Spannende Einblicke in ein wichtiges Gehirnprotein
Wie funktionieren neuroprotektive Prozesse im Gehirn? Mit der Beantwortung dieser Frage beschäftigt sich die Arbeitsgruppe von Gabriele Baier-Bitterlich am Institut für Neurobiochemie (Leiterin: Christine Bandtlow). Jetzt haben die WissenschafterInnen am Biozentrum der Medizinischen Universität Innsbruck neue Erkenntnisse über die Proteinkinase N1 generiert, deren physiologische Funktion im Gehirn bisher unbekannt war.
Oberstes Ziel der Forschungsarbeit von Gabriele Baier-Bitterlich und ihren KollegInnen ist es, neuroprotektive Mechanismen im Gehirn zu erforschen. In vorangegangenen Arbeiten konnte gezeigt werden, dass die Proteinkinase N1 (PKN1/PRK1) eine Rolle bei der Purinnukleosid-vermittelten Neuroprotektion von durch Sauerstoffmangel gestressten Neuronenkulturen spielt. Abgesehen von diesen in vitro Ergebnissen und der Evidenz einer Deregulierung in neurologischen Erkrankungen war die physiologische Funktion der PKN1 im Zentralnervensystem bisher noch nicht bekannt. „Obwohl PKN1 0,01 % des Gesamtproteins im Gehirn ausmacht, wurde sie bisher hauptsächlich in Zusammenhang mit bestimmten Krebserkrankungen studiert,“ erklärt Stephanie zur Nedden, Erstautorin der Publikation. Mit ihren jüngsten Forschungsergebnissen ist die Arbeitsgruppe nun einen großen Schritt weitergekommen: Die Erkenntnisse aus Innsbruck wurden im renommierten „Journal of Clinical Investigation“ veröffentlicht und geben erstmals Einblicke in die Gehirn-spezifische Funktionsweise der PKN1.
Wichtige Funktion bei der Entwicklung des Kleinhirns
Mit Hilfe von PKN1 Knock-out-Mäusen haben sich die ForscherInnen dabei vor allem auf die Untersuchung des Kleinhirns fokussiert, da das Expressions-Level von PKN1 dort am höchsten ist. Das Kleinhirn ist insbesondere für die Funktionen der Motorik und Koordination von Bedeutung. „Der langwierige Prozess, um die Entwicklung des Kleinhirns zu erreichen, macht ihn besonders anfällig für Entwicklungsstörungen, die schließlich zu Neurodegeneration und Behinderungen wie der Kleinhirn-Ataxie führen können“, erklärt Gabriele Baier-Bitterlich. Ein Kennzeichen der Kleinhirnentwicklung ist die korrekte Bildung von neuronale Kontaktstellen (Synapsen), die für die zerebelläre Langzeitfunktion wichtig ist. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass PKN1 während der zerebellären Entwicklung als Torwächter der AKT-Kinase Aktivität und anschließend des Proteinspiegels des Transkriptionsfaktors neuronale Differenzierung 2 (NeuroD2) fungiert und somit den molekularen Pfad reguliert, der für die Reifung von Synapsen im Kleinhirn verantwortlich ist.“ In Folgearbeiten soll nun untersucht werden, welche Rolle PKN1 bei neurologischen Erkrankungen und Hirnschädigungen spielt. Entsprechend soll mit PKN1 Kinase Inhibitoren an grundlegend neuen Strategien zur Behandlung von Gehirn-spezifischen Pathologien gearbeitet werden.
Die Arbeit wurde von mehreren Teams aus Innsbruck (Gottfried Baier, Christoph Schwarzer und Alexandra Koschak), und Großbritannien (Angus Cameron, Queen Mary Universität und Peter Parker, Francis Crick Institut) unterstützt. Ermöglicht wurde das Forschungsprojekt durch den Wissenschaftsfonds FWF [P26002-B24].
AutorInnen:
Stephanie zur Nedden, Rafaela Eith, Christoph Schwarzer, Lucia Zanetti, Hartwig Seitter, Friedrich Fresser, Alexandra Koschak, Angus J.M. Cameron, Peter J. Parker, Gottfried Baier and Gabriele Baier-Bitterlich
Protein kinase N1 critically regulates cerebellar development and longterm function
(B. Hoffmann-Ammann)
Weitere Informationen:
- Biozentrum der Medizinischen Universität Innsbruck