Junge ForscherInnen an der MUI: Nikolaos Bonaros
Im Rahmen der Reportageserie „Junge ForscherInnen an der MUI“ werden NachwuchswissenschafterInnen der Medizinischen Universität Innsbruck vor den Vorhang geholt. Ihre Gemeinsamkeit: Sie betreiben seit Jahren erfolgreich medizinische (Grundlagen)Forschung – das belegen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und die Einwerbung von Drittmitteln – und sind mit ihrem Wissen in der Lehre tätig*.
Diesmal portraitieren wir Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Nikolaos Bonaros von der Univ.-Klinik für Herzchirurgie (Direktor Univ.-Prof. Dr. Michael Grimm). Der griechisch-stämmige Herzchirurg lebt und arbeitet bereits seit 13 Jahren in Tirol. Das berufliche Selbstbild des jungen Mediziners und Forschers lässt sich mit diesem Satz wohl am besten beschreiben: „Nur wer an die Grenzen geht, kann sie auch überschreiten.“
Von Athen über Wien nach Innsbruck
Dem entsprechend hat der gebürtige Athener vor 15 Jahren Landesgrenzen überquert, um etwa an der Abteilung für Herz-Thorax-Chirurgie am Wiener AKH bei dem renommierten Mediziner Univ.-Prof. Dr. Ernst Wolner zu forschen. „Nach meinem Medizin-Studium in Athen hab ich rasch gemerkt, dass die Aussichten, in Griechenland klinische und experimentelle Forschung in der Herzchirurgie betreiben zu können, nicht die besten waren“, erzählt der 40-jährige beim Gespräch in seinem Dienstzimmer des neuen Kinder-Herz-Zentrums in Innsbruck. Und noch eine Erkenntnis war in Nikolaos Bonaros bis zum Ende seiner Studienzeit gereift: Um wichtige berufliche Entscheidungen treffen zu können, braucht es persönliche Vorbilder und Mentoren. „Während des Studiums ist der Weg vorgegeben, der studentische Alltag verläuft strukturiert. Nach dem Abschluss stehen einem aber viele Wege und Türen offen, man weiß nicht sofort, welche Richtung man einschlagen soll. In dieser Zeit haben mir die Ratschläge und Tipps meiner Mentoren sehr geholfen und mich schließlich in meinem Wunsch, ins Ausland zu gehen, bestärkt.“
Fokus auf Weiterentwicklung
Dass er sein Heimatland verlassen hat, musste Prof. Bonaros, der inzwischen in Aldrans wohnt, nie bereuen, im Gegenteil. Es sei schon ein gutes Gefühl, nach einem arbeitsreichen Tag mit dem Mountainbike nach Hause fahren zu können. „Hier hatte ich nie das Gefühl, ein Fremdkörper zu sein. Die Tirolerinnen und Tiroler sind sehr ehrlich und freundlich“, bestätigt der Herzchirurg, der vor 13 Jahren noch als einziger Grieche auf dem Innsbrucker Klinikareal anzutreffen war und inzwischen immer mehr seiner Landsleute zu seinen ArbeitskollegInnen zählt. Während seines Aufenthaltes in Wien sammelte Bonaros zuerst an der Allgemeinen Gefäß- und Transplantationschirurgie chirurgische Erfahrung, ehe er ins Team von Univ.-Prof. Dr. Günter Laufer – der inzwischen wieder nach Wien zurückkehrte – an die Univ.-Klinik für Herzchirurgie Innsbruck wechselte. Hier traf er auf Prof. Johannes Bonatti, einen Spezialisten für robotergestützte, endoskopische Herzchirurgie, der mit seinem Team – darunter Nikolaos Bonaros – federführend am Aufbau des international erfolgreichen Roboterchirurgieprogramms an der Medizinischen Universität Innsbruck beteiligt war. „Von Johannes Bonatti habe ich gelernt, dass Routine in der Herzchirurgie wichtig, aber nicht das Wichtigste ist“, erzählt Bonaros über seinen Förderer und betont: „Die Routine eröffnet keine neuen Perspektiven. Man muss darüber hinaus nach Neuem suchen und den Fokus auf Innovation und Weiterentwicklung legen.“ Schließlich seien vor allem die Telemedizin und die minimalinvasive Chirurgie jene Bereiche gewesen, die für die Kardiologie und die Herzchirurgie im wahrsten Sinne des Wortes neue Einblicke und innovative Impulse geliefert haben. „Mehrere neue und minimalinvasive Operationstechniken wurden in Innsbruck zum ersten Mal weltweit durchführt“, bestätigt Bonaros, dessen langjährige, gemeinsam mit dem Kardiologen Prof. Guy Friedrich durchgeführte Forschungsarbeit über ein innovatives Hybridkonzept in der robotergestützten endoskopischen Herzchirurgie – in einer multizentrischen europäischen Studie ist die Innsbrucker Herzchirurgie koordinierendes Zentrum – bereits ausgezeichnet wurde und den international guten Ruf der Innsbrucker Herzchirurgie mitbegründet.
Das Prinzip der sogenannten Hybrid-koronaren Revaskularisation beruht auf der Zusammenführung zweier bewährter Methoden aus zwei Konkurrenzverfahren: der koronaren Bypassoperation aus der Herzchirurgie und der perkutanen Koronarintervention (Stentimplantation) aus der Kardiologie. „Dieser kooperative Ansatz ist deshalb erfolgreich, weil wir hier einem durchdachten und gut strukturierten, vom ehemaligen Direktor der Univ.-Klinik für Kardiologie, Prof. Othmar Pachinger, initiierten Ablauf folgen. Damit eröffnen sich neue Perspektiven in der Behandlung von koronaren Mehrgefäßerkrankungen“, beschreibt Bonaros ein gutes Beispiel für gelungenes Teamwork.
Auch auf dem Gebiet der Transkatheterklappenimplantation, auf dem Innsbruck eine Vorreiterrolle einnimmt, ist der Herzchirurg klinisch aber auch experimentell aktiv. So wird etwa der Eingriff über einen fünf Zentimeter langen Schnitt im oberen Brustkorb-Bereich und ohne nierenschädigende Kontrastmittel mithilfe von Ultraschall erprobt.
Innovative Impulse aus der Grundlagenforschung
Dass Innovation vor allem auch auf neuen Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung beruht, weiß Prof. Bonaros aus täglicher Erfahrung. Denn nach OP- und Ambulanzzeiten und interdisziplinären Teambesprechungen steht abends Forschung im Labor am Programm. Als Forscher ist Nikolaos Bonaros daran interessiert, die Therapieoptionen nach einem Herzinfarkt weiterzuentwickeln. Gemeinsam mit dem Pathophysiologen Assistenzprofessor Priv.-Doz. Mag.Dr. David Bernhard forscht Bonaros im herzchirurgischen Forschungslabor an neuen Regenerationsmethoden, die der Herzinsuffizienz – die „Krankheit des Jahrhunderts“ wird durch das Absterben von Herzzellen nach Infarkt bedingt – entgegenwirken. Dazu simulieren die ForscherInnen einen künstlichen Herzinfarkt am Tiermodell. „Für die Regeneration des infarktgeschädigten Herzmuskels besitzen Stammzellen ein gewisses Potenzial, allerdings muss hier die Zelltherapie mit der Gentherapie kombiniert werden, um eine Gefäßneubildung anzuregen und die Blutversorgung der injizierten Zelle zu verbessern“, so Bonaros über den vielversprechenden Forschungsansatz. Vor diesem Hintergrund arbeitet der Herzchirurg auch mit der an der Kardiologie angesiedelten Arbeitsgruppe Angiologie unter der Leitung von ao.Univ.-Prof. Dr. Rudolf Kirchmair eng zusammen, etwa im Hinblick auf die Gentherapie mit Sekretoneurin, ein Neuropeptid, das zu einer Steigerung der Herzfunktion nach einem Herzinfarkt führen kann.
Der Experte für neue Technologien im kardiovaskulären Bereich gibt diese im ebenso genannten Wahlfach auch an Studierende weiter. An der Lehre schätzt Nikolaos Bonaros den Kontakt zur jungen Generation, die er als „wissbegierig und durchaus fordernd“ einstuft. „Die Studierenden von heute sind selbstbewusst und stellen hohe Ansprüchen an die Lehre“, berichtet Bonaros, der überzeugt ist, „dass nur die sehr Tüchtigen in der experimentellen Forschung erfolgreich sein werden“.
Ob auch seine eigenen Kinder – die Tochter geht zur Schule, der Sohn in den Kindergarten – einmal Medizin studieren werden, ist natürlich ungewiss. Jedenfalls lernen sie von ihrem Vater Griechisch, weil „Tirolerisch“ sprechen sie sowieso.
(D.Heidegger)
Links:
Univ.-Klinik für Herzchirurgie
Weitere Reportagen über NachwuchswissenschafterInnen an der Medzinischen Universität Innsbruck
* Die im Rahmen dieser Reportageserie portraitierten WissenschafterInnen besetzen eine A2-Laufbahnstelle als Assoziierte ProfessorInnen an der Medizinischen Universität Innsbruck. Voraussetzung dafür ist die Erfüllung einer Qualifizierungsvereinbarung, die unter anderem erfolgreiche Forschungsleistung, Lehre und Einwerbung von Drittmitteln umfasst