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Drexel Epilepsie

Molekularer Schalter für Epilepsie

Fortschritt in der Erforschung der Ursachen von Epilepsie: Eine innovative Arbeit vom Institut für Pharmakologie (Direktor: Univ.-Prof. Dr. F. Ferraguti) gibt neue Einblicke, welche Zellen für das Auslösen wiederkehrender epileptischer Anfälle entscheidend sein könnten. Die ForscherInnen um Mag. Meinrad Drexel PhD aus der Gruppe von Univ.-Prof. Dr. Günther Sperk haben einen Schalter für die Entstehung von Epilepsie gefunden. Die Erkenntnisse könnten helfen, neue Therapien zu entwickeln.

Epilepsie ist eine sehr häufige, neurologische Erkrankung. Weltweit leidet rund ein Prozent der Bevölkerung an dieser durch Krampfanfälle charakterisierten Krankheit. Damit gibt es global ungefähr gleich viele Menschen mit Epilepsie wie mit behandlungsbedürftigem Diabetes. Eine der häufigsten Epilepsieformen ist die sogenannte „Temporallappen-Epilepsie“ (TLE). Die medikamentöse Behandlung ist möglich, aber in vielen Fällen hilft nur eine operative Entfernung der betroffenen Hirnregionen, wie sie auch an der Neurochirurgie in Innsbruck durchgeführt wird. Aus histologischen Untersuchungen des entnommenen Gewebes ist bekannt, dass bestimmte Nervenzellen infolge der Anfälle absterben. Innsbrucker WissenschafterInnen haben nun diese Zellen, sogenannte Parvalbumin-enthaltene Korbzellen, im Hippocampus mit einem innovativen Forschungsansatz im Tierversuch untersucht. Bei Korbzellen handelt es sich um einen Subtyp hemmender Neurone. „Wir konnten diese Korbzellen ganz lokal, in einem kleinen Teil des Hippocampus selektiv inaktivieren ohne sie durch Neurodegeneration zu verlieren. Dieser geringfügige, aber hochselektive ,Eingriff‘ bewirkte, dass die Mäuse wiederkehrende spontane epileptische Anfälle, also Epilepsie, entwickelten“, erklärt Erstautor Mag. Meinrad Drexel, PhD. „Die Ergebnisse belegen, dass diese Nervenzellen für die Aufrechterhaltung hippocampaler Funktionen entscheidend sind und schon ihre punktuelle Ausschaltung für die Auslösung von epileptischen Anfällen verantwortlich ist. Allerdings muss diese Inaktivierung permanent sein. Wenn wir dieselben Neurone nur vorübergehend inaktivierten, entwickelten die Mäuse keine Epilepsie“. Die Innsbrucker WissenschafterInnen dürften damit einen molekularen bzw. zellulären Schalter für die Entstehung epileptischer Anfälle gefunden haben. Die Erkenntnisse wurden im renommierten „Journal of Neuroscience“ veröffentlicht.

Komplexe Grundlagenforschung soll zu neuen Therapiemöglichkeiten führen
Untersuchungen zur Funktion der Interneurone (hemmende Neurone) des Hippocampus sind sehr komplex: Heute sind über 20 funktionell unterschiedliche Interneurone beschrieben. Die Arbeiten aus Innsbruck zeigen nun, dass eine Subgruppe dieser Neurone wesentlich für den Schutz vor unkontrollierter Aktivierung erregender Pyramidenzellen ist. Ihre Ausschaltung führt zu Epilepsie. Dass dieselben Neurone auch für die menschliche Epilepsie bedeutend sind, belegen frühere Beobachtungen, die zeigen, dass sie in Hippocampi, die zu therapeutischen Zwecken bei Epilepsiepatienten entfernt wurden, aber auch in Tiermodellen der TLE, verloren gehen. Den kausalen Zusammenhang mit der Entstehung der Epilepsie stellen nun die Innsbrucker Untersuchungen her.

Darüber hinaus ist das an der Medizinischen Universität Innsbruck erstmals verwendete Tiermodell für die weitere Epilepsieforschung von großer Bedeutung. „Die Verwendung bestimmter transgener Mäuse hat es erlaubt mit Hilfe lokaler Injektionen eines viralen Vektors nur eine Subgruppe von Nervenzellen in den komplexen Schaltkreisen des Hippocampus zu inaktivieren, ohne sie zu zerstören“, erklärt Günther Sperk, Leiter der Forschungsgruppe. Die ForscherInnen haben für die Blockierung der neuronalen Zellen in den Mäusen einen veränderten Virus, einen sogenannten viralen Vektor injiziert. Dieser Vektor exprimiert Tetanus-Toxin, allerdings nur in jenen Zellen, die durch den Typ der verwendeten transgenen Mäuse bestimmt werden (Parvalbumin-enthaltende Korbzellen). Das Toxin hemmt dann die Transmitterfreisetzung aus Parvalbumin-Zellen und inaktiviert so ihre Funktion im neuronalen Netzwerk. Dieser innovative Ansatz kann nun auch zur Erforschung der Funktion anderer Interneurone des Hippocampus verwendet werden. „Das Ziel ist es, zukünftig die neuronalen Zellen nicht nur selektiv auszuschalten, sondern auch selektiv zu aktivieren und somit ihre Funktion wiederherzustellen“, erklärt Günther Sperk.

Publikation:

Selective Silencing of Hippocampal Parvalbumin Interneurons Induces Development of Recurrent Spontaneous Limbic Seizures in Mice.
AutorInnen: Drexel M, Romanov RA, Wood J, Weger S, Heilbronn R, Wulff P, Tasan RO, Harkany T, Sperk G.

 

(Barbara Hoffmann-Ammann)

 

Weitere Informationen:

- Institut für Pharmakologie

- Publikationen M. Drexel & G. Sperk

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