Genetische Einblicke in den Lebenszyklus der Brustdrüse
Die Spezifizierung hormon-regulierter Mechanismen für die Genregulation stand im Mittelpunkt einer neuen Forschungsarbeit von PhD-Studentin Dipl.-Ing.in Michaela Willi und Kollegin Kyung Hyun Yoo, PhD. Dabei konnten sie am Beispiel der Umstrukturierung des weiblichen Brustgewebes nach der Laktation das regulatorische Zusammenspiel mehrerer Hormone-aktivierter Transkriptionsfaktoren erforschen.
Innerhalb dieses Jahres ist es bereits die zweite Forschungsarbeit, die Michaela Willi in einem Top-Journal publizieren konnte. Das anerkannte Magazin Nucleic Acids Research berichtete über die neuen Einblicke, die Willi in ihrem derzeitigen Forschungsaufenthalt an den US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH) gewann. Die 28jährige biomedizinische Informatikerin ist gerade dabei, ihr Doktorat im PhD-Programm Molecular Cell Biology unter der Betreuung von Univ.-Prof. Dr. Zlatko Trajanoski (Direktor der Sektion für Bioinformatik am Innsbrucker Biozentrum) abzuschließen und forscht seit über einem Jahr im Rahmen des „Individual Graduate Partnership-Programms“ zwischen Medizinischer Universität Innsbruck und dem NIH im Team von Lothar Hennighausen PhD am NIDDK (The National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases) in Bethesda, USA.
Hormonabhängige Transkriptionsfaktoren regulieren Brustgewebsrückbildung
Um das von dem Hypophysenhormon Prolaktin kontrollierte und für die Umstrukturierung des Brustgewebes verantwortliche molekulare Programm besser verstehen zu können, werden im Labor von Lothar Hennighausen vorwiegend genetische Untersuchungen an Mäusen während der Schwangerschaft, Laktation und Involution untersucht. „In dieser Studie haben wir uns mit der Rückbildung des Brustgewebes nach der Laktation beschäftigt und das ausführende genetische Programm aufgefädelt. Dazu haben wir molekulare Mikroskope eingesetzt und das Zusammenspiel von Transkriptionsfaktoren mit Genen und dem Chromatin untersucht“, erklärt die junge Bioinformatikerin. „Die Rückbildung der milchproduzierenden Strukturen ist ein essentieller Vorgang, der die Brust auf die nächste Schwangerschaft und Laktation vorbereitet. Ferner ist es notwendig das Gewebe, welches nicht mehr benötigt wird, abzubauen“, erläutert Willi.
Zytokine wie Prolaktin aktivieren den Transkriptionsfaktor STAT5, um zellspezifische Gene – in diesem Fall brustgewebsspezifische Gene während der Laktation – nicht jedoch universelle, also stetig aktivierte Gene, anzuschalten. Während der Laktation belegt STAT5 burstgewebsspezifische wie auch allgemeine Enhancerelemente (Enhancer sind Abschnitte mit charakteristischer Basenabfolge in der eukaryotischen DNA, welche die Anlagerung des Transkriptionskomplexes, in diesem Fall STAT5, ermöglichen und somit die Aktivität eines Gens verstärken), wobei der zugrunde liegende Mechanismus – worin der Unterschied zwischen der Aktivierung der beiden Genklassen liegt – bisher unbekannt war.
Nach der Laktation, also nach dem Abstillen der Jungen, sinken die Prolaktin-Levels und die burstgewebsspezifischen STAT5 Elemente bilden sich binnen 24 Stunden zurück, nicht jedoch die universellen“, berichtet Michaela Willi, die im Rahmen der erfolgreichen Zusammenarbeit mit ihren ForscherkollegInnen im Labor belegen konnte, dass diese Unterschiede in der Spezifität auf der STAT5 Konzentration und dem autoregulatorischen Enhancer des Stat5 Gens beruhen. „Ist der autoregulatorische Enhancer nicht vorhanden“, so Willi, „können keine burstgewebsspezifischen, wohl aber universelle Enhancer aktiviert werden. Dieses Phänomen konnten wir während der Rückbildung des Brustgewebes sowie in Mäusen mit einer Mutation des autoregulatorischen Enhancers zeigen. Hinzu kommt, dass STAT5 teilweise durch STAT3, ein mit Zelltod und Umstrukturierung von Geweben im Zusammenhang stehender Transkriptionsfaktor, ersetzt wird“.
Fazit: Das Brustgewebe nutzt mindestens drei Mechanismen, um Zytokin-empfängliche Gene zu regulieren. Zum einen werden STAT5-Levels durch einen autoregulatorischen Enhancer kontrolliert, weiters reagieren regulatorische Elemente unterschiedlich auf STAT5-Levels und außerdem erfolgt die Deaktivierung von STAT5 durch den Austausch mit STAT3.
Das Zusammenspiel von Zytokinen und dem Transkriptionsfaktor STAT5 ist auch für die Regulation von Leber- und spezifischen T-Zell-Genen relevant, sodass weitere Forschungsarbeiten von Michaela Willi bzw. aus dem Labor von Lothar Hennighausen auf ein noch besseres Verständnis dieser Genaktivierungs-Maschinerie abzielen.
Globalität – Merkmal moderner Forschung
Diese erstmaligen Einblicke in die Unterschiede zwischen brustgewebsspezifischen und allgemeinen Zytokin-basierenden Enhancern sind das Ergebnis effizienter und engagierter Zusammenarbeit der WissenschafterInnen aus verschiedenen Disziplinen. „Meine Kollegin Kyung Hyun Yoo – inzwischen Assistant Professor an einer Elite Uni in Südkorea – lieferte die Daten aus dem Labor, die ich anschließend mittels bioinformatischer Methoden auf ihre globale Charakteristiken analysierte“, beschreibt Michaela Willi. Aufgrund derartiger kooperativer Arbeitsprozesse am NIH wurde ihr besonders bewusst, dass interdisziplinäre Kollaborationen sowie die Nutzung guter Serviceeinrichtungen wichtiger denn je sein werden, um komplexe Forschungsfragen zu beantworten und Publikationen in angesehenen Fachmagazinen erreichen zu können. Willi arbeitet auch an klinischen Studien mit Onkologen in Südkorea. „Bei einem geplanten Forschungsaufenthalt in the land oft the morning calm werde ich genomweite Daten von KrebspatientInnen analysieren, um molekulare Einblicke in Darmkrebs zu gewinnen“, so Willi.
(D. Heidegger)
Links:
Differential cytokine sensitivities of STAT5-dependent enhancers rely on Stat5 autoregulation. Willi M, Yoo KH, Wang C, Trajanoski Z, Hennighausen L. Nucleic Acids Res. 2016 Sep 30. [Epub ahead of print]
NIDDK - The National Institute of Diabetes and Digestive and Kidney Diseases
NIH - National Institutes of Health