125 Jahre Kinderklinik Innsbruck
Die Innsbrucker Universitätskliniken für Pädiatrie feiern ihr 125-jähriges Jubiläum. Mit einer ansprechend gestalteten Festschrift blickt das multidisziplinäre Team am Department für Kinder- und Jugendheilkunde auf eine rasante Entwicklung zurück.
Pressebilder frei zum Download:
Bilder v.l.:
Bild 1: (c MUI/Bullock:) vl. Christian Lechner, Daniela Karall, Sabine Scholl-Bürgi, Thomas Müller
Bild 2: (c MUI/Lechner) Daniela Karall
Bild 3: (c MUI/Lechner) Thomas Müller
Bild 4: (c MUI/Bullock) Christian Lechner
Innsbruck, 11. Januar 2022: Das heutige Department für Kinder- und Jugendheilkunde besteht aus drei Universitätskliniken, die das gesamte Fach abdecken und sowohl in der Krankenversorgung, als auch in der Forschung und Lehre sehr aktiv sind. „Wir feiern heuer 125 Jahre erfolgreiche Besetzung des ersten Extraordinariats für Pädiatrie in Innsbruck und haben dies zum Anlass genommen, einen Blick zurückzuwerfen“, erklären die KlinikleiterInnen Thomas Müller (Pädiatrie I), Ursula Kiechl-Kohlendorfer (Pädiatrie II) und Ralf Geiger (Pädiatrie III). In einer Festschrift wird die bisherige Entwicklung der Kinderklinik beleuchtet. „Die Festschrift entspricht, ausgenommen des historischen Einführungskapitels, keiner streng geschichtswissenschaftlichen Abhandlung im engeren Sinn, spiegelt aber die Vielfalt der Kinderklinik bis in die Gegenwart wider“, schreiben Müller, Kiechl-Kohlendorfer und Geiger in ihrem Vorwort. Eine geplante Jubiläumsveranstaltung konnte pandemiebedingt bisher noch nicht stattfinden, ist aber weiterhin geplant.
Aufbauarbeit: Die erste Kinderklinik in Innsbruck entsteht
Im 19. Jahrhundert erlebte die Medizin eine Blütezeit und entwickelte sich hin zu einem modernen Verständnis von Gesundheit und Krankheit. Damit verbunden war unter anderem die Entwicklung eigenständiger Disziplinen, dazu zählte auch die Kinder- und Jugendheilkunde. Das erste Kinderspital in Österreich wurde 1837 mit zwölf Betten in Wien gegründet. Auch in Innsbruck gab es Bestrebungen, eine eigene Lehrkanzel für Kinder- und Jugendheilkunde einzurichten. Vor rund 125 Jahren, mit 1. Jänner 1896, wurde schließlich Johann Loos, der in Graz studiert und dort eine anschließende pädiatrische Ausbildung absolviert hatte, zunächst vorläufig zum ersten Extraordinarius für Pädiatrie berufen. Am 22. Dezember 1896 erfolgte seine definitive Bestellung. Loos errichtete die erste Kinderstation an der Medizinischen Klinik in Innsbruck. Diese verfügte damals über ein kleines Operationszimmer, ein Isolierzimmer, drei Arbeitsräume und 26 Betten in zwei Krankenzimmern. 1898 begann der Bau einer eigenen Kinderklinik als fünfter Klinikpavillon, am 24. Juni 1901 erfolgte die feierliche Eröffnung. Für seine Aufbauarbeit wurde Loos im Mai 1911 zum Ordinarius für Pädiatrie ernannt. Mit dem Ausbau begann auch ein starker Wandel in den Berufsbildern, dies zeigt sich zum Beispiel im Bereich der Pflege. Während Ende des 19. Jahrhunderts die Pflege noch von sogenannten „WärterInnen“, also überwiegend Frauen aus unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten, oder Ordensschwestern übernommen wurde, erfolgte im 20. Jahrhundert eine zunehmende Professionalisierung. 1919 startete der erste Ausbildungslehrgang an der neu gegründeten Krankenpflegeschule in Innsbruck.
Kinderklinik Innsbruck hat aktuell über 500 MitarbeiterInnen
In der Folge kam es zu einer stetigen Ausdifferenzierung des Fachs. Anfang der 2000er Jahre bestand die Pädiatrie bereits aus fünf verschiedenen Abteilungen, danach erfolgte eine Umstrukturierung zu den jetzt drei Pädiatrien. Seit 2013 leitet Ursula Kiechl-Kohlendorfer die Univ.-Klinik für Pädiatrie II, die für die Neonatologie zuständig ist. 2017 wurde Thomas Müller zum Direktor der Univ.-Klinik für Pädiatrie I berufen und ist damit für Nephrologie, Infektiologie, Endokrinologie einschl. Diabetologie, Rheumatologie, Neuropädiatrie und Entwicklungsneurologie, Stoffwechselerkrankungen, Hämatologie,Onkologie, Gastroenterologie und Hepatologie zuständig. Im selben Jahr wurde auch Ralf Geiger mit der Leitung der Univ.-Klinik für Pädiatrie III betraut und ist damit verantwortlich für die Kardiologie, Pneumologie, Allergologie und Cystische Fibrose. Insgesamt sind an der Kinderklinik, die über 103 Betten verfügt, aktuell 514 MitarbeiterInnen beschäftigt, darunter 110 ÄrztInnen, 295 Pflegekräfte sowie 71 Angehörige weiterer Berufsgruppen (Diätologie, Sozialarbeit etc.) und 38 MitarbeiterInnen in der Administration.
Wissenschaftliche Erfolge & erfolgreiche Lehre
In den vergangenen 125 Jahren kann die Kinderklinik Innsbruck im Bereich der PatientInnenversorgung und Forschung auf zahlreiche Erfolge zurückblicken, unter anderem im Bereich der Seltenen Krankheiten. Im Molekulargenetischen Forschungslabor der Pädiatrie I konnte im Jahr 2008 erstmals die genetische Ursache einer angeborenen Durchfallerkrankung aufgeklärt werden. Mittlerweile wurden in enger, interdisziplinärer Zusammenarbeit am Medizinstandort Innsbruck rund 40 monogene Krankheiten beschrieben. An der Universitätsklinik für Pädiatrie II forschen mehrere wissenschaftliche Arbeitsgruppen daran, die Versorgung und Förderung von Frühgeborenen zu optimieren. In gemeinsamen Studienprojekten aller drei Universitätskliniken für Pädiatrie werden zum Beispiel Auswirkungen des Lebensstils im Jugendalter auf das Herzkreislaufsystem und das Risiko für Rhythmusstörungen bei bestimmten Stoffwechselerkrankungen erforscht. Im Rahmen des Molekularbiologischen Labors der Kinderklinik wurde 2018 auch das erste 3D-Biodrucklabor in Österreich gegründet. Ziel ist es, lebendes Gewebe aus menschlichen Zellen herzustellen, um so die Wirksamkeit von Medikamenten besser untersuchen zu können und Tierversuche zu reduzieren. Darüber hinaus zählt die Pädiatrie zu den beliebtesten Fachrichtungen unter Medizinstudierenden. Aktuell absolvieren 36 AssistenzärztInnen ihre Ausbildung an den drei pädiatrischen Universitätskliniken.
Aufbau eines Archivs
Die genauen Abläufe an der Kinderklinik im Laufe des 20. Jahrhunderts und besonderes während des Zweiten Weltkriegs sind derzeit noch ein Forschungsdesiderat. Im Zuge der Entstehung der Festschrift konnte an der Kinderklinik allerdings ein Archiv eingerichtet werden. „Damit wurde ein Grundstein für die weitere geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Pädiatrie in Innsbruck gelegt“, erklärt der Kinderarzt und Historiker Christian Lechner. Die geschäftsführende Oberärztin Sabine Scholl-Bürgi, die stellvertretende Direktorin der Univ.-Klinik für Pädiatrie I, Daniela Karall, und Lechner waren als HerausgeberInnen maßgeblich an der Erstellung der Festschrift beteiligt.
Link: https://www.i-med.ac.at/pr/presse/2022/documents/Kinderklinik-Innsbruck---Festschrift_Homepage.pdf
Weiterführende Informationen: http://kinderzentrum.tirol-kliniken.at
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