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Das Innsbrucker Projektteam (v.l.): ao. Univ.-Prof. Dr. Herbert Schramek, Mag. Johannes Leierer, PhD, Dr.in Susanne Eder, Univ.-Prof. Dr. Gert Mayer, Dr.in Rita Sarközi und OA Dr. Michael Rudnicki.

EU-Projekt SysKID: Neue Biomarker für die diabetische Nephropathie

Die diabetische Nephropathie (DN) ist in Industrieländern die mit Abstand häufigste Ursache für die Einleitung der Nierenersatztherapie und stand im Fokus des 2010 gestarteten und mit Mitteln der Europäischen Union geförderten Forschungsprojekts SysKID. Unter österreichischer Führung und der wissenschaftlichen Leitung von Univ.-Prof. Dr. Gert Mayer (Direktor Univ.-Klinik für Innere Medizin IV) gelang es, ein neues molekulares Modell dieser chronischen Nierenerkrankung zu entwickeln.

Chronische Nierenerkrankungen stellen eine häufige und schwerwiegende Komplikation bei PatientInnen mit Diabetes und Bluthochdruck dar. „Vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Diabeteserkrankungen in Europa in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist und damit auch die Inzidenz von Nieren-, Herz- und Gefäßerkrankungen und parallel die Sterblichkeit an diesen Leiden zunehmen wird, „kommt der Früherkennung und Prävention eine besonders große Bedeutung zu. Zwar gilt die Kontrolle von Blutdruck und Stoffwechsel  als einheitliche Maßnahme, um das Fortschreiten der Nierenerkrankung zumindest zu verzögern, doch nicht alle PatientInnen sprechen darauf an. Die Diagnoseparameter glomeruläre Filtrationsrate (GFR, stetige Abnahme) sowie die sich entwickelnde Proteinurie (bei 50 Prozent der PatientInnen kommt es zur manifesten Proteinurie, bei der anderen Hälfte bleibt die Eiweißausscheidung trotz Abfall der GFR normal) beschreiben zwar bestimmte Funktionen der Nieren, liefern allerdings keinen Hinweis auf die Pathogenese der Veränderung. So kann der Abfall der GFR durch eine glomeruläre oder eine tubulointerstitielle Schädigung verursacht sein. Werden derartige funktionelle, und nicht primär pathophysiologisch begründete, Marker für Therapieentscheidungen herangezogen, wird folglich auch das Ansprechen auf Medikamente inhomogen sein.

 Differenzierter Forschungsansatz für individualisierte Therapie
„Für die Entwicklung wirksamer und zielgerichteter Strategien zu Prävention, Diagnostik und Therapie war es deshalb notwendig und zielführend, die komplexe Erkrankung aus einer differenzierten und umfassenden pathophysiologischen Perspektive zu beleuchten“, betont Univ.-Prof. Dr. Gert Mayer, verantwortlich für die wissenschaftliche Gesamtleitung von SysKID (Systems biology towards novel chronic kidney disease diagnosis and treatment). So wurden durch modernste bioinformatische Methoden über 2.000 protein-kodierende Gene identifiziert, welche bei diabetischer Nephropathie differentiell exprimiert werden. Nach systembiologischer Ausarbeitung wurde erstmals ein umfassendes Modell der molekularen Veränderungen bei DN erstellt, welches nicht nur die veränderten Gene, sondern zusätzlich deren Interaktionen (ein sogenanntes Hybrid-Interaktionsnetzwerk) beinhaltet. „Neben bereits bekannten krankheitsrelevanten Mechanismen, z.B. das Renin Angiotensin System,  zeigt dieses Netzwerk auch pathophysiologische Prozesse, die entweder völlig neu sind oder aber bislang im Zusammenhang mit der DN keine Beachtung fanden“, so Mayer.

Innsbrucker Expertise
Im Rahmen des fünfjährigen Projekts wurden für jeden Prozess repräsentative Biomarker definiert, welche anschließend in Proben großer PatientInnenpopulationen, in denen der Verlauf der Erkrankung bekannt war, bestimmt wurden. So wurde ein Biomarkerpanel etabliert, das repräsentativ alle Prozesse beschreibt, die bei progredienter DN eine Rolle spielen. „Dieses Panel erlaubt es nun zu testen, welche pathophysiologischen Vorgänge bei einem einzelnen Patienten aktiviert sind und ebnet so den Weg zu einer individualisierten Therapie. Einige Marker dieses Panels sind schon bis zur Marktreife entwickelt und werden bereits von den an SysKID beteiligten Firmen angeboten“, erklärt Prof. Mayer, der neben den positiven wissenschaftlichen Ergebnissen auch die zahlreichen, durch die Einwerbung von Projektgeldern geschaffenen und gesicherten Arbeitsplätze erwähnt wissen will.

Wesentliche Arbeiten zur Transcriptomanalyse, zur Analyse der Expression und Regulation von Genen in kultivierten Nierenzellen sowie zur Interpretation all dieser Daten kamen aus Innsbruck. Im Rahmen einer epidemiologischen Untersuchung innerhalb des Programms wurde  etwa eine große prospektive Kohortenstudie mit 4.000 PatientInnen mit Typ II Diabetes mellitus initiiert, die neben einer ausgedehnten Probensammlung u.a. auch untersucht, inwieweit länderspezifische Einflussfaktoren, z.B. die Art der Versorgungsstruktur die Progression der DN beeinflussen. Die Sektion für Genomik und RNomic (Direktor Univ.-Prof. Dr. Alexander Hüttenhofer) am Biozentrum der Medizinischen Universität Innsbruck konnte im Rahmen von SysKID zudem neue Antikörper aus Nukleinsäuren (DNA) entwickeln und damit auf dem Gebiet der chronischen Nierenerkrankung ein neue Biomarkermethode etablieren.     

Am kürzlich abgeschlossenen, unter österreichischer Führung (EMERGENTEC biodevelopment Wien, Klinische Abteilung für Nephrologie und Dialyse am AKH Wien und Universitätsklinik für Innere Medizin IV der Medizinischen Universität Innsbruck) und mit Mitteln der Europäischen Union ausgerichteten Projekt waren 25 Partnerinstitutionen aus 15 Ländern beteiligt.  SysKID konnte ausschließlich innerhalb eines internationalen Forschungsprogramms umgesetzt werden, da es nur so möglich war, die Expertise von herausragenden BioinformatikerInnen, StatistikerInnen, BiologInnen, EpidemiologInnen und KlinikerInnen zu bündeln. „Die Ergebnisse zeigen, dass durch eine neue Herangehensweise bei komplexen Erkrankungen, ein völlig neues Bild generiert und auch unmittelbar in die klinische Praxis umgesetzt werden kann. Als nächstes werden die Kollaborationspartner nun versuchen, das in SysKID erarbeitete, validierte Modell zu nutzen um neue Therapien für die DN zu entwickeln“, schließt Prof. Mayer. 

 

(D.Heidegger/G.Mayer)

 

Links:

SysKID
http://www.syskid.eu/

 Univ.-klinik für Innere Medizin IV (Nephrologie und Hypertensiologie)
https://www.i-med.ac.at/patienten/kliniken/innere_medizin_4.html

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