Innsbrucker Gerichtsmedizin identifiziert zweites Studentenopfer
Nach dem mutmaßlichen Mord an 43 Studenten in Mexiko vor knapp einem Jahr gelang es ForscherInnen des Instituts für Gerichtliche Medizin (Direktor o.Univ.-Prof. Dr. Richard Scheithauer) an der Medizinischen Universität Innsbruck, die mitochondriale DNA (mtDNA) einer stark verbrannten Probe einem zweiten Studenten zuzuordnen. Das Team um den Molekularbiologen ao.Univ.-Prof. Mag.Dr. Walther Parson bediente sich dafür einer neuen Methode, die weltweit erstmals in einem Kriminalfall zum Einsatz kam
Die aus Mexiko übersandten Proben waren durch fast vollständige Verbrennung gekennzeichnet. Derartige Proben enthalten nicht mehr genügend intakte DNA für eine Identifikation mit dem Standard-DNA-Verfahren. Mit der „Primer Extension Capture Massively Parallel Sequencing (PEC MPS)-Methode” konnte man von 16 zerstörten Überresten in neun Fällen verwertbare DNA-Resultate erzielen. „Diese hervorragenden Ergebnisse waren nur durch die neue Technologie möglich“, erklärt Walther Parson, Leiter des Forschungsschwerpunkts "Forensische Molekularbiologie“. Zwei der neun identifizierten Proben enthielten menschliche mitochondriale DNA. Eine Probe konnte dem früher identifizierten Studenten zugeordnet werden. Die mitochondriale DNA der zweiten Probe stimmte mit jener der Familie eines weiteren Studenten überein.
Das Institut für Gerichtliche Medizin, das als Pionier für den Einsatz der „Next Generation Sequencing Methods“ bei forensisch relevanten Analysen gilt, hat im November 2014 insgesamt 17 schwer verbrannte Knochenteile aus Mexiko erhalten. Allerdings war das übergebene Gewebematerial so stark zerstört, dass eine Differenzierung zwischen Mensch und Tier vorerst unmöglich war. Eine Probe konnte mit dem Standard-DNA-Analyseverfahren eindeutig einem vermissten Studenten zugeordnet werden, die verbleibenden 16 Proben erbrachten keine Ergebnisse. Mit den „next generation sequenzer“- Geräten, die die Innsbrucker Gerichtsmedizin 2012 als erstes rechtsmedizinisches Institut in Europa erhalten hat, ist Parsons Arbeitsgruppe in der Lage, volle mitochondriale Genomsequenzen aus selbst geringsten biologischen Proben zu ermitteln. "Wir können damit Fälle klären, die bisher nicht gelöst werden konnten", so der Molekularbiologe. Bei der PEC-MPS Methode angeln die WissenschafterInnen nach kleinen DNA-Stücken, stabilisieren und sequenzieren sie. Die mtDNA wird in mütterlicher Vererbung ohne Einfluss der väterlichen mtDNA weitergegeben. Im Vergleich zur standardisierten Untersuchung der Kern-DNA ist dieses zweite Genom des Menschen ein Spezialgebiet der forensischen DNA-Analytik. An der Innsbrucker Medizinischen Universität ist mit dem Institut für Gerichtliche Medizin ein weltweit beachtetes Referenzlabor für forensische mtDNA Analysen angesiedelt.
Im Forschungsschwerpunkt "Forensische Molekularbiologie" sind derzeit sieben WissenschafterInnen tätig, die im Rahmen von national und international unterstützen Forschungsprojekten, darunter die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW), EU-Projekte des FP7 Programms, sowie Förderungen des US National Institutes of Justice (NIJ) an ihren Dissertationen und als postdocs arbeiten. Diese grundlegenden Forschungsarbeiten sind notwendig, um neue Technologien für eine nachhaltig erfolgreiche Verbrechensbekämpfung zu entwickeln.
Aus aktuellem Anlass ist Walther Parson Studiogast in der ORF-Nachrichtensendung ZIB 1.
(D. Heidegger / W. Parson)
Links:
Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck – GMI
http://gerichtsmedizin.at/institut.html
Archivmeldung: 43 Mexican students missing - one victim identified
http://gerichtsmedizin.at/20141207_press_release_mexican_students_missing.html