Workshop über Neurofibromatosen
Die Arbeitsgemeinschaft „Neurofibromatosen“ veranstaltete im November zum 15. Mal einen Workshop. Das Meeting im Kinderzentrum diente dem Wissens- und Erkenntnisaustausch über die noch in vielen Bereichen unverstandene Krankheitsgruppe der Neurofibromatosen. Gleichzeitig zeigte die interdisziplinäre Veranstaltung auch die Interaktion zwischen der Grundlagen – und der klinischen Forschung an der Medizinischen Universität Innsbruck.
Den Grundstein zur Erforschung der genetischen Tumorerkrankungen „Neurofibromatosen“ legte Friedrich Daniel von Recklinghausen im Jahre 1882. Er beschrieb erstmals die meist gutartigen Neurofibrome, die der Krankheitsgruppe den Namen gaben. Anfang der 1990iger Jahre wurden die Gene für die beiden wichtigsten Vertreter dieser Krankheitsgruppe entschlüsselt. Somit ist es möglich, die vergleichsweise seltene Neurofibromatose Typ 2 (NF2) klar von der wesentlich häufigeren Neurofibromatose Typ 1 (von Recklinghausen Neurofibromatose oder NF1) abzugrenzen. Die NF2 ist primär durch das Auftreten von vestibulären Schwannomen gekennzeichnet, NF1 durch das Auftreten von Neurofibromen.
Interdisziplinäre Veranstaltung
Die Organisation des Workshops erfolgte gemeinsam von Univ.-Prof. Dr. Klaus Scheffzek (Biologische Chemie, Biozentrum) und Ao. Univ.-Prof.in Katharina Wimmer (Division Humangenetik). In fünf Sessions berichteten und diskutierten WissenschaftlerInnen über neueste Erkenntnisse im Bereich der Grundlagen- sowie der klinischen Forschung einschließlich möglicher therapeutischer Ansätze und besonderer Fallvorstellungen. Keynote Sprecher Eric Legius (Leuven, Belgien) berichtete über den aktuellen Stand der Forschung zu dem nach ihm benannten Legius-Syndrom, das der Neurofibromatose ähnelt.
An der Division für Humangenetik der Medizinischen Universität Innsbruck wird unter Leitung von ao. Univ.-Prof.in Katharina Wimmer die molekulargenetische Diagnostik der Neurofibromatosen und verwandter Krankheiten für ganz Österreich und darüber hinaus durchgeführt. Neurofibromatose-PatientInnen werden im Rahmen der dermatologisch-genetischen Sprechstunde (Leitung Univ.-Prof. Dr. J. Zschocke und Univ.-Prof. Dr. M. Schmuth) genetisch beraten und klinisch betreut. Die Charakterisierung der genetischen Grundlagen der Neurofibromatosen stellt auch einen der wissenschaftlichen Schwerpunkte an der Division für Humangenetik dar. So konnte in einer, soeben in PLoS Genetics, erschienenen Arbeit gezeigt werden, dass das NF1-Gen sogenannte Hot-Spots für de novo Insertionen mobiler genetischer Elemente (Alu- und L1-Elemente) enthält. Diese Forschungsergebnisse zeigen, dass mit der in Innsbruck angewandten Mutationsanalysemethoden auch ungewöhnliche Veränderungen nachgewiesen werden können, die den üblichen Verfahren entgehen. Darüber hinaus zeigt diese Arbeit dass bestimmte Regionen im menschlichen Genom besonders anfällig für die Insertion mobiler genetischer Elemente sind. Die Identifizierung solcher Regionen im NF1-Gen legen den Grundstein für die Erforschung der Ursachen für die diesbezügliche Verwundbarkeit spezieller genetischer Sequenzen.
Forschungsschwerpunkt am Biozentrum
Der Strukturbiochemiker Univ.-Prof. Klaus Scheffzek wurde Anfang Oktober 2011 zum Leiter der Sektion Biologische Chemie des Biozentrums berufen. Damit wurde die Erforschung von Struktur und Funktion des mit 320 kDa sehr großen Proteins Neurofibromin (das Genprodukt des NF1-Gens), das einen essentiellen Regulator des in Tumoren häufig deregulierten Ras-MAP-Kinase Signalweges darstellt, zu einem Forschungsschwerpunkt am Biozentrum. Prof. Scheffzek war federführend an der Aufklärung von Struktur- und Mechanismus zentraler Funktionsbestandteile des Neurofibromins beteiligt und seine Arbeitsgruppe widmet sich hier in Innsbruck weiterhin dem detaillierten Verständnis dieses Proteingiganten. Die Strukturaufklärung des gesamten Neurofibromin steht auch im Mittelpunkt eines Teilprojektes der AG Scheffzek innerhalb des SFB021 (Cell Proliferation and Cell Death in Tumors), der erst kürzlich in eine weitere 3-jährige Förderperiode eingetreten ist.
Konstitution Neurofibromatosen-Cluster
Wie Prof.in Wimmer in ihrem Eröffnungsstatement hervorhob, spiegelt die gemeinsame Organisation des Workshops auch die fachübergreifende Vernetzung an der Medizinischen Universität Innsbruck wider. Derzeit konstituiert sich in Innsbruck ein Neurofibromatosen-Cluster. Dadurch soll einerseits die Erforschung der komplexen Pathomechanismen dieser Erkrankungen, als auch die umfassende Betreuung der Betroffenen gefördert werden.
Die OrganisatorInnen danken Rosanna Nagele und Christian Eller vom Biozentrum für die hervorragende Workshop-Assistenz und die Gestaltung eines von den TeilnehmerInnen hochgelobten Ambientes sowie dem SFB021 für die großzügige finanzielle Unterstützung.
(Hof, Scheffzek, Wimmer)
Links:
http://www.uni-ulm.de/~dkaufman/nf-ag/index.html
http://biocenter.i-med.ac.at/index.php/division-of-biological-chemistry