Neue Behandlungsmethode bösartiger Hirntumore
Als einziges Krankenhaus Österreichs bieten die Innsbrucker Universitätskliniken seit kurzem PatientInnen mit Glioblastom eine neue Behandlungsmethode an. Über eine Art Haube wird Strom in das Innere des Gehirns geleitet. In weiteren klinischen Studien soll geklärt werden, ob die neue Methode auch bei Metastasen eingesetzt werden kann.
Das Glioblastom ist der bösartigste bekannte Hirntumor und er ist derzeit nicht heilbar. Mit Hilfe der neuen Behandlung kann jedoch das Überleben deutlich verlängert werden. PatientInnen, die an einem Glioblastom leiden, werden derzeit operativ, mit Chemotherapie und Bestrahlung behandelt. Welche Methode in welcher Form angewandt wird, entscheiden die SpezialistInnen der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurochirurgie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. Claudius Thomé) in Zusammenarbeit mit den Nachbardisziplinen für alle Betroffenen individuell. Derzeit gilt, dass ein unbehandeltes Glioblastom nach durchschnittlich vier bis sechs Monaten zum Tod führt. Eine Operation kann das Überleben im Mittel um bis zu neun Monate verlängern. Wird dazu bestrahlt, sprechen die ExpertInnen von 12 Monaten, kommt eine Chemotherapie dazu, überleben die PatientInnen durchschnittlich 15 Monate. Die Prognose des Einzelfalles ist allerdings je nach Ansprechen auf die Therapie sehr unterschiedlich, bei manchen PatientInnen wächst der Tumor rasch nach, andere zeigen über viele Monate keinerlei Tumorgewebe. Mithilfe der seit kurzem angebotenen Therapie „Optune“ gewinnen die PatientInnen noch einmal im Mittel fünf Monate bei guter Lebensqualität. Das ist auch ein sehr wichtiger Punkt, denn nur wenn die Betroffenen diese Zeit gut nutzen können, macht die Behandlung Sinn.
Fünf Monate zu gewinnen, klingt für Laien nach nicht viel. „In der onkologischen Neurochirurgie ist das allerdings ein großer Erfolg, zumal einzelne PatientInnen, die besonders gut ansprechen, Jahre gewinnen können. Die Erfahrung zeigt, dass die PatientInnen diese Option gerne annehmen“, erklärt Univ.-Prof. Thomé. Leider ist das Glioblastom eine Erkrankung, die oft auch jüngere Menschen befällt. Für diese sind bereits fünf Monate bei der Familie ein großer Gewinn.
Funktionsweise
Das System Optune besteht aus vier Elektroden, die auf die Kopfhaut aufgeklebt werden. Der Kopf muss dafür rasiert werden. Die Energie kommt von Akkus und eine Steuereinheit regelt die Stromimpulse. Frequenz und Spannung sind genau auf die Tumorzellen abgestimmt. Wenn der Strom fließt, werden dadurch die Tumorzellen an der Teilung und der Tumor damit am Wachsen gehindert oder das Wachstum zumindest gebremst. Es gibt quasi keine Nebenwirkungen, nur an den Klebestellen kommt es manchmal zu Hautreizungen. Betroffene müssen das System mindestens 18 Stunden pro Tag tragen, sind damit aber völlig mobil.
Forschung
Jüngste Forschungsergebnisse haben belegt, dass die neue Behandlungsmethode für PatientInnen einen Überlebensvorteil bringt. „In den letzten Jahren haben sich sehr viele Forschungsprojekte mit der Behandlung des Gliosblastoms beschäftigt“, erklärt Univ.-Prof. Thomé. „Seit 2005 hat es aber keine nennenswerten Verbesserungen gegeben“, ergänzt Dr. Christian Freyschlag, Oberarzt an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurochirurgie. Es besteht die Hoffnung, das Optune nicht nur bei Glioblastomen, sondern auch anderen Tumorerkrankungen eingesetzt werden kann. „Es wird klinische Studien geben, die beispielsweise die Anwendung bei Metastasen im Gehirn von PatientInnen mit Lungenkrebs überprüfen werden“, weiß Freyschlag.
Hintergrundinformation: Der Tumor
Das Glioblastom ist der häufigste bösartige bekannte Gehirntumor. Eine Heilung ist derzeit nicht möglich, aber einzelne PatientInnen können über Jahre stabil bleiben. Unter Ausschöpfung aller aktuell bekannten Therapiemöglichkeiten lag die Überlebensrate bisher bei durchschnittlich 15 Monaten. Durch die neue Behandlungsmethode kann das Überleben deutlich ausgedehnt werden. An der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurochirurgie werden jährlich ca. 80 PatientInnen mit Glioblastom behandelt. Fünf PatientInnen verwenden derzeit das Optune-System.
(J. Schwamberger/B. Hoffmann-Ammann)
Weitere Informationen:
Univ.-Klinik für Neurochirurgie