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Wissenschaftspreis der Stadt Innsbruck für vier junge ForscherInnen der Medizinischen Universität Innsbruck

Im Rahmen eines würdevollen Festaktes in der Weiherburg wurde am 18. Dezember der Preis der Landeshauptstadt Innsbruck für wissenschaftliche Forschung 2015 an der Medizinischen Universität Innsbruck vergeben. Die ForscherInnen Dr.in Renate Pichler, Assistenzprofessorin Mag.a Katrin Watschinger PhD, Dr. Manfred Nairz PhD und Dr. Ivan Tancevski wurden für ihre hervorragenden Arbeiten ausgezeichnet.

Der 1979 ins Leben gerufene „Preis für wissenschaftliche Forschung an der Universität Innsbruck“ wird seit dem Bestehen der Medizinischen Universität Innsbruck 2004 jedes dritte Jahr an WissenschafterInnen der Medizin vergeben. Die hervorragende Arbeit und das besondere Engagement junger MedizinerInnen findet durch die Auszeichnung eine besondere Wertschätzung durch die Stadt Innsbruck. Entsprechend dem Vorschlag eines Gremiums der Medizinischen Universität Innsbruck ging der Preis in diesem Jahr an vier ForscherInnen.

Die Preisträgerinnen und ihre Forschungsarbeiten in alphabetischer Reihenfolge

(1) Der 1978 in Innsbruck geborene Dr. Manfred Nairz PhD hat an der Medizinischen Universität Innsbruck Medizin studiert. Der Zusammenhang von Infektionen und Eisenstoffwechsel stand schon im Rahmen seiner Dissertation sowie auch in seinem PhD-Studium im Programm „Infectious diseases – molecular mechanisms“ an der Universitätsklinik für Innere Medizin VI im Mittelpunkt (Betreuer jeweils: Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss). Der Facharzt für Innere Medizin mit Ausbildungen für Krankenghaushygiene und Tropenmedizin forscht derzeit  mit einem Erwin-Schrödinger-Stipendium am Center for Systems Biology in Boston.

Neu entdeckter Immunabwehr-Mechanismus
Auch die nun ausgezeichnete Forschungsarbeit „Nitric oxide-mediated regulation of ferroportin-1 controls macrophage iron homeostasis and immune function in Salmonella infection“ fokussiert auf den zellulären Eisenstoffechsel, der beim Schutz des Körpers vor dem Eindringen und der Ausbreitung von Erregern oder Tumorzellen eine essentielle Rolle einnimmt. Gemeinsam mit Prof. Günter Weiss und KollegInnen gelang es dem Preisträger, einen neuen für die Entwicklung effektiver Krebs- und Infektionstherapien wegweisenden Mechanismus der Immunabwehr zu identifizieren, in dem das Molekül NO die Hauptrolle spielt. Die Erkenntnisse finden sich im renommierten Fachjournal Journal of Experimental Medicine und zierten sogar das Cover der Ausgabe. Mithilfe eines bereits seit über zehn Jahren in Innsbruck etablierten Tiermodells für Salmonelleninfektion konnte nun eindeutig gezeigt werden, dass das von Immunzellen gebildete Molekül NO in der Lage ist, den zellulären Eisenstoffwechsel zu verändern. „Das Molekül NO aktiviert einen bestimmten Proteinkomplex (Nrf2), der für die Bildung des einzig bekannten zellulären Eisenexportproteins, Ferroportin, verantwortlich ist. Ferroportin pumpt vermehrt Eisen aus der Immunzelle, wodurch eindringenden Mikroorganismen ein wichtiger Wachstumsfaktor entzogen wird und sie sich nicht weiter vermehren können. Gleichzeitig kurbelt der Eisenentzug die körpereigene Immunantwort an, sodass die Infektionserreger vom Immunsystem effektiver eliminiert werden“, erklärt Manfred Nairz. Damit stehen neue zielführende Wege in der Behandlung von Infektionen und Tumorerkrankungen offen.
Link zur Publikation: http://dx.doi.org/10.1084/jem.20121946

(2) Die gebürtige Südtirolerin Dr.in Renate Pichler absolvierte das Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Universität Innsbruck. Zunächst war die 32-Jährige als Assistenzärztin an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Urologie tätig, seit 2010 forscht sie aktiv in der uroonkologischen Studiengruppe mit dem Schwerpunkt Hoden-/Blasentumor und leitet aktuell als Oberärztin die uro-onkologische Spezialambulanz. Seit 2014 absolviert die Medizinerin zudem das Clinical PhD Studium (Betreuer: ao.Univ.-Prof. Dr. Z. Culig) und forscht an neuen immunologischen Biomarkern in der Therapie gegen Blasenkrebs.

Innovative Behandlung von Hodentumoren
Der Hodentumor ist die häufigste bösartige Tumorerkrankung beim jungen Mann. In ihrer mit dem Preis der Stadt Innsbruck ausgezeichneten Forschungsarbeit, die 2012 im renommierten Forschungspaper „European Urology“ veröffentlicht worden ist, beschäftigte sich Renate Pichler mit der Auswertung der weltweit größten beschriebenen Fallserie von 100 Männern mit einem Hodentumor, welche an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Urologie mittels Laparoskopie (Bauchspiegelung) behandelt wurde. Die Prognose ist aufgrund der hohen Chemosensitivität des Tumors, selbst im metastasierenden Stadium noch sehr hoch. Beim sogenannten „Nichtseminomatösen Hodentumor“ ist eine alleinige Chemotherapie im metastasierten Stadium jedoch nicht ausreichend. Das bedeutet es muss rund vier bis sechs Wochen nach Abschluss der Chemotherapie eine chirurgische retroperitoneale Lymphadenektomie vorgenommen werden, um das Tumorgewebe wirklich vollständig zu entfernen. Dies stelle eine Herausforderung dar, da das operative Komplikationsrisiko nach einer Chemotherapie erhöht ist. In den meisten urologischen Zentren wird die Operation mit „offenem Zugang“ geführt. Die Auswertung von Pichler zeigt aber, dass eine laparoskopische retroperitoneale Lymphadenektomie (LRLA) nach einer Chemotherapie beim Hodentumor technisch möglich und praktikabel ist. Diese Operationstechnik wurde bereit 1993 in Innsbruck eingeführt, seitdem wurde sie stetig weiterentwickelt. Die Auswertung der Patientendaten hat gezeigt, dass das  tumorspezifische Überleben bei 100 Prozent lag. Die onkologischen und funktionellen Ergebnisse sind vergleichend mit den publizierten Daten bei der offenen Lymphadenektomie.
Link zur Publikation: http://dx.doi.org/10.1016/j.eururo.2012.09.036

(3) Der Facharzt für Innere Medizin, Dr. Ivan Tancevski, stammt aus Bozen und hat in Innsbruck Medizin studiert. Seine Doktorarbeit verfasste er an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Innere Medizin, wo er auch als Postdoc tätig war. Derzeit absolviert er seine Facharztausbildung für Infektiologie und Tropenmedizin, und forscht im Innsbrucker Labor für Infektiologie und Immunologie unter der Betreuung von Klinikdirektor Univ.-Prof. Dr. Günter Weiss. Tancevski kann auf mehrere hervorragende Forschungspublikationen, Auszeichnungen und Forschungsprojekte insbesondere zur Erforschung der Atherosklerose verweisen.

Neuer Wirkmechanismus von Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin)
Den Preis der Stadt Innsbruck erhält Dr. Ivan Tancevski für seine Forschungsarbeit zum Cholesterinstoffwechsel und den Wirkmechanismen von Acetylsalicylsäure (z. B. Aspirin) sowie ungesättigten Omega-6 Fettsäuren. Die im Fachmagazin „Cell Metabolism“ veröffentlichten Ergebnisse sind ein Beitrag zur Entwicklung neuer Therapiemöglichkeiten zur Vorbeugung der Atheroskleorse. An den Folgen krankhaft veränderter und verengter Arterien sterben die meisten Menschen in westlichen Industrienationen. Tancevski und seine KollegInnen aus dem Labor für Infektiologie und Immunologie der Univ.-Klinik für Innere Medizin VI haben jetzt herausgefunden, dass das Enzym „5-Lipoxygenase“ eine entscheidende Rolle im Cholesterinstoffwechsel spielt. Durch dieses Enzym werden aus ungesättigten Omega-6 Fettsäuren (Linolen- bzw. Arachidonsäure) potente bioaktive Lipidmediatoren wie Lipoxine und Leukotriene synthetisiert. Acetylsalicylsäure wurde bisher vor allem aufgrund seiner entzündungs- und plättchenhemmenden Wirkung zur Vorbeugung von Herzinfarkten und Schlaganfällen verabreicht. Acetylsalicylsäure kurbelt durch die Bildung von Lipoxinen und Leukotrienen auch den sogenannten Reversen Cholesterintransport über HDL an. Dabei handelt es sich um eine physiologische Funktion des Körpers, überschüssiges Cholesterin über die Leber zurück in den Darm zu transportieren und auszuscheiden, anstatt in den Blutgefäßen einzulagern. „Dementsprechend geben unsere Forschungsergebnisse entscheidende Hinweise auf einen völlig neuen Wirkungsmechanismus von Acetylsalicylsäure, dem Wirkstoff in Aspirin,“ erklärt Tancevski.
Link zur Publikation: http://dx.doi.org/10.1016/j.cmet.2014.09.004

 (4) Die gebürtige Südtirolerin Assistenzprofessorin Mag.a Katrin Watschinger PhD absolvierte nach einem  Chemiestudium mit Spezialisierung in Biochemie an der Universität Innsbruck ihr PhD-Studium im Programm Molecular Cell Biology mit Auszeichnung. Die bereits mehrfach ausgezeichnete Preisträgerin und Mutter eines zweijährigen Sohnes ist nach Forschungsaufenthalten in Montpellier, Wien, London und Oxford derzeit an der Sektion für Biologische Chemie am Innsbrucker Biozentrum beschäftigt, wo sie vor allem zum Verständnis des menschlichen Fettstoffwechsels und bestimmten fettspaltenden Enzymen forscht.

Relevante Rolle in der angeborenen Immunantwort
Der genetische Bauplan des fettspaltenden Enzyms Alkylglycerol Monooxygenase wurde von der jungen Biochemikerin Katrin Watschinger bereits 2010 - nach jahrelanger, weltweiter Suche - entschlüsselt. Für Stoffwechselvorgänge benötigt Alkylglycerol Monooxygenase den Co-Faktor Tetrahydrobiopterin (BH4), das  im Körper zur Biosynthese von Botenstoffen für die Nervenreizleitung, zum Abbau von essentiellen Aminosäuren und Ether-Lipiden und zur Herstellung des Botenstoffes Stickstoffmonoxid benötigt wird. Bei dem erst Ende der 80er Jahre entdeckten Stickstoffmonoxid (NO) handelt es sich um ein giftiges Gas, das im Körper die Nervenreizleitung, den Blutdruck und die Abwehr von Krankheitserregern durch das Immunsystem reguliert. „Auf der Basis modernster molekularbiologischer Techniken ist es uns mit dieser Arbeit gelungen“, so die junge Biochemikerin, „erstmals Makrophagen - wichtige Regulatoren der angeborenen Immunität – in Zellkulturen so zu manipulieren, dass entweder BH4  oder Alkylglycerol-Monooxygenase hinauf- oder hinunterreguliert wurde, womit der Effekt auf den Abbau der Ether Lipide und somit die Funktion in der Zelle ersichtlich wird“. Abhängig davon, ob BH4 oder Alkylglycerol-Monooxygenase in der Zelle vorhanden waren, änderte sich die Anzahl der Etherlipid-Spaltungen. Und auch die Produktion des immunstimulierenden Stickstoffmonoxids NO wurde signifikant beeinflusst. Erstmals gelang außerdem der Nachweis, dass Alkylglycerole von den Zellen selbst gebildet werden. Mit der nun prämierten Forschungsarbeit kann dem Enzym nun auch eine funktionelle Rolle in der angeborenen Immunantwort zugeschrieben werden.
Link zur Publikation: http://dx.doi.org/10.1073/pnas.1414887112

(D. Heidegger/ B. Hoffmann-Ammann)

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