Der Wissenschaftsfonds fördert fünf neue Projekte an der Medizinischen Universität Innsbruck
In seiner 67. Kuratoriumssitzung am 5. März dieses Jahres hat der Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung in Österreich (FWF) insgesamt vier neue Einzelprojekte genehmigt, ein weiteres Forschungsvorhaben wird aus dem Matching Funds des Landes unterstützt.
Ausgewiesenes Ziel des Forschungsförderungsfonds ist es, die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit Österreichs im internationalen Vergleich sowie seine Attraktivität als Wissenschaftsstandort vor allem durch Förderung von Spitzenforschung einzelner Personen bzw. Teams, aber auch durch Beiträge zur Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit der Forschungsstätten und des Wissenschaftssystems in Österreich zu stärken. In der Kuratoriumssitzung vom 5. März 2018 genehmigte der Wissenschaftsfonds die Einzelprojekte von Gabriele Baier-Bitterlich von der Sektion für Neurobiochemie, Fabio Gsaller von der Sektion für Molekularbiologie, Alexandra Lusser von der Sektion für Molekularbiologie und Sergiy Pereverzyev von der Univ.-Klinik für Neuroradiologie. Das Forschungsvorhaben von Meinrad Drexel vom Institut für Pharmakologie wird auf Basis der Förderempfehlung des FWF im Rahmen der Kooperationsvereinbarung „Matching Funds“ vom Land Tirol ko-finanziert.
Die einzelnen Projekte (in alphabetischer Reihenfolge der ProjektleiterInnen)
Protein Kinase N1: Zielmolekül im Schlaganfall
ao.Univ.-Prof.in Dr.in Gabriele Baier-Bitterlich, Sektion für Neurobiochemie
Ziel der Forschungsarbeit von Gabriele Baier-Bitterlich, ihren KollegInnen von der Sektion für Neurobiochemie (Direktorin: Christine Bandtlow) und Kollaborateuren ist es, neuroprotektive Mechanismen im Gehirn zu erforschen. Deren Untersuchungen zur Adenosin-Rezeptor Signalkaskade in Hypoxie (Sauerstoffreduktion) legten eine Verknüpfung mit der Proteinkinase N1 (PKN1) in Differenzierung und Überleben nahe. Wie das Team kürzlich zeigte, spielt PKN1 über die Regulierung des AKT Kinase-Signalwegs eine essentielle Rolle in der Gehirnentwicklung (zur Nedden et al, JCI, in press). Dieses FWF-Projekt spezialisiert sich nun auf die umfassende Analyse der molekularen Prozesse der Neuron-intrinsischen PKN-Regulation und -Funktion sowie der spezifischen Interaktion von PKN1 mit AKT. „Mit dem Ziel, neue Ansätze für eine verbesserte Schlaganfalltherapie zu erhalten wollen wir mit diesem Projekt die Bedeutung der PKN1/AKT Interaktion für die Neuroprotektion und Neuroregeneration im akuten Schlaganfallmodell sowie seine Humanrelevanz in humanen neuronalen Zelllinien und klinischen Biopsien von Schlaganfallpatienten studieren“, erklärt Projektleiterin Baier-Bitterlich. (Mitwirkende: Stephanie zur Nedden, Gottfried Baier, Herbert Lindner, Johannes Hainfellner, Gabor Kovacs, Benoit Haelewyn, Cyrille Orset)
Entzündungsmodulation in der Epilepsie
Mag. Meinrad Drexel PhD, Institut für Pharmakologie
Etwa 30 Prozent der Epilepsie-PatientInnen sprechen auf medikamentöse Therapien nur unzureichend an. Experimentelle und klinische Studien haben gezeigt, dass chronisch-entzündliche Prozesse im epileptischen Gehirn zur Anfallsentstehung beitragen können. In Tiermodellen konnte außerdem gezeigt werden, dass epileptische Anfälle ihrerseits Entzündungsprozesse im Gehirn auslösen können. Dabei spielen Teile der angeborenen Immunabwehr eine zentrale Rolle. Gemeinsam mit dem Labor von Sandra Santos Sierra vom Institut für Biochemische Pharmakologie will Projektleiter Meinrad Drexel nun erforschen, ob TLR2 (Toll-like Receptor 2) – ein Rezeptor des angeborenen Immunsystems – eine Rolle bei der Entstehung der Epilepsie sowie in der chronischen Epilepsie spielt. Dabei soll in vitro die Funktionalität von TLR2 in Gehirnzellen sowie die Überwindung der Blut-Hirn-Schranke durch TLR2 spezifische Inhibitoren untersucht werden. „In vivo werden wir einerseits den zeitlichen und zellspezifischen Verlauf der Expression von TLR2 und dessen Co-Rezeptoren TLR1 und TLR6 in einem Mausmodell der Temporallappenepilepsie untersuchen und andererseits versuchen, mit TLR2 Inhibitoren die Epileptogenese sowie den Verlauf der chronischen Epilepsie zu beeinflussen, mit dem Ziel, eine potentielle antiepileptische Therapie zu entwickeln“, so Drexel.
Neue antifungale Therapeutika basierend auf 5-Flucytosin
Mag. Fabio Gsaller PhD, Sektion für Molekularbiologie, Biozentrum
Weltweit sind etwa 1,7 Milliarden Menschen von Pilzinfektionen betroffen. Mehr als 1,5 Millionen dieser Erkrankungen verlaufen tödlich. Zur Behandlung von invasiven Pilzinfektionen stehen momentan im klinischen Setting nur vier Klassen antifungaler Substanzen, sogenannte Antimykotika, zur Verfügung – Triazole, Echinocandine, Polyene und Nukleobasen-Analoge. Über die letzten 30 Jahre waren Triazole der Grundpfeiler antifungaler Therapiestrategien. Allerdings steigt die Resistenz gegen diese Medikamentenklasse in Aspergillus fumigatus, einem Schimmelpilz, dramatisch an. Darüber hinaus ist die klinische Nutzung von 5-Flucytosin, dem einzige bei Pilzen verwendeten Nukleobasen-Analogon, limitiert, da A. fumigatus eine hohe intrinsische Toleranz gegen diese Substanz aufweist. „In diesem Forschungsprojekt werden wir nun eine Kombination aus molekularer Pilzgenetik, antifungaler Aktivitätstestung sowie 5-Flucytosin-basierender Behandlungsmodelle anwenden, um die molekularen Grundlagen des Wirkmechanismus dieser Substanz zu entschlüsseln“, erzählt Projketleiter Gsaller. Im zweiten, vorwiegend translationalen -Ansatz des Projekts sollen mit dem erworbenen Wissen neuartige Therapieansätze entwickelt werden.
Chromatin Regulation durch CHD1 in Metabolismus und Altern
ao.Univ.-Prof.in Dr.in Alexandra Lusser, Sektion für Molekularbiologie, Biozentrum
Durch die dichte Verpackung der DNA im Chromatin einer Zelle ist der Zugang und damit das Ablesen der genetischen Information erschwert. Um in sehr präziser und zeitlich sowie räumlich koordinierter Weise Zugang zur DNA zu ermöglichen, wird die Struktur des Chromatins u. a. durch eine evolutionär konservierte Gruppe von Enzymen, den Chromatin Remodeling Enzymen, verändert. Inwieweit diese Enzyme im intakten Organismus Einfluss auf grundlegende Stoffwechsel- und Alterungsprozesse nehmen, ist kaum geklärt. Im vorliegenden Projekt sollen anhand der Fruchtfliege als Modellorganismus der biologische Beitrag und die molekulare Wirkungsweise des Chromatin Remodeling Enzyms CHD1 zu Vorgängen des Metabolismus und Alterns untersucht werden. „Im Lichte der starken evolutionären Konservierung dieser Prozesse und ihrer Regulation ist es naheliegend, dass Erkenntnisse dieser Studien auch zum besseren Verständnis der molekularen Grundlagen von weit verbreiteten menschlichen Erkrankungen, wie etwa Diabetes, Adipositas oder Esstörungen liefern können“, erklärt Projektleiterin Lusser.
Regularisierungstechniken im Lernen mit Big Data
Dr. Sergiy Pereverzyev, Univ.-Klinik für Neuroradiologie
Anfang der 90er Jahre wurden für die Probleme des statistischen Lernens, auch maschinelles Lernen genannt, Methoden der Regularisierungstheorie eingeführt. Inzwischen gibt es eine umfangreiche Literatur über das regularisierungs-basierte Lernen und die Forschungsaktivität in diesem Bereich ist ungebrochen hoch. Gleichzeitig rückt das Lernen mit Big Data in den aktuellen Forschungsfokus, vor allem aufgrund seines großen Potenzials im wissenschaftlichen wie im industriellen Rahmen, gerade im medizinischen Bereich gewinnt die Berechnung und Analyse riesiger Datenmengen zunehmend an Bedeutung. „Allerdings“, so Projektleiter Pereverzyev, „kann eine direkte Anwendung der bekannten regularisierten Lernalgorithmen für das Lernen mit Big Data praktisch noch nicht realisiert werden. In diesem Projekt werden wir deshalb das Problem der praktischen Realisierbarkeit mit Hilfe von neuen Ideen in der Regularisierungstheorie behandeln. Dazu wollen wir entsprechend adaptierte und neu entwickelte Lernalgorithmen auf medizinische Probleme, speziell aus dem Bereich der Neuroradiologie, anwenden.“
(D. Heidegger)
Links: