Acht neue FWF-Projekte für die Medizinische Universität Innsbruck
Die Bilanz aus den beiden vergangenen FWF-Kuratoriumssitzungen kann sich sehen lassen: Die Höhe der insgesamt eingeworbenen Drittmittel beträgt knapp über 2,7 Millionen Euro. An der Medizinischen Universität Innsbruck werden damit acht neue Forschungsprojekte – sechs Einzelprojekte, ein Projekt aus dem KLIF-Programm und ein Erwin-Schrödinger Rückkehrstipendium – unterstützt.
Die Stärkung der wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit Österreichs im internationalen Vergleich sowie seiner Attraktivität als Wissenschaftsstandort ist das Ziel des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, Österreichs zentraler Einrichtung zur Unterstützung der Grundlagenforschung.
Gemäß offizieller FWF-Statistik lag die Medizinische Universität Innsbruck bei den personalrelativierten Drittmitteleinnahmen im Zeitraum von 2012 bis 2016 stets im oberen Drittel. Und auch das Jahr 2017 beginnt erfolgreich.Neue Drittmittel für sechs Einzelprojekte gehen nun an Sebastian Herzog mit gleich zwei Projekten, Alexander Jesacher, Nikolaus Romani, Ramon Tasan und David Teis. Weitere Einwerbungen ergeben sich aus der Beteiligung an einem KLIF-Projekt durch Ursula Kiechl-Kohlendorfer und die positive Bestätigung der Beantragung der Rückkehrphase im Rahmen des Schrödinger-Stipendiums von Fabio Gsaller, der nach seiner PostDoc-Phase an der University of Manchester wieder an die Sektion für Molekularbiologie zurückkehrt.
Bewilligte Einzelprojekte (in alphabetischer Reihenfolge der Projektinhaber):
Molekulare Regulation des miR-17-92 clusters (Förderung: 364.019,25 €)
Assistenzprofessor Dr. Sebastian Herzog, Sektion für Entwicklungsimmunologie
MicroRNAs (miRNAs) sind kleine RNA-Moleküle in der Zelle, die beinahe alle biologischen Prozesse in Säugetieren kontrollieren. Viele Fragen sind dabei ungeklärt, etwa wie miRNAs selbst reguliert werden bzw. welchen Steuerungsmechanismen sie unterliegen. Deshalb wird in diesem Projekt der miR-17-92-Cluster genauer untersucht. Dieser Cluster umfasst insgesamt sechs verschiedene miRNAs, die in verschiedenen Tumorklassen fehlerhaft exprimiert werden und direkt zur Krebsentstehung beitragen. Mit Hilfe spezieller biologischer Sensoren sollen nun jene Gene identifiziert und genauer charakterisiert werden, die für diese fehlerhafte Expression verantwortlich sind. Dies könnte Ansatzpunkte für innovative Krebstherapien liefern.
Die Entschlüsselung der Funktion der miR-15-Familie (Förderung: 297.304,09 €)
Assistenzprofessor Dr. Sebastian Herzog, Sektion für Entwicklungsimmunologie
Im zweiten Projekt wird die tumorsuppressive miR-15-Familie genauer untersucht. Teile dieser Familie werden in ca. 60 Prozent aller Fälle von chronisch lymphatischer Leukämie (CLL), eine der häufigsten Form der Leukämie in Erwachsenen, inaktiviert. Darüber hinaus ist jedoch fast nichts über die Funktion dieser miRNAs unter physiologischen und pathophysiologischen Bedingungen bekannt. Um zu untersuchen, in welche Prozesse genau die miR-15-Familie involviert ist, sollen einzelne Mitglieder oder parallel alle Familienmitglieder ausgeschaltet werden. Je nachdem, welche biologischen Funktionen von diesem Verlust am stärksten betroffen sind, lassen sich Rückschlüsse auf die Rolle der jeweiligen miRNA machen. „Neben einer ersten Fokussierung auf das Immunsystem möchten wir auch untersuchen, ob und wie sich der Verlust der gesamten miR-15-Familie auf andere Krebserkrankungen neben CLL auswirkt“, so Projektleiter Herzog.
3D-Nanoskopie der Immunologischen Synapse (Förderung: 351.543,15 €)
Assoz. Prof. Dr. Alexander Jesacher, Sektion für Biomedizinische Physik
In Zusammenarbeit mit Prof. Gerhard Schütz vom Institut für angewandte Physik an der TU Wien soll eine der erstaunlichsten Eigenschaften unseres adaptiven Immunsystems erforscht werden, nämlich dessen einzigartige Empfindlichkeit bei der Unterscheidung von „Freund“ und „Feind“. Um die Kontaktstelle zwischen Abwehrzellen (T-Zellen) und Fremdproteinen genauestens zu untersuchen, sollen drei der weltweit präzisesten Einzelmolekül-Messtechniken weiterentwickelt und in einem einzigen Mikroskop vereint werden. „Wir erwarten, dass dadurch dreidimensionale Positionsbestimmungen im Bereich von bis zu 10 nm Genauigkeit möglich werden, was der Länge von etwa hundert Atomdurchmessern entspricht“, beschreibt Alexander Jesacher das Projektziel.
Dendritische Zellen humaner Haut als Ziel für Immunisierung (Förderung: 397.792,52 €)
Univ.-Prof. Mag.Dr. Nikolaus Romani und Assoz. Prof.in Priv.-Doz.in Mag.a Dr.in Patrizia Stoitzner, Universitätsklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Dendritische Zellen starten und steuern Immun-Abwehrreaktionen, auch gegen Krebs. Moderne Immuntherapien "entfesseln" prä-existente, oft unterdrückte, T Killer Lymphozyten, jedoch nicht in allen PatientInnen. Grund ist ein Mangel an krebsspezifischen, vor-aktivierten Lymphozyten. Es ist deshalb nötig, durch Vakzinierung vermehrt solche Killer zu generieren. Im Projekt werden Tumorvakzine mit Antikörpern fusioniert und dadurch gezielt an die dendritischen Zellen der Haut "adressiert". Im humanen Hautmodell wird die optimale Kombination aus Fusionsantikörper und "adressierter" dendritischer Zelle (z.B. Langerhanszelle) ermittelt, welche maximale CD8+ Killer T Zell Antworten ergibt. In künftiger Kombination mit modernen "Checkpoint Inhibitor" Immuntherapien kann das zu deutlich verbesserten klinischen Behandlungsergebnissen führen.
Bedeutung von Neurokinin B Neuronen im Bed Nucleus der Stria (Förderung: 399.441,00 €)
Assoz. Prof. Dr. Ramon Osman Tasan PhD, Institut für Pharmakologie
Ziel dieses Projekts ist ein besseres Verständnis der zugrundeliegenden neurobiologischen Mechanismen von Angsterkrankungen als Beitrag zur Entwicklung neuer Therapieoptionen. Neue Forschungsdaten deuten darauf hin, dass Neuropeptide, aus Aminosäuren aufgebaute Botenstoffe, an der Modulation von Angst (Vorahnung einer undefinierten Bedrohung) und Frucht (Reaktion auf klar definierte, präsente Gefahr) gleichermaßen beteiligt sind. Tachykinine, zu denen auch Neurokinin B (NKB) gehört, sind eine Gruppe solcher Neuropeptide, die häufig in limbischen Gehirnregionen, die an der Verarbeitung emotionaler Reize beteiligt sind, vorkommen, so auch im „Bed Nucleus der stria terminalis“ (BNST). NKB-haltige Neurone im BNST sollen nun mittels neurochemischer, elektrophysiologischer und transgener Methoden genauer untersucht und charakterisiert werden.
Dynamik der ESCRT-Komplexe während der MVB Biogenese(Förderung: 399.792,52 €)
Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. David Teis, Sektion für Zellbiologie
Damit Membran-Proteine ins Lysosom gelangen, müssen spezielle Membran-Container‚ multivesicular bodies’ (MVB), gebaut werden. Diesen Prozess katalysiert die ESCRT-Maschine und muss dabei zelluläre Membranen in einer einzigartigen Weise verformen. Interessanterweise verformt die ESCRT-Maschine Membranen auch in anderen wichtigen zellbiologischen Prozessen, wie bei der HIV Sprossung von infizierten Zellen, der Zellteilung und am Zellkern. Wie die ESCRT Maschine das macht, ist eines der großen Rätsel in der Biologie. Deshalb wird im Projekt eine Reihe von modernsten genetischen, bildgebenden und biochemischen Verfahren miteinander kombiniert. Quantitative, dynamische und mechanistische Daten über die ESCRT-Maschine sollen analysiert und mit morphologischen Daten über Membran-Verformungen verknüpft werden.
Projekt aus dem KLIF-Programm:
Zerebrale Sauerstoffsättigung zur Steuerung der Erstversorgung von Frühgeborenen (Förderung: 359.124,00 €)
Univ.-Prof.in Dr.in Ursula Kiechl-Kohlendorfer, Universitätsklinik für Pädiatrie II
In dieser multizentrischen klinischen Studie (COSGOD III) wird die Anpassung von sehr kleinen Frühgeborenen unmittelbar nach Geburt untersucht. Um beurteilen zu können, ob ein Frühgeborenes im Rahmen der Erstversorgung zusätzlichen Sauerstoff braucht oder nicht, wird untersucht, ob neben der routinemäßigen Monitorisierung der arteriellen Sauerstoffsättigung und der Herzfrequenz die zusätzliche Überwachung der Sauerstoffsättigung des zerebralen Gewebes mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) genauere Informationen zu dieser Fragestellung liefern kann. Das Studienzentrum ist an der Neonatologie der Medizinischen Universität Graz angesiedelt, das Innsbrucker Team um Ursula Kiechl ist als teilnehmendes Zentrum mit involviert.
Erwin-Schrödinger-Auslandsstipendien mit Rückkehrphase:
Genetic Pursuit of Antifungal Drug Mechanisms of Action (Förderung: 154.940,00 €)
Dr. Fabio Gsaller, Sektion für Molekularbiologie
Weltweit sind etwa 1,7 Milliarden Menschen von Pilzinfektionen betroffen, wovon mehr als 1,5 Millionen jährlich tödlich verlaufen. Ein signifikanter Anteil der Todesfälle ist mit dem Schimmelpilz Aspergillus fumigatus assoziiert. Aufgrund limitierter Therapieoptionen und kontinuierlich ansteigender Resistenzbildung gegen momentan verfügbare Medikamente besteht ein dringender Bedarf an neuen Behandlungsstrategien. Ziel dieses Projekts ist es, in Zusammenarbeit mit der Manchester Fungal Infection Group und der Arbeitsgruppe von Prof. Hubertus Haas der Sektion für Molekularbiologie, neue antifungale Angriffspunkte für die Entwicklung neuartiger Medikamente zu identifizieren. Ein weiterer Fokus des Projekts liegt auf der Entschlüsselung der molekularen Grundlage klinisch-relevanter Resistenzmechanismen in A. fumigatus.
(D. Heidegger)
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