search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

home>mypoint>news>711103.html

foto_kronenberg_schaufensterkrankheit_news.jpg

Risikofaktoren für die „Schaufensterkrankheit“: Mega-Studie bringt neue Erkenntnisse

Eine Studie mit 800.000 TeilnehmerInnen bringt neue Erkenntnisse zur Früherkennung einer Verengung der Arterien im Bein- oder Beckenbereich: Eine eingeschränkte Nierenfunktion ist ein bisher unterschätzter Risikofaktor. In Europa haben rund 10 Prozent der Bevölkerung mindestens eine leichte Beeinträchtigung der Nierenfunktion. Die Auswertung erfolgte unter Federführung von Florian Kronenberg von der Medizinischen Universität Innsbruck und KollegInnen der Johns Hopkins University (USA).

Der Name klingt harmlos, aber die Folgen der sogenannten „Schaufensterkrankheit“, bei der die PatientInnen wegen Beinschmerzen beim Gehen aufgrund von Durchblutungsstörungen regelmäßig stehen bleiben müssen, können dramatisch sein: Eine Amputation kann als Folge einer Verengung von Arterien in der Bein- oder Beckenregion nötig werden. Das im Volksmund bekannte "Raucherbein" ist ebenfalls eine fortgeschrittene Form der peripheren Arteriosklerose (PAD), also einer Verengung der Arterien im Bein- oder Beckenbereich. Eine Früherkennung von RisikopatientInnen noch lange bevor erste Symptome auftreten, die eine möglichst frühzeitige Behandlung ermöglicht, ist daher besonders wichtig. Neueste Erkenntnisse dazu sind im renommierten Forschungsmagazin „Lancet Diabetes & Endocrinology“ veröffentlicht worden. Mit seinem amerikanischen Kollegen Kunihiro Matsushita von der „John Hopkins Bloomberg School of Public Health“ in Baltimore hat der Leiter der Sektion für Genetische Epidemiologie der Medizinischen Universität Innsbruck, Florian Kronenberg, aufgezeigt, dass eine eingeschränkte Nierenfunktion noch gravierender für die Entwicklung einer peripheren Arteriosklerose mitverantwortlich ist als bisher angenommen.

Grenzwerte für Nierenfunktionsparameter müssen diskutiert werden

Insgesamt konnten die ForscherInnen für die Analyse mehr als 800.000 Menschen aus 21 Kohortenstudien weltweit einschließen, die bei der Basisuntersuchung noch keine Gefäßverengung an den Beinen hatten. Fast 16.000 der StudienteilnehmerInnen entwickelten in den nachfolgenden Jahren eine sogenannte periphere Arteriosklerose an den Beinen (PAD). Dabei zeigte sich, dass die bei der Basisuntersuchung gemessenen eingeschränkten Nierenfunktionsparameter sehr eindeutig mit dem zukünftigen Auftreten einer PAD assoziiert sind und das unabhängig von den bekannten Risikofaktoren wie Alter, Geschlecht, Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes oder Cholesterin. „Vor allem der Albuminwert im Harn hat sehr entscheidend zum erhöhten Risiko beigetragen. Bereits bei Werten, die heute noch als normal angesehen werden, steigt das Risiko für eine PAD und vor allem für eine Amputation in Folge einer Gefäßverengung deutlich an“, sagt Florian Kronenberg. Bei einer Albuminausscheidung von 10 bis 30 mg/g steigt das Risiko für eine PAD kontinuierlich um zehn bis 50 Prozent und für eine Amputation um 40 bis 170 Prozent im Vergleich zu jenen Menschen mit einer Ausscheidung von nur 5mg/g an (siehe Abbildung). Die Ergebnisse dürften für Diskussionen in der Fachwelt sorgen. „Wir müssen überlegen, ob die bisherigen oberen Grenzwerte für diesen Nierenfunktionsparameter zu hoch angesetzt sind, da ähnliche Beobachtungen für andere kardiovaskuläre Erkrankungen gemacht worden sind.“ Das Risiko war nochmals deutlich erhöht, wenn beide Nierenfunktionsparameter schlecht waren: Bei einer glomerulären Filtrationsrate von unter 30 ml/min und einer Albuminausscheidung über 300 mg/g war das Risiko für eine PAD 5.8-fach und für eine Amputation um mehr als das zehnfache erhöht. 

Mega-Studien ermöglichen neue Erkenntnisse in der Medizin

Der Innsbrucker Epidemiologie Florian Kronenberg ist Experte für die Erforschung der eingeschränkten Nierenfunktion und war bereits in zahlreiche internationale Großstudien involviert. Er war bisher bei zwei internationalen Leitlinienentwicklungen als Arbeitsgruppen-Mitglied und bei der "Kidney Disease Outcomes Quality Initiative" der National Kidney Foundation (NKF KDOQI) und der „KDIGO – Kidney Disease – Improving Global Outcomes“ Initiative beteiligt. Die nun veröffentlichten Ergebnisse sind aus dem „Chronic Kidney Disease Prognosis Consortiums“ entstanden. „Die Vorteile einer solchen Zusammenarbeit überwiegen alle Schwierigkeiten“, sagt Kronenberg. Die statistische Power solcher Mega-Studien ermöglicht es, dass auch schon Risikofaktoren oder Risikomarker mit geringen Effekten mit hoher Zuverlässigkeit identifiziert werden können, was in kleinen Einzelstudien kaum oder nur mit sehr hoher Unsicherheit möglich ist. „Momentan bringen wir die Daten in genomweiten Assoziationsstudien zu Lipiden ein, in denen dann schlussendlich 1,5 bis 2 Millionen Probandinnen und Probanden untersucht werden“, gibt Kronenberg einen Ausblick auf weitere Forschungsergebnisse. Das Team der Sektion für Genetische Epidemiologie wird also mit seiner Beteiligung an weltweiten Mega-Analysen auch weiterhin zu neuen Erkenntnissen in der Medizin beitragen.

(B. Hoffmann-Ammann)

 

Links:

Measures of chronic kidney disease and risk of incident peripheral artery disease: a collaborative meta-analysis of individual participant data. The Lancet Diabetes & Endocrinology
http://dx.doi.org/10.1016/S2213-8587(17)30183-3

Comment in The Lancet Diabetes  Endocrinology
http://dx.doi.org/10.1016/S2213-8587(17)30256-5 

Sektion für Genetische Epidemiologie
http://www3.i-med.ac.at/genepi/

 

 

Aktuell