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Neuer Antikörper könnte Eisenstoffwechsel bei Dialyse-PatientInnen verbessern und kardiovaskuläres Risiko minimieren

  • Neuer Antikörper kompensiert Blutarmut
  • Weniger EPO-Nebenwirkungen durch geringere Dosis
  • Doppelter Benefit für Dialyse-PatientInnen

Pressebilder zum Herunterladen: (c)MUI/Heidegger

BU: Igor Theurl forscht seit vielen Jahren zur Anämie chronischer Erkrankungen.

BU: Verena Petzer konnte in einem sechsmonatigen Auslandsaufenthalt in Cambridge, Einblicke in die Entwicklung von Antikörper Therapien bekommen.

Ein Team der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin II (Direktor: Günter Weiss) an der Medizin Uni Innsbruck hat einen innovativen Antikörper für die Therapie der chronischen Blutarmut (Anämie der chronischen Erkrankung) bei Dialyse-PatientInnen mitentwickelt. Der Mehrwert des neuen Ansatzes liegt in der geringer benötigten EPO-Dosis und der damit einhergehenden Minimierung des kardioavaskulären Risikos, dem NierenpatientInnen besonders ausgesetzt sind. Nach den vielversprechenden Ergebnissen im Maus- und Rattenmodell, soll der Antikörper schon bald in die klinische Erprobung gehen.

Innsbruck, am 20.08.2020: Die chronische Blutarmut (ACD) stellt ein häufiges Begleitproblem von Dialyse-PatientInnen dar. Neben dem funktionellen Eisenmangel durch die chronische Entzündung, kommt es bei diesen PatientInnen durch die geschädigte Niere zu einer zu geringen Produktion des für die Blutbildung wichtigsten Hormons, Erythropoetin (EPO). Die Gabe von EPO stellt daher einen Grundpfeiler in der Therapie zur Korrektur der Anämie dar. Doch trotz maximaler Dosierung bleibt die Bildung des Sauerstofftransportproteins Hämoglobin bei Dialyse-PatientientInnen aufgrund einer Resistenzentwicklung gegen EPO eingeschränkt. Eine aktuelle „Black-Box-Warnung“ – damit wird in den USA auf Beipackzetteln von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln vor schwerwiegenden Nebenwirkungen gewarnt – bringt das Therapeutikum EPO außerdem mit einer erhöhten kardiovaskulären Mortalität in Verbindung. „Diese Warnung stellt für Dialyse-Patientinnen und -Patienten ein zusätzliches Dilemma dar, da eine Niereninsuffizienz an sich schon mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko vergesellschaftet ist“, betont Igor Theurl, der an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin II gemeinsam mit Direktor Günter Weiss seit vielen Jahren zur Anämie chronischer Erkrankungen forscht.

Antikörper hemmt Eisenregulator Hepcidin

In Zusammenarbeit mit der Pharmafirma Kymab, Cambridge, testete das Team rund um Theurl nun den neuen humanen monoklonalen Antikörper KY1070.  In Innsbruck konnte dessen Wirksamkeit in einem Tiermodell, das sich auf PatientInnen mit einem dialysepflichtigen Nierenschaden übertragen lässt, aufgezeigt werden.  „In Tieren, die nur unzureichend auf EPO angesprochen haben, war es durch Kombination mit dem Antikörper möglich, einen ausreichenden Hämoglobin-Anstieg zu erreichen. Außerdem reichte eine geringere EPO-Dosis aus, um die Anämie zu bekämpfen, was in Anbetracht der Nebenwirkungen von EPO eine wichtige Grundlage zum Einsatz bei Dialyse-Patientinnen und -Patienten darstellt“, beschreibt Theurls Kollegin und Erstautorin Verena Petzer von der Univ.-Klinik für Innere Medizin V (Direktor: Dominik Wolf) die innovativen Erkenntnisse. Die Ergebnisse wurden im anerkannten Fachjournal BLOOD veröffentlicht.

Potenzial für Mono- und Kombinationstherapie

Das therapeutische Potenzial des neuen Antikörpers lässt sich als Monotherapie wie auch in Kombination mit EPO verwerten. Der Antikörper beeinflusst die Signalweiterleitung zur Bildung von Hepcidin, einem zentralen Regulator für den Eisenstoffwechsel. Als Monotherapie kommt es zu einer langandauernden Hemmung der Hepcidinproduktion und daher zu einer hohen Eisenverfügbarkeit, die für die Bildung von roten Blutkörperchen essentiell ist. „Die Effekte der Kombinationstherapie sind multifaktoriell. Der Vorteil der kombinierten Behandlung liegt in der Reduktion der EPO-Dosis, sodass das kardiovaskuläre Risiko nicht zusätzlich erhöht wird und gleichzeitig eine ausreichende Eisenverfügbarkeit sichergestellt wird. Außerdem konnten wir nachweisen, dass durch die Hemmung von Hepcidin die Expression des Eisentransportproteins Ferroportin auf den blutbildenden Zellen im Knochenmark gesteigert wird und gemeinsam mit EPO zu einer effektiveren Blutbildung führt“ so Igor Theurl.

 Anämieforschung in Innsbruck

Günter Weiss und Igor Theurl konnten in den letzten Jahren bereits wichtige pathophysiologische Mechanismen, die zur Ausbildung der ACD führen, aufklären. Die Arbeiten trugen maßgeblich zum Verständnis dieser häufigen Erkrankung und zur Entwicklung neuer Therapieformen bei. Als wesentlicher pathophysiologischer Mechanismus liegt der ACD eine vermehrte Speicherung von Eisen in den Fresszellen des Immunsystems (Monozyten, Makrophagen) zugrunde. Dies führt zu einer verminderten Verfügbarkeit des Eisens für die Blutbildung, wo das Eisen für die Herstellung des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin benötigt wird. Die Folge ist die Entwicklung einer Anämie.

Zur Forschungsarbeit: A fully human anti-BMP6 antibody reduces the need for erythropoietin in rodent models of the Anemia of Chronic Disease

 

Details zur Medizinischen Universität Innsbruck

Die Medizinische Universität Innsbruck mit ihren rund 2.000 MitarbeiterInnen und ca. 3.300 Studierenden ist gemeinsam mit der Universität Innsbruck die größte Bildungs- und Forschungseinrichtung in Westösterreich und versteht sich als Landesuniversität für Tirol, Vorarlberg, Südtirol und Liechtenstein. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden folgende Studienrichtungen angeboten: Humanmedizin und Zahnmedizin als Grundlage einer akademischen medizinischen Ausbildung und das PhD-Studium (Doktorat) als postgraduale Vertiefung des wissenschaftlichen Arbeitens. An das Studium der Human- oder Zahnmedizin kann außerdem der berufsbegleitende Clinical PhD angeschlossen werden.

Seit Herbst 2011 bietet die Medizinische Universität Innsbruck exklusiv in Österreich das BachelorstudiumMolekulare Medizin“ an. Ab dem Wintersemester 2014/15 kann als weiterführende Ausbildung das Masterstudium „Molekulare Medizin“ absolviert werden.

Die Medizinische Universität Innsbruck ist in zahlreiche internationale Bildungs- und Forschungsprogramme sowie Netzwerke eingebunden. Schwerpunkte der Forschung liegen in den Bereichen Onkologie, Neurowissenschaften, Genetik, Epigenetik und Genomik sowie Infektiologie, Immunologie & Organ- und Gewebeersatz. Die wissenschaftliche Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck ist im hochkompetitiven Bereich der Forschungsförderung sowohl national auch international sehr erfolgreich.

 

 

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