Sehen ist Wissen – ESCRTs bei der Arbeit zusehen
Viele Prozesse in unseren Zellen, wie die Sekretion von Hormonen, die Aufnahme von Nährstoffen, die Zellteilung und der Abbau von Proteinen im Lysosom können nur ablaufen, weil Membranen ständig verformt werden. Defekte in diesen Prozessen sind mit einer Vielzahl von Erkrankungen verbunden. Komplexe molekulare Maschinen stellen sicher, dass diese Vorgänge reibungslos ablaufen. Einer davon konnten ForscherInnen der Sektion für Zellbiologie nun im wahrsten Sinne des Wortes bei der Arbeit zusehen.
„Die ESCRT (Endosomal Sorting Complexes Required for Transport) Maschine ist ein Proteinkomplex, der bestimmte Membranen in einem gerichteten Vorgang zuerst verbiegen und dann zurechtschneiden kann. Wie die ESCRT Maschine das genau macht, ist eines der großen ungelösten Rätsel in der Biologie“, erzählt der Zellbiologe David Teis, der mit seiner Arbeitsgruppe am Biozentrum an der Aufklärung dieser Maschine arbeitet, um den spezifischen Abbau von integralen Membranproteinen in Lysosomen zu verstehen.
Die Membran-Verformung als Live-Übertragung
Gemeinsam mit Michael Hess aus der Sektion für Histologie und Embryologie und Forschungsteams des MRC-LMB, Cambridge, UK (John Briggs) sowie des Department of Cell Biology, Harvard Medical School, Boston, USA (Tomas Kirchhausen), konnten David Teis, PhD-Studentin Simona Migliano und Manuel Alonso Y Adell dieser Maschine nun in lebenden Zellen bei der Arbeit zusehen. Mithilfe genetischer Experimente in Bäckerhefe – dem am besten geeigneten Modellsystem – und mit quantitativer 3D-Lattice Light Sheet Mikroskopie sowie korrelativer Elektronen-Tomographie konnten wichtige Teile dieses Rätsels gelöst werden.
„Durch die einzigartige Kombination dieser ‚cutting edge’ Technologien ist es uns gelungen, die dynamischen Eigenschaften der ESCRT Maschine auf Endosomen zu beschreiben, also die Anzahl der Moleküle, die Verweil-Dauer und die Dynamik. Dann haben wir diese Parameter spezifisch, innerhalb von wenigen Sekunden, manipuliert und die Konsequenz charakterisiert“, erklärt Simona Migliano, die führend am Projekt mitgearbeitet hat. Diese Resultate erlauben es nun, den essentiellen Prozess der Membran-Verformung erstmals quantitativ zu erfassen. „Jetzt sind wir in der Lage darzustellen, welche Teile der Maschine, welche Schritte, zu welchem Zeitpunkt ausführen“, so Migliano.
David Teis und Simona Migliano gewähren Einblicke in die Arbeit der ESCRT-Maschinen. |
„Unsere soeben in eLife publizierten Entdeckungen legen einen wichtigen Grundstein, auf den neue Erkenntnisse aus zahlreichen Bereichen der life sciences aufbauen werden“, schließt David Teis vor dem Hintergrund, dass die ESCRT Maschine in unterschiedlichsten biologischen Prozessen zum Einsatz kommt – bei der Sprossung von HIV aus infizierten Zellen genauso wie am Ende der Zellteilung oder zur Reparatur von Schäden an der Plasma Membrane oder am Zellkern und zur Biogenese von ‚multivesicular bodies’ (MVBs) und Exosomen.
Das Forschungs-Projekt ist Teil des MCBO PhD Programms (FWF-W1101-B18) und wird durch das Einzelprojekt FWF P 30263 unterstützt.
(D. Teis / D. Heidegger)
Links:
Recruitment dynamics of ESCRT-III and Vps4 to endosomes and implications for reverse membrane budding. Adell MAY, Migliano SM, Upadhyayula S, Bykov YS, Sprenger S, Pakdel M, Vogel GF, Jih G, Skillern W, Behrouzi R, Babst M, Schmidt O, Hess MW, Briggs JA, Kirchhausen T, Teis D. Elife. 2017 Oct 11;6.
https://doi.org/10.7554/eLife.31652.001
Sektion für Zellbiologie
https://www.i-med.ac.at/cellbio/
Group Teis
https://www.i-med.ac.at/cellbio/labore/Membrane_Traffic_and_Signaling/index.html
MCBO (FWF-W1101-B18)
https://phd-school.i-med.ac.at/
NEWS-Archiv: Wie Zellen ihren Sondermüll entsorgen
https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/682025.html