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EU-Projekt ARTEMIS: Alpha-Synuclein im Visier gezielter MSA-Therapieforschung

Für die neurodegenerative, tödlich verlaufende Erkrankung Multisystematrophie (MSA) gibt es bis heute keine wirksame Therapie. Das Protein Alpha-Synuclein nimmt in der aktuellen Ursachen- und Therapie-Forschung eine Schlüsselrolle ein und steht auch im Mittelpunkt des neuen EU-Projekts ARTEMIS, an dem ein Team um den Neurologen und MSA-Experten Univ.-Prof Dr. Gregor Wenning maßgeblich beteiligt ist.

Der Untergang von Zellen in bestimmten Regionen des Gehirns ist Ursache für die Entwicklung der neurodegenerativen Erkrankung MSA. Die Symptome sind vielfältig und betreffen vor allem das autonome Nervensystem (wie Blasenentleerungsstörungen und Blutdruckstürze) und motorische Funktionen mit der häufigen Manifestation eines Parkinson-Syndroms mit oder ohne Ataxie (Kleinhirnfunktionsstörung). Für die MSA spezifisch ist das Nicht-Ansprechen auf die Parkinson-Therapie, was zum rasch progressiven Verlauf der Krankheit beiträgt. Vor diesem Hintergrund kommt der Entwicklung einer effizienten Therapie eine vordringliche Rolle zu.

Hauptangriffsziel Alpha-Synuclein
ARTEMIS, ein von der Universität Bordeaux (Prof. Wassilos Meissner) koordiniertes und im 7. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union gefördertes Projekt, zielt auf die Aggregation von Alpha-Synuclein in Oligodendrozyten (gliale Einschlusskörperchen, GCI), dem zentralen pathologischen Merkmal von MSA. Nachdem Alpha-Synuclein im gesunden Gehirn nicht in glialen Zellen gebildet wird, bleibt bis heute ungeklärt, warum die Fehlfaltung und Ansammlung des Proteins gerade in diesen spezifischen Gliazellen des Zentralnervensystems, die als Stützzellen von Neuronen fungieren, stattfindet. „In jedem Fall ist diese Aggregation ein frühes Ereignis in der Entstehung von MSA und deshalb unser vorrangiges Target für die Entwicklung einer effizienten Therapie im Rahmen von ARTEMIS“, erklärt Univ.-Prof. Dr. Gregor Wenning, Leiter der Abteilung für Neurobiologie an der Univ.-Klinik für Neurologie (Direktor o.Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe).

Innovativer „Cocktail-Approach“
Gemeinsam mit seinen MitarbeiterInnen Assoz. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Nadia Stefanova, Leiterin des Labors für experimentelle Neurodegenerationsforschung und dem aus Spanien kommenden PostDoc Antonio Heras Garvin MSc, PhD ist Prof. Wenning einer von vier Projektpartnern (s.u.) und wird im Rahmen des Projekts zwei von vier Therapieansätzen analysieren bzw. kombinieren. „Grundsätzlich hat die aktuelle Therapieforschung vier Wege eingeschlagen, um  die Alpha-Synuclein-Ablagerungen zu verhindern. Neben dem Ansatz, Alpha-Synuclein über den lysosomalen Weg (Autophagie) abzubauen und dem Versuch, fehlgefaltetes Alpha-Synuclein wieder in seine ursprüngliche Form zu bringen (Cleavage), besteht die Möglichkeit, die toxische Form des Proteins mit dem Proteinaggregationshemmer „Anle 138b“ zu unterbinden. Das Präparat wurde von ARTEMIS-Projektpartner Prof. Armin Giese, Neuropathologe an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, entwickelt, und wird auch im Rahmen des EU-Projekts MultiSyn für die Parkinson-Bildgebung eingesetzt. Ein vierter Ansatz beruht auf aktiver Immunisierung mittels Alpha Synuclein AFFITOP , einem vom österreichischen Biotech-Unternehmen AFFIRIS – ebenfalls ARTEMIS-Partner – entwickelten Vakzin, um im Körper die Bildung von bluthirnschranken-gängigen Alpha-Synuclein abbauenden Antikörpern anzuregen und gleichzeitig das Nebenwirkungs-Risiko einer Enzephalitis  einzudämmen“, erklärt Prof. Wenning.

Mit einer über 20jährigen klinischen und experimentellen MSA-Expertise und der Entwicklung eines transgenen Mausmodells ist der Standort Innsbruck prädestiniert, die geplanten Analysen durchzuführen. Das Innsbrucker MSA-Modell ist weltweit das einzige, welches analog zur humanen Krankheitsentstehung genetische und exogene Faktoren vereinigt. „Alle vier therapeutischen Ansätze werden einzeln geprüft und dann zusammengeführt, um zu sehen, wie sich Kombinationen auswirken bzw. welche die beste ist“, beschreibt Prof. Wenning die für die translationale Therapieentwicklung gewählte Herangehensweise.

Umstrittene Prionen-Hypothese
Durch eine von Medizin-Nobelpreisträger Stanley Prusiner (US-amerikanischer Biochemiker und Prionen-Entdecker)  kürzlich aufgestellte Hypothese, wonach MSA eine Prionenkrankheit sei, erhält der Forschungsauftrag von ARTEMIS zusätzliche Brisanz. Mit dem Innsbrucker MSA-Modell wird es möglich sein, die Prionen- Hypothese, die auf einem genetisch veränderten Mausmodell beruht, zu evaluieren bzw. zu widerlegen. „Prusiner konnte keine komplette MSA-Pathologie mit Glia-Beteiligung darstellen Nachdem sich ein Prion-Protein virusähnlich ausbreitet, könnte hier leicht Hysterie entstehen, zumal etwa vor allem für medizinisches Personal ein Ansteckungsrisiko bestünde. Mit unserem MSA-Modell sowie Wild-Typ Mäusen sind wir in der Lage, nachzuweisen, dass Alpha-Synuclein nicht übertragbar ist“, erläutert MSA-Experte Wenning.

ARTEMIS
An der Medizinischen Universität Innsbruck profitiert ARTEMIS in besonderem Maße von der Einbettung in den Spezialforschungsbereich „Zelluläre Signalwege bei chronischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems“ (SFB F44) und der kooperativen Verbindung zu den bereits laufenden und thematisch angrenzenden EU-Projekten SYMPATH und MultiSyn (https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/682181.html).

Unter der Leitung des französischen Neuropathologen Prof. Wassilos Meissner arbeiten in ARTEMIS zwei akademische (Prof. Dr. Armin Giese, Ludwig-Maximilians-Universität, München und Prof. Dr. Gregor Wenning) und zwei Industrie-Partner (Prof. Achim Schneeberger, MD, Affiris AG, Wien und Prof. Dr. Christian Griesinger, MODAG GmbH, Wendelsheim, Deutschland) zusammen.

(D.Heidegger)

 

Links:

EU-Projekt ARTEMIS
http://www.erare.eu/financed-projects/artemis

Univ.-Klinik für Neurologie
https://www.i-med.ac.at/neurologie/

Abteilung für Neurobiologie
https://www.i-med.ac.at/neurobiology/

SFB F44 „Cell signaling in chronic CNS disorders“
http://www.uibk.ac.at/pharmazie/pharmakologie/sfb-f44/

 

 

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