Ärztekammer Tirol zeichnet zwei Neurologen aus
Im Rahmen der Geehrtenfeier 2017 der Tiroler Ärztekammer im März wurden auch an zwei Forscher der Univ.-Klinik für Neurologie (Direktor o.Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe) Wissenschaftspreise verliehen. Univ.-Prof. Dr. Gregor Wenning erhielt den Dr.-Johannes-Tuba-Preis für Gerontologie und Geriatrie, Dr. Philipp Mahlknecht wurde mit dem Förderungspreis für junge ärztliche WissenschafterInnen ausgezeichnet.
Das berufliche oder außerberufliche Wirken von Ärztinnen und Ärzten sowie die wissenschaftlichen Arbeiten von MedizinerInnen werden von der Ärztekammer Tirol regelmäßig ausgezeichnet. Der von Hertha Tuba nach dem Tod ihres Mannes, Hofrat Prim. Dr. Johannes Tuba, gestiftete Dr.-Johannes-Tuba-Preis für Gerontologie und Geriatrie stellt der Ärztekammer für Tirol einmal jährlich einen Betrag zur Förderung von wissenschaftlichen Arbeiten oder einer besonders herausragenden Tätigkeit auf den Gebieten der Gerontologie und Geriatrie zur Verfügung. Der zweite, seit 1975 verliehene Wissenschaftspreis ist ein Förderungspreis für junge ärztliche WissenschafterInnen und wird an Personen unter 40 Jahren verliehen.
Meilenstein für MSA-Therapie
In diesem Jahr ging der Dr.-Johannes-Tuba-Preis für Gerontologie und Geriatrie an den Neurobiologen Gregor Wenning, der sich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit den Ursachen, dem Verlauf und der Therapie der progressiven neurodegenerativen Multisystematrophie, MSA, befasst. „Die tödliche Erkrankung, für die es bis heute keine wirksame Therapie gibt, präsentiert sich in den meisten Fällen im mittleren oder höheren Lebensalter mit einem rasch progredienten Parkinson-Syndrom sowie vegetativen Symptomen, etwa Blasen- und Kreislaufschwäche, und wird häufig mit der klassischen Parkinson-Krankheit verwechselt“, weiß der Leiter der Abteilung für Neurobiologie, der 1999 gemeinsam mit Klinik-Direktor o.Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe in Innsbruck eine europäische MSA-Studiengruppe (EMSA-SG) etabliert hat, um das Defizit an multizentrischen Daten zum natürlichen Verlauf der MSA zu beheben. In der nun von der Ärztekammer prämierten und durch das 5. Rahmenprogramm der EU geförderten EMSA Studie sind 141 MSA PatientInnen in 20 Zentren über zwei Jahre lang beobachtet worden. „Dabei wurde zur Quantifizierung des Krankheitsverlaufs eine von uns in Innsbruck entwickelte Skala (UMSARS) – mittlerweile weltweiter Goldstandard für MSA Studien – eingesetzt“, so Wenning. Die erhobenen UMSARS Progressionsraten bestätigten die klinische Erfahrung der raschen Verschlechterung und wurden seither in zahlreichen diagnostischen und therapeutischen Studien zur Berechnung der erforderlichen Fallzahl herangezogen. Die Natural History Studie kann als Flaggschiffprojekt der EMSA Gruppe betrachtet werden und stellt als erste Studie ihrer Art einen Meilenstein auf dem Weg zu künftigen Therapien der MSA dar.
Identifikation früher Marker
Neurodegenerative Erkrankungen stehen auch im Fokus der Forschung des jungen Neurologen Philipp Mahlknecht. In der vorliegenden Studie beschäftigte sich der Preisträger mit der idiopathischen REM-Schlaf Verhaltensstörung (REM-sleep behavior disorder, iRBD), die bei den meisten PatientInnen im weiteren Verlauf zu einer neurodegenerativen Erkrankung, am häufigsten einem Morbus Parkinson (MP) oder einer Demenz mit Lewykörperchen, führt. Nachdem bis zum Ausbruch eines MP oft Jahrzehnte vergehen, kommt der Identifikation von Markern für die frühe Konversion besondere Relevanz zu. Auch der teilweise Verlust des Geruchssinn (Hyposmie) gilt in vielen Fällen als Vorläufer des MP. „Ziel unserer Studie war deshalb die Ermittlung der prädiktiven Wertigkeit einer verminderten Geruchsfunktion bei iRBD PatientInnen für die Entwicklung einer neurodegenerativen Erkrankung“, erklärt Mahlknecht, der zeigen konnte, dass die mittels Sniffin’ Sticks erhobenen Geruchsfunktionswerte von iRBD PatientInnen signifikant niedriger waren im Vergleich zu gesunden Kontrollen und signifikant höher im Vergleich zu MP PatientInnen. Über einen Beobachtungszeitraum von fünf Jahren entwickelten 27 Prozent der iRBD PatientInnen eine Lewy-body Erkrankung. Diese iRBD PatientInnen hatten bereits am Beginn der Studie Geruchsfunktionswerte, welche sich nicht von denen der ParkinsonpatientInnen unterschieden und diese Geruchsfunktionsstörung war – mit einer Genauigkeit von 82 Prozent – hoch prädiktiv für die Entwicklung einer Lewy-body Erkrankung. „Nach weiteren, auf diesen Daten errechneten Fallzahlschätzungen lässt sich schlussfolgern, dass sich mittels eines Geruchstest iRBD PatientInnen für künftige neuroprotektive klinische Studien selektionieren ließen“, so Mahlknecht.
(D. Heidegger)
Links:
Wissenschaftspreise der Ärztekammer für Tirol
http://www.aektirol.at/wissenschaftspreise
Univ.-Klinik für Neurologie
https://www.i-med.ac.at/neurologie/
Abteilung für Klinische Neurobiologie
https://www.i-med.ac.at/neurobiology/