Immun- und Entzündungsmodulation als Pfeiler moderner Krebsmedizin – Antrittsvorlesung von Dominik Wolf
Im Hörsaal Medizinzentrum Anichstraße fand vergangene Woche die Antrittsvorlesung von Dominik Wolf statt. Der anerkannte Leukämieexperte und Tumorimmunologe leitet seit 1. Oktober 2018 die Univ.-Klinik für Innere Medizin V (Hämatologie und internistische Onkologie). In seinem Vortrag nützte er die Gelegenheit, über Chancen und Herausforderungen der modernen Krebsmedizin zu sprechen und sein Fach im Besonderen aus dem immunologischen Blickwinkel zu beleuchten.
Zahlreiche KollegInnen, WegbegleiterInnen und Gäste hatten sich am Abend des 27. März eingefunden, um die Antrittsvorlesung von Dominik Wolf zum Thema „Immun- und Entzündungsmodulation als Pfeiler moderner Krebsmedizin“ zu hören, zu der Rektor W. Wolfgang Fleischhacker in den Hörsaal Medizinzentrum Anichstraße geladen hatte. Dominik Wolf widmete seine Antrittsvorlesung dem kürzlich verstorbenen, ehemaligen stellvertretenden Klinikdirektor Michael Steurer, mit dessen Tod sein Team einen herausragenden Hämatologen und wertvollen Mitgestalter des Fachbereichs verloren hat.
Stärkung der translationalen Immuno-Onkologie
Die Stärkung des zukunftsweisenden Forschungsbereichs der translationalen Immuno-Onkologie ist das besondere Anliegen von Klinik-Direktor Dominik Wolf, der in seinem Vortrag die in Tirol über dem EU-Durchschnitt liegenden Überlebensraten sowie die zentralisierte Versorgungsstruktur (unter anderem über das CCCI) und das sehr gute Tumorregister hervorhob. Der große Fortschritt in der Krebsmedizin sei nicht zuletzt auch auf die Etablierung neuer immuntherapeutischer Medikamente zurückzuführen. Die Immuntherapie habe sich neben den klassischen Therapien als weitere tragende Säule in der Behandlung von Krebs etabliert. Nach einem Blick auf die Entwicklung der Immunonkologie referierte Wolf über das Verhältnis von angeborener und adaptiver Immunität, die unter dem Einfluss externer Faktoren wie Stress, Metabolismus und Lebensstil stünde. In diesem System, das Wolf mit dem Yin Yang-Prinzip umschrieb, wird die enge Verzahnung von Entzündung und Immunität im Rahmen des Krebsgeschehens erkennbar. Die Umgehung des Immunsystems (Immune-Evasion) und die Entzündung (Inflammation) seien „Hallmarks of Cancer“, so Wolf. Die Intention der Immuntherapie sei es deshalb, das Immunsystem wieder gegen den Krebs nutzbar, gleichsam „scharf“ zu machen. Dafür stünden verschiedene Medikamentengruppen zur Verfügung: anti-entzündliche Wirkstoffe, die vor allem in der Krebsverhinderung bei entzündlichen Erkrankungen eingesetzt werden und immun-aktivierende Medikamente, wie beispielsweise Immuncheckpoint-Inhibitoren bzw. CAR-T-Zellen.
Mehrwert Immuntherapie
Als Paradigma der anti-entzündlichen Krebsbehandlung stellte Dominik Wolf die Chronisch Myeloproliferativen Neoplasien (MPN) vor. Im Rahmen des Krankheitsgeschehens der CML beispielsweise kommt es neben dem unkontrollierten Wachstum bösartiger Zellen auch zu einer inflammatorischen Immunantwort, welche das Ansprechen auf gezielte Medikamente reguliert. Als zweites Beispiel der Verbindung von Krebs und Entzündung diente die Primäre Myelofibrose, eine fortschreitende bösartige Erkrankung des blutbildenden Knochenmarks, die durch eine starke Entzündungsreaktion charakterisiert ist. „Hier konnten wir zeigen“, so Wolf, „dass entzündungshemmende Medikamente wie JAK-Hemmer die Funktion von Immunzellen dramatisch verändern.“ Der Mehrwert solch anti-entzündlicher Medikamente zeige sich auch bei Abstoßungsreaktionen im Rahmen der allogenen Stammzelltransplantation. Entzündungsfördernde Signalstoffe wie Interleukin 1 (IL-1) interessieren den Hämatologen aber auch im Rahmen von Alters-assoziierten genetischen Blutveränderungen (CHIP). Hierdurch entstehen Verbindungen beispielsweise zwischen Hämatologie und Neurologie. „Mit zunehmendem Alter steigt auch die Anzahl genetischer Veränderungen im Blut, was wiederum Entzündung antreibt und damit das kardio-vaskuläre wie auch das Krebs-Risiko erhöht“, weiß Wolf, der vor diesem Hintergrund zahlreiche kooperative Forschungsprojekte zum Beispiel mit der Univ.-Klinik für Neurologie sieht. Die Interdisziplinarität der Immuno-Onkologie bringe es mit sich, dass gemeinsam mit vielen anderen Kliniken und Arbeitsgruppen am Standort neue immuntherapeutische Ansätze und vor allem das Ansprechen auf die Behandlung erforscht wird; etwa im Bereich der Mikrobiom-Forschung oder mittels bioinformatischer Analysen zur Erstellung von Patientenprofilen, um dem Problem limitierter Wirksamkeiten entgegenwirken zu können. Eine weitere Herausforderung seien Resistenzen. „Die Identifizierung von Patientinnen und Patienten, die etwa aufgrund der Heterogenität des Tumors eine primäre Resistenz zeigen, wäre ein wichtiger Schritt, um gezielt therapieren zu können“, so der Experte.
In seinem Ausblick auf die Zukunft der Immuntherapie sprach Wolf die innovative CAR-T-Zell-Therapie an, in deren Rahmen T-Zellen aus dem Blut der PatientInnen gewonnen und in der Folge gentechnisch aufgerüstet und den PatientInnen über eine Infusion wieder zugeführt werden. Die mit einem künstlichen Antigenrezeptor ausgestatteten CAR-T-Zellen sind in der Lage, Tumorzellen gezielt zu erkennen, an diese anzudocken und sie zu zerstören. Die Kehrseite dieser Therapie seien deren relativ hohe Herstellungskosten. „Allerdings“, so Wolf, „sind CAR-T-Zellen keine Dauertherapie wie die Checkpoint-Inhibitoren und lassen sich in Zukunft an Standorten wie der Medizinischen Universität Innsbruck sicher auch hausintern herstellen“.
Dominik Wolf bedankte sich nach seiner Antrittsvorlesung ausdrücklich für das große Interesse und nützte im Anschluss die Gelegenheit, sich mit seinen Kolleginnen und Kollegen noch lange auszutauschen.
(D. Heidegger)
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Archiv: Führungswechsel an der Universitätsklinik für Innere Medizin V, Hämatologie und Onkologie