Junge ForscherInnen an der MUI: Barbara Rantner
Im Rahmen der Reportageserie „Junge ForscherInnen an der MUI“ werden NachwuchswissenschafterInnen der Medizinischen Universität Innsbruck vor den Vorhang geholt. Ihre Gemeinsamkeit: Sie betreiben seit Jahren erfolgreich medizinische (Grundlagen)Forschung – das belegen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und die Einwerbung von Drittmitteln – und sind mit ihrem Wissen in der Lehre tätig*.
Diesmal portraitieren wir Assoz. Prof.in Priv.-Doz.in Dr. Barbara Rantner PhD. Die Fachärztin für Chirurgie und Gefäßchirurgie ist leidenschaftlich gerne in der PatientInnenversorgung sowie in der Forschung tätig.
Barbara Rantner erforscht Gefäßerkrankungen mitunter auch bis ins kleinste molekulare Detail. Direkt im Anschluss an ihr Humanmedizin-Studium in Innsbruck hat die Fachärztin für Gefäßchirurgie und Allgemeinchirurgie im Rahmen des PhD-Programms „Molekulare Zellbiologie“ das wissenschaftliche Arbeiten gelernt und dabei versucht, Gefäßerkrankungen auf den Grund zu gehen. Durch die genaue Erforschung der Ursachen und des Verlaufs von Gefäßerkrankungen sollen die Auswahl der Therapiemöglichkeiten verbessert und präzisere Risikoprofile erstellt werden. Konkret hat sie sich in ihrem Dissertationsprojekt mit den Risikofaktoren für kardiovaskuläre und zerebrovaskuläre Erkrankungen bei PatientInnen mit der sogenannten „Schaufensterkrankheit“ (Claudicatio), also Durchblutungsstörungen in den Beinen, auseinandergesetzt. „Sich wissenschaftlich mit Gefäßerkrankungen zu beschäftigen ist sehr vielseitig und facettenreich. Die Claudicatio ist eine in ihrer Schwere lange unterschätzte Krankheit. Sie gehört zu den atherosklerotischen Erkrankungen, wie auch der Herzinfarkt oder der Schlaganfall. Deshalb haben betroffene Patientinnen und Patienten auch ein deutlich erhöhtes Risiko, einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden“, erklärt Rantner. Ihr Dissertationsprojekt an der Division für Genetische Epidemiologie der Medizinischen Universität Innsbruck betreute Sektionsleiter Univ.-Prof. Dr. Florian Kronenberg. Mit ihm und seinem Team, vor allem Frau Assoz. Prof. Barbara Kollerits PhD pflegt Rantner nach wie vor eine enge und gute Zusammenarbeit.
Anwendung im klinischen Alltag
Mit dem Thema ihrer Dissertation war ihr Weg in die Gefäßchirurgie vorgezeichnet. Dass sie sich nach dem Medizinstudium für eine wissenschaftliche Ausbildung entschieden hat, war jedoch nicht von Anfang an geplant: „Mein Bruder ist Physiker, er hat mich eigentlich auf die Wissenschaft aufmerksam gemacht und durch ihn bin ich dazu motiviert worden.“ Die reine Labor- und Schreibarbeit war der gebürtigen Seefelderin dann doch zu abstrakt: „Ich schreibe und arbeite sehr gerne wissenschaftlich, aber ich möchte auch die Anwendung im klinischen Alltag sehen.“ Noch während ihres PhD Studiums hat Rantner daher begonnen, als Ausbildungsassistentin an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. Gustav Fraedrich) zu arbeiten. Die klinische Tätigkeit und die Forschungsarbeit für die Dissertation unter einen Hut zu bringen, war nicht immer einfach: „Damals hatte ich häufig vormittags Vorlesungen von meinem PhD-Studium aus. Mein Chef, Univ.-Prof. Dr. Gustav Fraedrich, hat mir ermöglicht, dass ich an allen Lehrveranstaltungen teilnehmen und so den PhD neben der klinischen Tätigkeit erfolgreich abschließen konnte. Er hat mich stets sehr gefördert und unterstützt, dadurch hat er mir vieles ermöglicht.“
Freude an der Herausforderung Gefäßchirurgie
Aus der engagierten Jungforscherin und Jungärztin ist mittlerweile eine routinierte Operateurin geworden. Dabei ist die Gefäßchirurgie ein anspruchsvolles Fach: „Die Gefäßverkalkung ist eine Systemerkrankung, das bedeutet, dass nicht nur ein Blutgefäß betroffen ist, sondern dass die Patientinnen und Patienten häufig mehrere erkrankte Gefäßabschnitte haben. Deshalb kommen viele Betroffene nach einer erfolgreichen Therapie mit einer anderen Erkrankung wieder.“ Längere Operationen bei PatientInnen mit einem hohen kardiovaskulären Risiko durchzuführen, ist mitunter sehr fordernd. „Gute Nerven zu haben, das lernt man in der Gefäßchirurgie“, sagt Rantner. In Blutungssituationen oder wenn PatientInnen einen Schlaganfall erleiden, dann müssen alle Beteiligten im OP eng zusammenarbeiten: „Gefäßchirurgie ist vor allem ein Fach, in dem es auf gute Teamarbeit ankommt. Das zeigt sich nicht nur im OP, wo eingespielte Teams zusammenarbeiten, sondern auch in interdisziplinären Besprechungen mit anderen Fachrichtungen wie der Radiologie, der Neurologie oder Herzchirurgie“, sagt Rantner. Sie ist leidenschaftlich gerne für ihre PatientInnen im Einsatz, die herausfordernde Verbindung von Klinikalltag und Wissenschaft nimmt Rantner daher gerne in Kauf: „Auch wenn die Tage, an denen ich klinisch tätig bin, häufig sehr lang sind, bereichert mich der Kontakt mit den Patientinnen und Patienten.“
Zweites Standbein: Carotis-Stenose
Neben der Claudicatio ist die Carotis-Stenose, also eine Verengung der Halsschlagader, das zweite wissenschaftliche und klinische Standbein von Barbara Rantner. PatientInnen mit einer solchen Plaque-Ablagerung in der Halsschlagader haben ein stark erhöhtes Risiko einen Schlaganfall zu erleiden. Für die Behandlung stehen mittlerweile zwei unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. In einigen Fällen kann ein Stent gesetzt werden, aber in vielen Fällen ist eine Operation an der offenen Halsschlagader notwendig. „Ich schätze diesen Eingriff an der Halsschlagader, weil es eine eine feine und überschaubare Operation ist, allerdings mit einer immensen Auswirkung“, sagt Rantner. Die Carotis-Stenose war auch Thema ihrer Habilitation. 2013 hatte Rantner an der Auswertung einer großen, internationalen multizentrischen Studie mit 2.829 PatientInnen mit einer symptomatischen Carotis-Stenose mitgearbeitet. Ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse konnte sie dann im renommierten „Journal of Vascular Surgery“ veröffentlichten. Die Arbeit wurde auf dem amerikanischen GefäßchirurgInnen-Kongresses 2013 in Washington als eines der zehn besten Papers ausgezeichnet.
„Jetzt ist alles anders!“
Inzwischen hat Rantner bereits bei mehreren Auswertungen von großen, internationalen Multicenter-Studien mitgearbeitet. Die internationale Community ist also längst aufmerksam geworden auf ihre wissenschaftlichen Arbeiten. 2015 erhielt die 37-Jährige so ein Stipendium der Amerikanischen Gesellschaft für Gefäßchirurgie, das es ihr ermöglichte, an der Jahrestagung der Gesellschaft in Chicago teilzunehmen und im Anschluss die gefäßchirurgischen Abteilungen der Mayo Clinic und der Cleveland Clinic kennenzulernen. Diese Reise war etwas ganz Besonderes, denn es begleiteten sie dabei ihr einjähriger Sohn und ihr Lebensgefährte. Die Geburt von Jakob 2014 hat das Leben der Medizinerin und Forscherin auf den Kopf gestellt: „Jetzt ist alles anders!“, sagt Rantner freudestrahlend. „Ich möchte viel Zeit mit meinem Sohn verbringen.“ Trotzdem verliert sie ihre Karriere nicht aus dem Blickfeld. Nur ihre Freizeitinteressen haben sich geändert. „Führer bin ich gerne einmal eine Skitour gegangen oder war Skifahren, jetzt unternehme ich natürlich lieber Sachen, bei denen ich meinen Sohn mitnehmen kann und gehe wandern oder schwimmen. Ich freue mich aber auch immer, wenn ich in der Klinik bin und mich den Patientinnen und Patienten sowie meiner Forschungsarbeit widmen kann.“
Weitere Links:
Univ.-Klinik für Gefäßchirurgie
Weitere Reportagen über NachwuchswissenschafterInnen an der Medzinischen Universität Innsbruck
* Die im Rahmen dieser Reportageserie portraitierten WissenschafterInnen besetzen eine A2-Laufbahnstelle als Assoziierte ProfessorInnen an der Medizinischen Universität Innsbruck. Voraussetzung dafür ist die Erfüllung einer Qualifizierungsvereinbarung, die unter anderem erfolgreiche Forschungsleistung, Lehre und Einwerbung von Drittmitteln umfasst
(B. Hoffmann-Ammann)