruck, 14.03.2017: Enzyme haben wichtige Funktionen im Stoffwechsel aller lebender Organismen: Sie steuern den überwiegenden Teil aller biochemischen Reaktionen. Der junge Tiroler Biochemiker Markus Keller hat einzelne Stoffwechselwege wie die Glykolyse, den Pentosephosphatweg und den Citratzyklus aus einer anderen Perspektive – der nicht-enzymatischen – gleichsam nachgebaut. Damit gelingt es ihm, die Entstehung von Stoffwechselnetzwerken noch vor dem Vorhandensein von Enzymen zu durchleuchten. Das wissenschaftliche Fachjournal Nature Ecology & Evolution präsentiert nun die Ergebnisse seiner neuen Forschungsarbeit, in der Citratzyklus Reaktionen durch eine Kombination von Eisensalzen mit bestimmten Schwefelradikalen ermöglicht werden.
Perspektivenwechsel
„Nur weil Enzyme unseren Stoffwechsel dominieren, heißt das nicht, dass die selben Reaktionen ohne Enzyme nicht ablaufen können“, weiß Keller, dessen Forschungsperspektive auf zufällig im Labor beobachteten chemischen Reaktionen beruht, die einen Stoffwechselweg ohne Enzymbeteiligung erkennen ließen. Mit weiteren Experimenten im Rahmen seines Erwin-Schrödinger-Stipendiums des FWF im Labor des Südtiroler Biochemikers Markus Ralser an der Universität Cambridge zeigte Keller mit Hilfe der Massenspektroskopie vor wenigen Jahren, dass Zuckerphosphate beginnen, sich ineinander umzuwandeln, sobald sie erhitzt werden. „Diese für den Ab- und Aufbau von Kohlehydraten verantwortlichen Reaktionen liefen entlang der gleichen Routen ab wie die Glykolyse und der Pentosephosphatweg in menschlichen Zellen, die jedoch von Enzymen katalysiert werden“, erklärt der Biochemiker, der seine ursprünglich in reinem Wasser durchgeführten Analysen schließlich erweiterte. „Wir haben unseren ‚Urozean‘ mit der Beisetzung von Metallen, wie Eisen (II) und der Wegnahme von Sauerstoff rekonstruiert und so jene Bedingungen simuliert, unter denen erstes Leben entstanden ist. Wir konnten beobachten, dass die chemischen Umwandlungsreaktionen mit hoher Spezifität von statten gehen, und zwar entlang der selben Reaktionspfade wie im lebenden Organismus“, erklärt Keller.
Enzymfreier Stoffwechselweg spiegelt Citratzyklus wider
Nachdem die Glykolyse in den Citratzyklus mündet, nahmen Markus Keller und seine KollegInnen in der aktuellen Forschungsarbeit den Citratzyklus – in Anlehnung an seinen Entdecker Hans Krebs auch Krebszyklus genannt – unter die Lupe. „Wir wollten wissen, ob unsere Erkenntnisse auch für andere Stoffwechselwege relevant sind und haben die Bedingungen der nicht-enzymatischen Glykolyse auf den Citratzyklus umgelegt“, so Erstautor Keller. Nachdem die Glykolyse im Zytosol, einem flüssigen Bestandteil im Zellinneren, und der Citratzyklus in den Mitochondrien, den Energiekraftwerken der Zelle, abläuft, musste das chemische Umfeld in Mitochondrien simuliert werden, in dem auch vermehrt Eisen und Schwefel hältige Enzyme als Katalysatoren fungieren. Die Rekonstruktion dieser Bedingungen gelang den ForscherInnen mit einer Kombination aus spezifischen Sulfatradikalen, die in der Lage sind, die meisten der Krebszyklusreaktionen auszulösen. Diese Experimente zeigten, dass mit Hilfe einfacher anorganischer Katalysatoren ein nicht-enzymatisches, aber dennoch hochspezifisches Pendant für den Citratzyklus erreicht werden kann, das der Struktur des modernen menschlichen Stoffwechsels gleicht.
Die Existenz dieser chemischen Reaktionskaskaden erlaubt nun Szenarios für die Entstehung des Stoffwechselnetzwerks während der Entstehung ersten Lebens, in denen die Evolution katalytische Kontrolle über ein bereits vorhandenes chemisches Grundgerüst erhält, indem einzelne chemische Reaktionen sukzessive durch leistungsfähigere und verlässlichere Enzyme ersetzt und damit verbessert werden.
„Nicht nur für das Verständnis über die Entstehung der Struktur moderner Stoffwechselnetzwerke, auch für die Vorhersage von Wirksamkeit oder Nebenwirkungen und das Design spezifischer Therapien, in deren Rahmen Medikamente verstoffwechselt werden, kann das Wissen um parallele nicht-enzymatische Wege von großer Relevanz sein“, schließt Keller. Der junge Biochemiker erforscht derzeit an der von Johannes Zschocke geleiteten Sektion für Humangenetik der Medizinischen Universität Innsbruck den mitochondrialen Lipid- und Energiestoffwechsel aus genetischer Sicht – ebenfalls mit Methoden der Massenspektronomie.
Link zur Publikation:
Sulfate radicals enable a non-enzymatic Krebs cycle precursor. Markus Keller et al, Nature Ecology and Evolution.
http://dx.doi.org/10.1038/s41559-017-0083
Details zur Medizinischen Universität Innsbruck
Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 1.400* MitarbeiterInnen und ca. 3.000 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden folgende Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. An das Studium der Human- oder Zahnmedizin kann außerdem der berufsbegleitende Clinical PhD angeschlossen werden.
Seit Herbst 2011 bietet die Medizinische Universität Innsbruck exklusiv in Österreich das Bachelorstudium „Molekulare Medizin“ an. Ab dem Wintersemester 2014/15 kann als weiterführende Ausbildung das Masterstudium „Molekulare Medizin“ absolviert werden.
Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. Schwerpunkte der Forschung liegen in den Bereichen Onkologie, Neurowissenschaften, Genetik, Epigenetik und Genomik sowie Infektiologie, Immunologie & Organ- und Gewebeersatz. Die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck ist im hochkompetitiven Bereich der Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.
*vollzeitäquivalent
PR & Medien
Pressebild zum Herunterladen ((c) MUI)
Der Biochemiker Dr. Markus Keller forscht nach seiner Rückkehr aus Cambridge an der Sektion für Humangenetik der Medizinischen Universität Innsbruck.
Für Rückfragen:
Dr. Markus Andreas Robert Keller
Sektion für Humangenetik
Tel.: +43 512 9003 70550
E-Mail: Markus.Keller@i-med.ac.at
Medienkontakt:
Mag.a Doris Heidegger
Medizinische Universität Innsbruck
Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit
Innrain 52, 6020 Innsbruck, Austria
Telefon: +43 512 9003 70083, Mobil: +43 676 8716 72083
public-relations@i-med.ac.at, www.i-med.ac.at
Pressebild zum Herunterladen ((c) MUI)
Der Biochemiker Dr. Markus Keller forscht nach seiner Rückkehr aus Cambridge an der Sektion für Humangenetik der Medizinischen Universität Innsbruck.
Für Rückfragen:
Dr. Markus Andreas Robert Keller
Sektion für Humangenetik
Tel.: +43 512 9003 70550
E-Mail: Markus.Keller@i-med.ac.at
Medienkontakt:
Mag.a Doris Heidegger
Medizinische Universität Innsbruck
Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit
Innrain 52, 6020 Innsbruck, Austria
Telefon: +43 512 9003 70083, Mobil: +43 676 8716 72083
public-relations@i-med.ac.at, www.i-med.ac.at