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Abwasseranalyse zum Drogenkonsum in Österreich 2023: Cannabis dominiert, Kokainkonsum steigt an
Seit heute liegen europaweit die Ergebnisse des jährlichen, abwasserbasierten Drogenmonitorings vor. Die Analyse für Österreich liefert seit 2016 das forensisch-toxikologische Labor am Institut für Gerichtliche Medizin (GMI) der Medizin Uni Innsbruck. Fazit für 2023: Österreich bleibt im Mittelfeld. Unter den verbotenen Substanzen wird Cannabis am häufigsten konsumiert, der Verbrauch von Kokain steigt an. Auf Basis der gewonnenen Daten werden in Kufstein und Wien bereits Maßnahmen gesetzt.
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Innsbruck, 20. März 2024: „Eine Einwohnerin bzw. ein Einwohner aus einer der 16 untersuchten Regionen in Österreich trinkt im Schnitt täglich etwas mehr als ein Glas Wein, raucht 3 bis 4 Zigaretten und konsumiert 0,07 Joints sowie rund 1,5 Milligramm an aufputschenden Drogen.“ So veranschaulicht Chemiker Herbert Oberacher, Leiter des forensisch-toxikologischen Labors am GMI (Direktorin: Elke Doberentz) der Med Uni Innsbruck die Ergebnisse der Abwasseranalyse für Österreich, die heute mit dem Europäischen Bericht zum Drogenmonitoring veröffentlicht wurden. Auch 2023 findet sich keine einzige der in Österreich und Südtirol überwachten Regionen unter den zehn umsatzstärksten Regionen. Damit bleibt Österreich beim Drogenkonsum im europäischen Mittelfeld.
Für den Drogenbericht, der von der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) jährlich veröffentlicht wird, wurden im Jahr 2023 europaweit die Abwässer von insgesamt 112 Städten und Regionen untersucht, darunter 16 Kläranlagen in Österreich (insges. rund 160 Gemeinden), sowie einer Südtiroler Kläranlage. „Österreich liefert damit vierzehn Prozent aller europäischen Datensätze“, berichtet Herbert Oberacher.
Die Untersuchung lässt Rückschlüsse auf den Drogenkonsum von 3 Millionen Menschen in Österreich und Südtirol zu. Für die jährliche SCORE-Studie wurden im Frühjahr und Frühsommer 2023 über einen Zeitraum von einer Woche täglich Proben vom Zufluss der Kläranlagen entnommen und von den ExpertInnen des GMI mithilfe modernster analytisch-chemischer Verfahren ausgewertet.
Untersucht wurden die Konsummarker (Drogen bzw. deren Stoffwechselprodukte) der Suchtgifte Tetrahydrocannabinol (THC, Wirkstoff in Cannabis), Kokain, Amphetamin (Wirkstoff in Speed), 3,4-Methylendioxy-N-methylamphetamin (MDMA, Wirkstoff in Ecstasy) und Methamphetamin (Wirkstoff in Crystal Meth), sowie Alkohol und Nikotin.
Die Ergebnisse im Detail
Die Abwässer aus den Kläranlagen liefern wichtige Informationen für die Überwachung der öffentlichen Gesundheit. Eine besondere Stärke des abwasserbasierten Drogenmonitorings ist die Möglichkeit des Vergleichs unterschiedlicher Regionen. So ergab die Analyse, dass der Pro-Kopf-Konsum an Alkohol und Nikotin innerhalb Österreichs relativ einheitlich ist. Bei den verbotenen Drogen bietet sich ein weniger homogenes Bild: In allen Regionen war Cannabis die dominierende Droge, wobei der THC-Konsum im urbanen Raum höher ist, als in ländlichen Gegenden. Die mittlere tägliche Konsummenge an THC lag bei 11 Gramm pro 1.000 EinwohnerInnen. Unter den Stimulanzien ist Kokain die umsatzstärkste Droge, hier lag die mittlere tägliche Konsummenge bei 1.3 Gramm pro 1.000 EinwohnerInnen. In Westösterreich und Südtirol wird Kokain pro Kopf in größeren Mengen konsumiert, als in Ostösterreich; den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Kokain verzeichnete auch im Jahr 2023 Kufstein, dort wird auch am meisten Cannabis konsumiert.
Die größten Pro-Kopf-Konsummengen des Wirkstoffs Amphetamin (Speed) ließen sich in Graz nachweisen, beim Konsum von Metamphetamin (Crystal Meth) führen Wiener Neustadt und Steyr. Der MDMA (Ecstasy) Konsum scheint in urbanen Regionen höher zu sein, als in ländlichen, der Spitzenwert wurde dabei auch hier in Graz beobachtet. Die West-Ost-Verteilung von Stimulanzien und synthetischen Drogen ist nicht auf Österreich beschränkt, sondern spiegelt sich in Europa wider.
In Südtirol scheint der Pro-Kopf-Konsum der untersuchten Genuss- und Suchtmittel niedriger als in Österreich zu sein. Ein Vergleich von Süd- und Nordtirol lässt sich anhand der Daten aus den Landeshauptstädten anstellen: In Bozen war der Pro-Kopf-Verbrauch von Alkohol, Nikotin, Cannabis, Amphetamin und MDMA geringer als in Innsbruck, jener von Kokain vergleichbar.
Anhand der Abwasseranalyse lassen sich auch Konsummuster erkennen: So wurden in vielen Regionen am Wochenende höhere Alkohol-, Kokain-, Amphetamin-, Methamphetamin- und MDMA-Umsätze als an Wochentagen festgestellt, was für deren Verwendung als „Partydrogen“ spricht.
Regelmäßige Abwasseranalysen ermöglichen das Erkennen von zeitlichen Trends am Drogenmarkt. „Eine Entwicklung, die wir seit Jahren in Österreichs Abwässern beobachten, ist die Zunahme der Menge an Kokainrückständen“, erklärt Studienleiter Oberacher.
Mehrwert für die öffentliche Gesundheit: Maßnahmen in Kufstein und Wien
Die im Rahmen des SCORE Netzwerks über den Substanzkonsum erhobenen Daten liefern den Behörden und politisch Verantwortlichen Entscheidungshilfen, um geeignete Maßnahmen ausarbeiten und umsetzen zu können. „Für die Stadt Wien stellt dieses Instrument ein weiteres wichtiges Tool für die Einschätzung zu aktuellen und zukünftigen Herausforderungen und dazu passende Ableitungen rund um den Substanzkonsum in der Bundeshauptstadt dar. Aber auch die Maßnahmen der Polizei in Kufstein können als Best-Practice-Beispiel gewertet werden“, erklärt Herbert Oberacher. Basierend auf der Abwasserstudie aus dem Jahr 2022 hat das Kufsteiner Bezirkspolizeikommando sowohl präventive als auch operative Maßnahmen gesetzt. So wurde etwa auf Bezirksebene eine Offensive im schulischen Bereich gestartet, die darauf abzielt, das Unrechtsbewusstsein der Jugendlichen zu schärfen, sowie für Gefahren zu sensibilisieren. Außerdem erhielten Beamte aus dem Bezirk eine spezielle Schulung im Landeskriminalamt (LKA) und arbeiten nun fast ausschließlich im Suchtmittelbereich. Die Bekämpfung der Suchtmittelkriminalität bildet weiterhin einen Schwerpunkt in der Polizeiarbeit des Bezirks.
Zur Person:
Herbert Oberacher ist Professor für Metabolomics und Bioanalytische Massenspektrometrie am Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Abwasserepidemiologie. Sein Labor ist die einzige Einrichtung Österreichs, die für die Teilnahme am europäischen SCORE-Programm zertifiziert ist und außerdem auch Österreichisches Referenzlabor für Abwassermonitoring. Unter seiner wissenschaftlichen Leitung werden im Rahmen des Abwassermonitorings die Abwässer von österreichweit mehr als 50 Kläranlagen auf die Belastung mit SARS-CoV-2, Influenza und RSV (Respiratorisches Synzytial Virus, Hand-Fuß-Mundkrankheit) analysiert. Herbert Oberacher leitet zudem die Core Facility für Metabolomics.
Aktuelle Ergebnisse für Europa im Detail:
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Für Rückfragen:
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