Junge ForscherInnen an der MUI: Alexander Jesacher
Im Rahmen der Reportageserie „Junge ForscherInnen an der MUI“ werden NachwuchswissenschafterInnen der Medizinischen Universität Innsbruck vor den Vorhang geholt. Ihre Gemeinsamkeit: Sie betreiben seit Jahren erfolgreich medizinische (Grundlagen)Forschung – das belegen zahlreiche wissenschaftliche Publikationen und die Einwerbung von Drittmitteln – und sind mit ihrem Wissen in der Lehre tätig*.
Diesmal portraitieren wir Assoz. Prof. Dr.rer.nat Alexander Jesacher von der Sektion für Biomedizinische Physik. An der von Univ.-Prof.in Dr.in Monika Ritsch-Marte geleiteten Abteilung forscht der junge Physiker bereits seit rund 13 Jahren zu unterschiedlichen mikroskopischen Verfahren vor allem im Fachbereich der adaptiven Optik. Seine wissenschaftlichen Erkenntnisse sollen zur Entwicklung innovativer physikalischer Methoden für die Medizin und Zellbiologie beitragen.
Der 38jährige gebürtige Osttiroler Alexander Jesacher wollte schon als Kind Erfinder werden. Die Entscheidung, Physik zu studieren war schließlich auch aus heutiger Sicht die richtige und dürfte außerdem von zwei weiteren Begebenheiten in seiner Jugend begünstigt worden sein. „Einerseits gab es im elterlichen Wohnzimmer stets Gelegenheit, in den zahlreichen populärwissenschaftlichen Büchern und Zeitschriften meines Vaters zu stöbern, andererseits vermisste ich während der Schulzeit in der HTL die tiefer gehende Theorie“, erzählt Alexander Jesacher, dessen Interesse an den grundlegenden Phänomenen der Natur schließlich zu einem Physik-Studium an der Universität Innsbruck führte. Die Verbindung zur Sektion für Biomedizinische Physik ergab sich schon mit Diplom- und Doktorarbeit, die er auf dem Gebiet der Experimentalphysik unter ao.Univ.-Prof. Dr. Stefan Bernet, dem stellvertretenden Leiter der Abteilung, abschloss.
Im Labor für „Biomedizinische Laseranwendungen“, das von Prof.in Ritsch-Marte und Prof. Bernet gemeinsam geleitet wird, entstehen jene Technologien, die den Einsatz von Licht für relevante (bio)medizinische Anforderungen ermöglichen. Hier hat Alexander Jesacher jenen Arbeitsplatz gefunden, an dem er seinen „Erfindergeist“ anwendungsorientiert ausleben kann. „Neben dem ausgesprochen guten Arbeitsklima an der Sektion zeichnet sich mein Arbeitsplatz vor allem durch ein top ausgestattetes Labor aus, das wir dem ERC Advanced Grant meiner Chefin verdanken“, betont Jesacher, der nach seinem Doktorats-Studium im Studiengang „Image guided diagnosis and therapy“ am Department für Engineering Science an der Universität Oxford ein weltweit führendes Institut auf dem Gebiet der adaptiven Optik kennenlernen durfte und diesen Forschungsfokus auch im Rahmen seiner A2-Stelle beibehalten hat. „Der Ausgleich von Aberrationen, also Abweichungen von der idealen optischen Abbildung, ist ein spannendes Forschungsfeld, in dem sich aktuell sehr viel verändert und bewegt“, so der junge Physiker, der sich neben der optischen Mikromanipulation auf die Entwicklung von Anwendungen für räumliche Lichtmodulatoren, sogenannten Spatial Light Modulators (SLMs) spezialisiert hat. SLMs bezeichnen elektro-optische Elemente, mit denen Licht praktisch beliebig geformt werden kann. Bei der adaptiven Optik, einer Anwendung von SLMs, werden vorhandene Verzerrungen, die durch die Gewebeschichten einer Probe entstehen, kompensiert und es entsteht ein klares Bild“, erklärt Jesacher den Mehrwert für die diagnostische Medizin. Die Technik leitet sich ursprünglich aus der Astronomie ab, wo dasselbe Konzept für große erdgebundene Teleskope funktioniert, um Luftturbulenzen in der Atmosphäre auszugleichen.
Sein Know-How auf diesem Gebiet hat ihm 2015 auch den mit 100.000 Euro dotierten SAOT Young Researcher Award in Optical Technologies der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) eingebracht. Mit dieser Auszeichnung erhielt Alexander Jesacher die Gelegenheit, seine Forschungsarbeiten in Zusammenarbeit mit verschiedenen Wissenschafterinnen und Wissenschaftlern in Erlangen fortzusetzen und als Gastprofessor zudem Vorlesungen an der FAU zu halten. Einmal pro Monat reist er seither nach Erlangen – vor allem auch, um sich mit seinem PostDoc über aktuelle Forschungserkenntnisse auszutauschen.
Die Probe als Teil des Mikroskops
Die Anpassung des Systems an die zu untersuchende Probe bildet so etwas wie einen Leitgedanken der wissenschaftlichen Tätigkeit von Alexander Jesacher und entspricht auch einer starken Motivation für die Anwendung von SLMs. Ein Ziel dieser Technik ist es, auch sehr dickes, lebendes Gewebe zu durchleuchten, etwa, um Aktivitäten von Neuronen im Gehirn einer Maus während des Denkvorgangs sichtbar zu machen. Hier hilft die adaptive Optik, Abbildungsfehler auszugleichen. „Auch bei der Untersuchung von transparenten Objekten, wie Einzelzellschichten, zeigt die programmierbare Optik ihren großen Benefit für die Biomedizin. Zwar können transparente Zellen durch das Phasenkontrastobjektiv betrachtet werden, doch nicht jede Probe lässt sich mit dieser starren Methode ideal abbilden. Mit der spezifischen Programmierung der Abbildungseigenschaften ist es möglich, den Phasen-Kontrast live zu optimieren“, erklärt Alexander Jesacher und meint damit unter anderem den an der Sektion für Biomedizinische Physik erfundenen Spiralphasenkontrast, mit dem Diskontinuitäten in Probenstrukturen deutlich sichtbar gemacht werden können.
Neben der programmierbaren Optik forscht Jesacher im Rahmen eines neuen FWF-Projekts auch auf dem Gebiet der 3D-Nanoskopie, also der höchstauflösenden Fluoreszenzmikroskopie. In Zusammenarbeit mit Prof. Gerhard Schütz vom Institut für angewandte Physik an der TU Wien nimmt der leidenschaftliche Physiker das adaptive Immunsystem unter die Lupe, genauer, die Kontaktstelle zwischen Abwehrzellen (T-Zellen) und Fremdproteinen. „Wir wollen drei der weltweit präzisesten Einzelmolekül-Messtechniken weiterentwickeln und in einem einzigen Mikroskop vereinen. Dadurch erwarten wir uns dreidimensionale Positionsbestimmungen im Bereich von bis zu 10 nm Genauigkeit“, erklärt der Medizin-Physiker, dem die Weitergabe seines Know-Hows an Studierende in Block-Seminaren oder in der Vorlesung „Einführung in die Optik“ großen Spaß macht.
Genauigkeit und konzentriertes Arbeiten werden bei Alexander Jesacher im Labor groß geschrieben – zwei Eigenschaften, die ihm auch bei seiner Lieblingsbeschäftigung abseits von Linsen, Lasern und Mikroskopen zu Gute kommen: dem Sportklettern. Und wenn er einmal in der Woche nach der Arbeit den Labormantel gegen die Kletterschuhe tauscht, um in der Kletterhalle Axams die Aufsicht zu übernehmen, freut das nicht nur ihn, sondern auch seine Frau und die beiden jungen Söhne, die vom Klettersport ebenso begeistert sind.
(D. Heidegger)
Links:
Sektion für Biomedizinische Physik
https://www.i-med.ac.at/dpmp/bmp/
Liechtenstein-Preis 2006 verliehen
https://www.i-med.ac.at/mypoint/archiv/2007022301.xml
Weitere Reportagen über NachwuchsforscherInnen an der Medizinischen Universität Innbsruck
https://www.i-med.ac.at/forschung/nachwuchsforschung.html
*) Die im Rahmen dieser Reportageserie portraitierten WissenschafterInnen besetzen eine A2-Laufbahnstelle als Assoziierte ProfessorInnen an der Medizinischen Universität Innsbruck. Voraussetzung dafür ist die Erfüllung einer Qualifizierungsvereinbarung, die unter anderem erfolgreiche Forschungsleistung, Lehre und Einwerbung von Drittmitteln umfasst.