EU-Projekt VISAGE: Verbrechensaufklärung durch genetisches Phantombild
Neue Ermittlungsansätze sollen helfen, Licht in ungeklärte Verbrechen zu bringen. Mit der Erstellung eines Phantombilds aus der DNA einer biologischen Tatortspur können wichtige Fahndungshinweise gewonnen werden. Das Institut für Gerichtliche Medizin gewann mit einem europäischen Konsortium von 13 Partnern die Ausschreibung im Horizon 2020 SECURITY Programm. Das Projekt VISAGE soll neue DNA-Marker erforschen und Fahndungstools entwickeln, die zur Verbrechensaufklärung beitragen.
Kommissar DNA ist bei der Tatortarbeit in aller Munde. Die entscheidenden wissenschaftlichen Grundlagen dazu wurden Mitte der Achtziger Jahre in England gelegt und sind unter dem Begriff DNA Fingerprinting bekannt. Es war auch in England, wo Mitte der Neunziger Jahre die Idee umgesetzt wurde, DNA-Profile von unbekannten Tatortspuren in einer nationalen Datenbank zu verwalten und über die Treffer mit den DNA-Profilen verdächtiger bzw. rechtskräftig verurteilter Personen neue Ermittlungshinweise zu gewinnen. Dieses Konzept ist so erfolgreich, dass es mittlerweile in vielen Ländern der Erde umgesetzt wird und wesentlich zur Verbrechensbekämpfung beiträgt. Österreich kommt dabei eine Vorreiterrolle zu. Hier wurde die dritte DNA-Datenbank Europas in Betrieb genommen (1997) und zum ersten Mal Verbrechen im Rahmen systematischer Datenbankabgleiche mit dem Ausland (Prümverträge) geklärt. Das Institut für Gerichtliche Medizin (Direktor: o.Univ.-Prof. Dr. R. Scheithauer) führt das Österreichische DNA-Zentrallabor und berät das Innenministerium in wissenschaftlichen Belangen.
VISAGE: VISible Attributes through GEnomics
Biologischen Spuren ungeklärter Tatorte, die zu keinen Datenbanktreffern führen, soll nun das äußere Erscheinungsbild des Spurenlegers entlockt werden. „Wir entwickeln neue molekulare Werkzeuge, die Hinweise auf äußerliche Merkmale des Spurenverursachers geben“ erklärt ao. Univ.-Prof. Dr. Walther Parson vom Institut für Gerichtliche Medizin. „Wir versuchen das Phantombild aus der DNA einer biologischen Spur zu zeichnen, um somit wertvolle Ermittlungshinweise an die Polizei weitergeben zu können.“ Erste Ergebnisse zeigen, dass die Präzision durchaus mit jener herkömmlicher Zeugenaussagen konkurriert, diese zum Teil sogar übertrifft. „Die forensische Molekularbiologie beschreitet neue Wege. Wir verlassen den Pfad der klassischen DNA-Analytik und führen DNA-Bestimmung von Aussehen, geographischer Herkunft und Lebensalter in die kriminalistische Bewertung ein“, so Walther Parson. Im Konsortium werden neben den neuen naturwissenschaftlichen Entwicklungen auch ethische Fragestellungen erörtert. DNA-Daten sind Teil der Privatsphäre eines Menschen und müssen sorgsam behandelt werden. Forensische DNA-Untersuchungen sind in Österreich im Sicherheitspolizeigesetz und in der Strafprozessordnung geregelt.
VISAGE-Projektdaten
Das im Horizon 2020 EU-Rahmenprogramm etablierte Forschungsprojekt VISAGE ist Teil der SECURITY Programmlinie der EU mit einer Laufzeit von vier Jahren. Insgesamt sieben europäische Forschungsgruppen und sechs Polizeiinstitutionen arbeiten an diesem innovativen Forschungsvorhaben mit. Dem Institut für Gerichtliche Medizin kommt dabei eine Doppelrolle zu, da hier Forschung und forensische Praxis direkt ineinandergreifen. Das Gesamtbudget beträgt 5.000.000 Euro, Konsortialführer ist o.Univ.-Prof. Dr. Manfred Kayser vom Medizinischen Zentrum der Erasmus Universität Rotterdam. Die Innsbrucker Gerichtsmedizin nutzt ein Budget von über 1.000.000 Euro für die Entwicklung und Optimierung der neuen Fahndungswerkzeuge.
(W. Parson/ Public relations)
Weitere Informationen:
Institut für Gerichtliche Medizin
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