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Zweit-Job für den Skelettmuskel Kalziumkanal in der Synapsen-Bildung

Um zu funktionieren, muss jede unserer Muskelfasern von einer einzigen Nervenfaser innerviert sein. Wie neuro-muskulären Synapsen im Embryo gebildet werden, ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. In ihrer jüngst in Cell Reports veröffentlichten Studie, zeigt das Forscherteam um Mehmet Mahsum Kaplan und Bernhard Flucher (Sektion für Physiologie) eine unerwartete Funktion des spannungs-aktivierten Kalziumkanals.

Spannungs-aktivierte Kalziumkanäle erfüllen eine Schlüsselfunktion in der Steuerung der Skelettmuskelkontraktion. Sie fühlen die Spannungsveränderung während eines Aktionspotentials und aktivieren daraufhin die Freisetzung von Kalzium aus intrazellulären Speichern, was in Folge die Kontraktion auslöst. In diesem Vorgang – Erregungs-Kontraktions-Kopplung genannt – fungieren die Kalziumkanäle primär als Spannungsfühler, leiten aber selbst kein Kalzium. Vor etlichen Jahren entdeckte die Gruppe Innsbrucker Physiologen eine neue Kanalvariante im embryonalen Muskel, welche neben ihrer Rolle in der Erregungs-Kontraktions-Kopplung auch als echter Kanal fungiert. Lediglich die Funktion dieses Kanals in der Embryonalentwicklung blieb ungeklärt.

Bildung der neuro-muskulären Synapse
Jeder unserer Muskeln besteht aus einer Vielzahl von Muskelfasern, welche individuell von Motorneuronen reguliert werden, um eine präzise Steuerung der Kontraktion zu gewährleisten. Während ein jedes Motorneuron mehrere Muskelfasern kontrolliert, darf jede Muskelfaser seine Befehle lediglich von einem einzigen Motorneuron erhalten. Dazu bilden Nerv und Muskel während der frühen Entwicklung je eine neuro-muskuläre Synapse in der Mitte jeder Muskelfaser. Interessanterweise bestimmt dabei der Muskel wohin der Nerv zu wachsen hat und wo die Synapse gebildet wird, indem sie die Rezeptoren für den Neurotransmitter Acetylcholin bereits vor Ankunft des Nervs in der Mitte der Muskelfasern platziert. Wie dies funktioniert und welche molekularen Mechanismen daran beteiligt sind, war bislang unbekannt.

Kalziumkanäle kontrollieren die Bildung der neuro-muskulären Synapse
Da eine Reihe von Studien auf die Beteiligung von Kalziumsignalen in der Bildung der neuro-muskulären Synapse hinwiesen, entschieden die Innsbrucker Kalziumkanalforscher die Rolle des Skelettmuskel Kalziumkanals in der Synapsenbildung im Rahmen eines FWF Projektes (P27031) genauer unter die Lupe zu nehmen. „Wir hatten einen embryonalen Kanal ohne bekannte Funktion, und hier war eine wichtige Kalzium-abhängige Zellfunktion während der Embryonalentwicklung ohne entsprechenden Kanal“, erzählt Flucher. „Somit war es naheliegend zu untersuchen, ob unsere neu entdeckte Kalziumkanal-Variante für die richtige Anordnung der neuro-muskulären Synapse in embryonalen Muskelfasern verantwortlich sei.“ Zur Lösung dieses Problems kam nun das Arsenal an genetisch veränderten Mausmodellen zum Einsatz, welches den Innsbrucker Kalziumkanalforschern zur Verfügung steht. Die Untersuchungen zeigten, dass die Bildung der Synapsen in der Mitte der Muskelfaser und deren korrekte Innervierung durch den Motornerv vom spannungs-aktivierten Kalziumkanal abhängig ist, und dass der Schweregrad der beobachteten Defekte in Kalziumkanal-Mutanten umgekehrt proportional zur Größe des jeweiligen Kalziumsignals war. Durch die genetische Verstärkung des Kalziumstroms konnten einige Defekte in neuro-muskulären Synapsen sogar behoben werden. Somit steht fest, bevor er seine Funktion in der Erregungs-Kontraktions-Kopplung übernimmt, kontrolliert der Skelettmuskel Kalziumkanal die korrekte Anordnung der neuro-muskulären Synapse während der Entwicklung im Embryo. Dieser Befund erklärt nicht nur den Mechanismus eines wichtigen Vorgangs in der Entwicklung unserer Motorik, sondern beschreibt auch eine erste Funktion für die, von den Innsbruckern entdeckte, neue Kalziumkanal-Variante.

Links:

Calcium Influx and Release Cooperatively Regulate AChR Patterning and Motor Axon Outgrowth during Neuromuscular Junction Formation. Kaplan et al., Cell Reports
https://doi.org/10.1016/j.celrep.2018.05.085

AG Flucher, Sektion für Physiologie:
https://www.i-med.ac.at/dpmp/physiologie/research/flucher/index.html

 

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