Professor für Neurologie mit Schwerpunkt Schlaganfallforschung: Stefan Kiechl
Der Innsbrucker Arzt und Wissenschafter Stefan Kiechl wurde mit 1. Jänner 2019 von Rektor W. Wolfgang Fleischhacker zum Professor für Neurologie mit Schwerpunkt Schlaganfallforschung (§ 99 Abs 3 UG) berufen. Dass sich Innsbruck als international anerkanntes Zentrum der Schlaganfall-Behandlung und epidemiologischen wie experimentellen Arteriosklerose-Forschung etablieren konnte, ist nicht zuletzt sein Verdienst.
Es tat Stefan Kiechls (Hin)Gabe für Zahlen und abstrakte Zusammenhänge keinen Abbruch, dass er sich nach seiner mit Auszeichnung abgelegten Matura 1984 und dem Erwerb der Bronzemedaille bei der Mathematik-Olympiade in Prag für ein Medizin- und nicht für ein Mathematikstudium entschied. Denn die Mathematik kam nach seinem Facharztdiplom in Neurologie und Psychiatrie mit der postpromotionellen Ausbildung in Epidemiologie und Biostatistik ohnehin wieder ins Spiel. Die epidemiologische Forschung ist seither – neben der Versorgungsforschung und der experimentellen Forschung – sein Spezialgebiet. Bei aller methodischen Breite fokussiert sich Stefan Kiechl thematisch seit mehr als zwei Jahrzehnten auf die Gefäßalterung, im Speziellen auf die Pathogenese der Arteriosklerose und die Akuttherapie des Schlaganfalls.
Richtungsweisende Schlaganfall-Behandlung
„Der Schlaganfall ist in der Neurologie die Hauptakutdiagnose und hat mich klinisch und wissenschaftlich immer schon fasziniert. Mein Eintritt in die Arbeitsgruppe von Johann Willeit hat mich auch durch die Beteiligung an der prospektiven Bruneck-Studie immer näher an das Thema herangeführt“, erzählt Kiechl, der gemeinsam mit Johann Willeit für die erfolgreiche Etablierung des wegweisenden Tiroler Schlaganfallpfades verantwortlich zeichnet. Das integrierte und ausgezeichnete Versorgungskonzept, dessen Impact auf die Verbesserung der Gesundheitsversorgung im Fachjournal The Lancet Neurology veröffentlicht und damit auch wissenschaftlich untermauert wurde, beschreibt die optimale Patientenbehandlung und den effizienten Ablauf der Behandlungsstufen. „Der Tiroler Schlaganfallpfad hat enorme Fortschritte gebracht, sieben von zehn Patienten werden wieder gesund. Unsere Daten decken ganz Tirol sowie auch die Nachbehandlung bzw. das Outcome der Patienten ab, damit besitzen wir ein weltweites Alleinstellungsmerkmal“, betont der Neurologe, der weder den Kontakt mit den PatientInnen, wie er ihn als Neurologe in der Akutmedizin erlebt, noch seine vielfältige wissenschaftliche Arbeit als Forscher missen möchte. Aber auch die Nähe zu den Studierenden und die Nachwuchsförderung ist dem Betreuer zahlreicher Diplom- und PhD-Arbeiten ein ganz besonderes Anliegen.
Exzellente Arteriosklerose-Forschung
Wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse brachten dem Neurologen zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen ein, wie die zweimalige Nominierung für den Wittgenstein Preis oder 2016 den ESO Research Excellence Award und den Tiroler Landespreis für Wissenschaft. Der internationale Stellenwert seiner Arbeit wird zudem durch die Nennung auf der renommierten Liste der Highly Cited Researchers 2018 bestätigt, auf der er in der neuen Rubrik „Cross-Field“ zu finden ist, die den starken Einfluss auf gleich mehrere wissenschaftliche Gebiete misst. Unter seinen 320 Publikationen in zahlreichen internationalen Top-Journalen finden sich wissenschaftliche Meilensteine, wie etwa die Arbeit zur lebensverlängernden Wirkung von spermidinreicher Ernährung, jene zur Bedeutung der angeborenen Immunität in der Arteriosklerose (NEJM) oder die Publikation in Nature Medicine zur maßgeblichen Rolle des Proteins RANKL (receptor activator of nuclear factor-κB) bei der Entstehung der Stoffwechselerkrankung Diabetes Mellitus Typ 2. „Es ist immer wieder eine große Herausforderung, große Datensätze richtig zu verarbeiten und zu interpretieren und reale Zusammenhänge herzustellen, die replizierbar sind“, betont der Epidemiologe, dessen Ergebnisse diesen Ansprüchen immer gerecht wurden.
Hohe Ziele
Die Alterung des Gefäßsystems im Visier hatte Kiechl, seit 2016 Präsident der Österreichischen Schlaganfallgesellschaft, auch mit dem inzwischen abgeschlossenen Tiroler K-Projekt VASCage, auf dem aufbauend er nun auch das K1-Forschungszentrum VASCage-C realisieren konnte. „Gemeinsam mit unseren Partnern aus Wissenschaft und Industrie wollen wir das größte klinisch-medizinische Forschungszentrum in Österreich werden und durch ausgezeichnete Vernetzung mit hervorragenden Forscherinnen und Forschern in den USA und Europa auch international eine führende Rolle in Sachen Gefäßalterung und klinischer Schlaganfallforschung spielen“, betont Kiechl, der sich nicht nur als Arzt und Forscher immer wieder hohe Ziele steckt. Zielstrebigkeit ist schließlich auch eine Eigenschaft, die ihm als Sportkletterer, der Routen bis zum höchsten Schwierigkeitsgrad UIAA XI geklettert ist, sehr zugute kommt. Neben mehreren Erstbegehungen im „Dschungelbuch“ – einer Kletterzone in der Innsbrucker Martinswand – absolvierte er auch eine professionelle Trainerausbildung für die akrobatische Sportart. „Die Wände hoch“ geht Stefan Kiechl aber nur im wahrsten Sinn des Wortes. „Beruflich und in der Freizeit sollte man versuchen, Ruhe zu bewahren und über den Dingen zu stehen. Klettern ist dafür der ideale Sport“, erzählt Kiechl, der mit seiner Frau und seinen beiden Töchtern auch immer wieder gern auf Reisen geht, um zur Ruhe zu kommen.
(D. Heidegger)
Links:
Univ.-Klinik für Neurologie
https://www.i-med.ac.at/neurologie/
Neurovaskuläre Arbeitsgruppe
https://www.i-med.ac.at/neurologie/forschung/atherosklerose/index.html
Archiv: Neuer Mechanismus für die Entstehung von Typ 2 Diabetes entdeckt
https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/670147.html
Archiv: Neues Tiroler Kompetenzzentrum VASCage nimmt Arbeit auf
https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/687257.html
Archiv: Neue Studie: Spermidinreiche Ernährung hält den Menschen länger jung
https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/719834.html
Archiv: VASCage-C: Tirol bekommt ein neues Exzellenzzentrum für Gefäßalterung
https://i-med.ac.at/mypoint/news/723311.html