Junge ForscherInnen an der MUI: Ronny Beer
Im Rahmen der Reportageserie „Junge ForscherInnen an der MUI“ werden NachwuchswissenschafterInnen der Medizinischen Universität Innsbruck vor den Vorhang geholt. Ihre Gemeinsamkeit: Sie betreiben seit Jahren erfolgreich medizinische (Grundlagen-) Forschung – das belegen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und die Einwerbung von Drittmitteln – und sind mit ihrem Wissen in der Lehre tätig*.
Diesmal portraitieren wir Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr.med.univ. Ronny Beer von der Universitätsklinik für Neurologie. Im Fokus seiner Forschungstätigkeit steht die Identifikation von neuen Biomarkern für das Auftreten von Komplikationen nach einer Subarachnoidalblutung – einer speziellen Form des blutigen Schlaganfalls, die auch den klinischen Alltag des Intensivmediziners bestimmt.
Auf dem Gebiet der akuten neurologischen Erkrankungen des Gehirns und des peripheren Nervensystems ist der Standort Innsbruck – wie auch in anderen neurologischen und medizinischen Bereichen – international etabliert. Über die Leistungen der neurologischen Intensivmedizin berichtete sogar der britische Rundfunkdienst BBC. Das Renommee des Medizinstandortes wird dabei nicht nur durch die beispielhafte Ausbildung, Klinik- und Forschungsinfrastruktur bestimmt, sondern vor allem auch durch die Kompetenz und das Engagement von Ärzten wie Ronny Beer.
„Weil es in die Tiefe geht“
Der gebürtige Salzburger wusste schon mit 12 Jahren, dass er einmal Arzt werden möchte. Damals litt sein Großvater an einer seltenen, unheilbaren Leukämie-Erkrankung und musste regelmäßig zur Kontrolle ins Landeskrankenhaus Salzburg. „Die Krebserkrankung meines Großvaters hat mein Interesse für die Funktionen des menschlichen Organismus entfacht. Ich habe ihn oft besucht und war von da an vom klinischen Ambiente und der Arbeit der Ärztinnen und Ärzte fasziniert“, erzählt Ronny Beer. Weil Biologie, Chemie und Physik auch in der Oberstufe zu seinen Lieblingsfächern zählten, entschied er sich 1991, in Innsbruck das Medizin-Studium zu beginnen. Die Neurologie kristallisierte sich bereits im klinischen Studien-Abschnitt als seine bevorzugte Fachrichtung heraus, „weil es da in die Tiefe geht“. Und im Zuge des im dritten Abschnitt zu absolvierenden Neurologie-Praktikums bei Univ.-Prof. Dr. Erich Schmutzhard, dem Leiter der Intensivstation der Univ.-Klinik für Neurologie und wissenschaftlichen sowie klinischen Mentor, nahm auch der Dissertationsgegenstand mit dem Thema Schädel-Hirn-Trauma bereits erste konkrete Formen an. „Meine Dissertation entstand schließlich im neurologischen Forschungslabor, nachdem der damalige Oberarzt Prof. Andreas Kampfl aus den USA ein experimentelles Schädel-Hirn-Trauma Modell mit nach Innsbruck gebracht hatte“, so der Intensivneurologe, der bereits als Dissertant zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten veröffentlichen konnte.
Vom Labor zu den PatientInnen und zurück
Schwere Hirnschädigungen nehmen in Ronny Beers Arbeit im neurologischen Forschungslabor und auf der Neurologischen Intensivstation auch nach erfolgreicher Promotion eine zentrale Stellung ein. Derzeit leitet Ronny Beer ein vom FWF unterstütztes Projekt aus dem KLIF-Programm, das im Zuge einer prospektiven Observationsstudie untersuchen soll, ob zelluläre Mikropartikel das Auftreten der verzögerten zerebralen Ischämie nach spontaner Subarachnoidalblutung verlässlich anzeigen können. „Dieser akute zerebrovaskuläre Notfall hat oft dramatische Folgen für die betroffenen PatientInnen und ist trotz Behandlung nach wie vor mit einer hohen Letalität und Langzeit-Morbidität assoziiert. Sekundäre Komplikationen, wie die verzögerte zerebrale Ischämie können zu ausgedehnten Infarkten mit entsprechend ungünstigem Langzeit-Outcome führen“, beschreibt Ronny Beer ein klinisches Szenario, dessen Ursachen er mit seinen KollegInnen Priv.Doz.in Dr.in Bettina Pfausler, Priv.Doz. Dr. Raimund Helbok und Assoz. Prof. Priv.Doz. Peter Lackner erforscht und erstmals den Nachweis einer erhöhten Mikropartikel-Konzentrationim Blut von PatientInnen mit spontaner Subarachnoidalblutung erbringen konnte.
Gemeinsam mit der klinischen Untersuchung sowie Bildgebung bilden Biomarker, die in Blut und Nervenwasser nachgewiesen werden, wichtige Anhaltspunkte für therapeutische Entscheidungen bei der Behandlung von PatientInnen mit schweren Hirnschädigungen. Wenn es um die Prognose geht und darum, diese anwesenden Angehörigen mitzuteilen, sieht sich Ronny Beer oftmals in der Rolle eines „Gatekeepers“. „Es ist wichtig, beurteilen zu können, was therapeutisch machbar, sinnvoll und würdevoll ist. Es geht in der Intensivmedizin nicht darum, Apparate möglichst lange in Gang zu halten, sondern darum, mit einer stets an die Bedürfnisse des kranken Menschen angepassten Behandlung Erleichterung zu erwirken oder eben auch einen Sterbeprozess zuzulassen“, weiß der Intensivneurologe.
Lernen von Vorbildern
Und weil Ronny Beer in seiner Ausbildung und Laufbahn stets von Vorbildern wie Prof. Schmutzhard oder Doz.in Pfausler profitierte, ist ihm die qualifizierte Weitergabe von Wissen als Lehrender ein besonderes Anliegen. „Man wird groß unter Vorbildern und gibt das an Studierende weiter“, stellt Beer ein Lern- und Lehrkonzept dar, in dem Motivation und Engagement und vor allem die Überzeugung für das Life Long Learning essentiell sind. Wen wundert´s, dass er neben seiner Lehrtätigkeit an der Medizin Uni, wo er gemeinsam mit Prof. Schmutzhard im Rahmen des Netzwerks ASEA Uninet kürzlich auch in Malaysia lehrte, noch Leiter der Ausbildungskommission der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN), Vertreter der ÖGN im „Subspeciality Scientific Panel on Coma and Chronic Disorders of Consciousness“ der European Academy of Neurology (EAN), Mitglied im „Advisory Board on Intracerebral Hemorrhage“ der European Stroke Organization (ESO) und Mitglied in diversen Leitlinienkommissionen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) ist?
Bei so vielen Aufgaben und den hohen Anforderungen der Intensivmedizin braucht es nicht nur Entspannung – die sucht und findet Ronny Beer am liebsten bei der Gartenarbeit –, sondern auch ein ausgleichendes kollegiales und familiäres Netzwerk. „Meine Ehefrau ist diplomierte Intensivpflegerin, sie weiß, wie mein Arbeitstag an der neurologischen Intensivmedizin aussieht und bringt mir das nötige Verständnis entgegen;“, erzählt Ronny Beer, der sich auch beruflich als Teamplayer sieht. Erst die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den KollegInnen der Univ.-Klinik für Neurochirurgie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. Claudius Thomé), der Gemeinsamen Einrichtung für Internistische Intensiv- und Notfallmedizin (Leiter: Univ.-Prof. Dr. Michael Joannidis) und der Universitätsklinik für Allgemeine und chirurgische Intensivmedizin (u. a. Kooperation mit der Arbeitsgruppe von ao.Univ.-Prof. Dr. Dietmar Fries) komplettiere seine Arbeit.
(D. Heidegger)
Links:
Univ.-Klinik für Neurologie
AG Neurologische Intensivmedizin
Weitere Reportagen über NachwuchswissenschafterInnen an der Medizinischen Universität Innsbruck
*Die im Rahmen dieser Reportageserie portraitierten WissenschafterInnen besetzen eine A2-Laufbahnstelle als Assoziierte ProfessorInnen an der Medizinischen Universität Innsbruck. Voraussetzung dafür ist die Erfüllung einer Qualifizierungsvereinbarung, die unter anderem erfolgreiche Forschungsleistung, Lehre und Einwerbung von Drittmitteln umfasst.