Junge ForscherInnen an der MUI: Karl-Heinz Stadlbauer
Im Rahmen der Reportageserie „Junge ForscherInnen an der MUI“ werden NachwuchswissenschafterInnen der Medizinischen Universität Innsbruck vor den Vorhang geholt. Ihre Gemeinsamkeit: Sie betreiben seit Jahren erfolgreich medizinische (Grundlagen)Forschung – das belegen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und die Einwerbung von Drittmitteln – und sind mit ihrem Wissen in der Lehre tätig*.
Diesmal portraitieren wir Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr.med.univ. Karl-Heinz Stadlbauer. Der Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin versucht herauszufinden, ob das körpereigene Hormon „Vasopressin“ den Blutdruck schwerstverletzter Unfallopfer mit hohem Blutverlust stabilisieren und damit ihre Überlebenschancen erhöhen kann.
Eigentlich hatte Karl-Heinz Stadlbauer nicht geplant, Arzt zu werden. Was für den gebürtigen Oberösterreicher hingegen schon klar war: Studieren wollte er in Innsbruck! Als Absolvent einer HTL musste er nach der Matura noch Prüfungen in Biologie, Chemie, Physik und Latein ablegen, um zum Medizinstudium zugelassen zu werden – doch gerade das war eine Anregung für seinen Ehrgeiz, und heute ist er überzeugt: „Das Medizinstudium war genau das Richtige für mich!“
Schon während des Grundstudiums zählte die Anästhesie und Neurologie zu seinen Lieblingsfächern. „Die Hämodynamik, also der Blutfluss in Abhängigkeit mit dem Herzkreislaufsystem ist absolut faszinierend. Besonders spannend ist für mich, wie man als Anästhesist mit Flüssigkeiten und Medikamenten in diesen dynamischen Prozess eingreifen und dem menschlichen Körper helfen kann“, erklärt Stadlbauer.
Noch vor der Facharztausbildung setzte Stadlbauer seine Ausbildung durch eine wissenschaftliche Post-Doc-Stelle fort. Dabei kam er in eine Arbeitsgruppe von ao. Univ.-Prof. Dr. Volker Wenzel, stv. Direktor der Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin. „Mein Mentor, Professor Wenzel leitete damals eine Studie, die den Einfluss von Vasopressin bei PatientInnen mit Herzstillstand untersuchte. Dabei konnte auch ich mich genauer mit diesem Hormon auseinandersetzen“, so Stadlbauer über seine Anfänge als Wissenschafter. „Die Studie, die dann im New England Journal of Medicine publiziert wurde, konnte zeigen, dass Vasopressin die Überlebensrate bei Patienten mit Asystolie (Herzstillstand) erhöhen kann.“
Auch heute noch ist das Hormon Vasopressin sein zentrales Forschungsgebiet. Dieses Hormon wird im Hypothalamus, einem Abschnitt des Zwischenhirns gebildet, im Hinterlappen der Hirnanhangsdrüse gespeichert und von dort bedarfsgerecht in das Blut abgegeben. Im Herbst 2010 startete der inzwischen habilitierte Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin nach etwa vierjähriger Vorbereitungszeit eine neue, umfangreiche Studie, die den Einfluss von Vasopressin bei schwerstverletzten Unfallopfern mit hohem Blutverlust untersuchen sollte.
VITRIS-Studie: Vasopressin in Refractory Traumatic Hemorrhagic Shock
„Nach den Erfahrungen, die wir bis dahin im Zusammenhang mit Vasopressin gesammelt haben, war unsere Idee, die Blutgefäße bei hohem Blutverlust so eng zu stellen, dass die Blutversorgung auf das Herz und das Gehirn zentralisiert wird. So sollte der Blutkreislauf aufrechterhalten und ein Überleben ermöglicht werden!“ Um diese Annahme zu überprüfen, arbeitete das Studienteam rund um Stadlbauer mit elf Notarzt-Stützpunkten in Österreich und sechs Notarzt-Stützpunkten in Deutschland zusammen. Im Untersuchungszeitraum von Herbst 2010 bis Herbst 2014 kam es zu 64 Notfällen, die zur Studie gezählt werden konnten und deren genaue Ergebnisse derzeit ausgewertet und voraussichtlich Ende des Jahres publiziert werden.
Wie jedes andere Forschungsprojekt mussten auch in der VITRIS-Studie finanzielle und administrative Herausforderungen gemeistert werden. „Glücklicherweise konnte die gesamte Studie mit drei Grants der Österreichischen Nationalbank finanziert werden. Dadurch war es auch möglich, ein professionelles Team, bestehend aus der Assistenzärztin Dr.in Agnes Födinger, dem Diplomkrankenpfleger und Studienmanager Thomas Tiefenbrunner, der Studienassistentin Lisa Walter und dem Diplomanden Kuno Scheirle, einzurichten. „Ohne dieses Team, das so enorm wichtige Hintergrundarbeiten geleistet hat, wäre es niemals gelungen, dieses Forschungsprojekt umzusetzen und mit meiner täglichen Arbeit im OP zu vereinbaren!“ meint Stadlbauer dankbar und fügt hinzu: „Medizinische Studien wie diese können nur aus der klinischen Praxis entwickelt werden, wenn man als Arzt oder Ärztin direkt mit bestimmten klinischen Problemen, wie eben in meinem Fall dem Problem des Blutdrucks bei hohem Blutverlust, konfrontiert ist.“
Eine Idee für eine neue Studie, die ebenfalls aus seiner Erfahrung als Anästhesist kommt, hat Stadlbauer bereits im Hinterkopf: Es geht um ein Medikament, das den Brechreiz von Patienten und Patientinnen nach einer Operation vermindern oder lindern soll – viel mehr möchte er dazu noch nicht verraten. Und neben Forschung und ärztlicher Tätigkeit ist dem zweifachen Familienvater natürlich auch das Privatleben wichtig. „Ich versuche, meine Arbeit in der Arbeit zu lassen und nicht mit nach Hause zu nehmen!“ Und so kann er Nachtdiensten durchaus etwas Positives abgewinnen: „Da schlafen meine Kinder. Als Vater verpasse ich im Nachtdienst relativ wenig und freue mich, wenn ich die beiden am nächsten Tag putzmunter sehe!“
(A. Schönherr)
Weitere Links:
VITRIS (Vasopressin in Refractory Traumatic Hemorrhagic Shock)-Studie www.vitris.at
Universitätsklinik für Anästhesie und Intensivmedizin
https://www.i-med.ac.at/patienten/ukl_anaesthesie-intensiv.html
Weitere Reportagen über NachwuchswissenschafterInnen an der Medzinischen Universität Innsbruck
* Die im Rahmen dieser Reportageserie portraitierten WissenschafterInnen besetzen eine A2-Laufbahnstelle als Assoziierte ProfessorInnen an der Medizinischen Universität Innsbruck. Voraussetzung dafür ist die Erfüllung einer Qualifizierungsvereinbarung, die unter anderem erfolgreiche Forschungsleistung, Lehre und Einwerbung von Drittmitteln umfasst.