MUI Scientist to watch: Ambra Stefani
Um herausragende Wissenschafterinnen und Wissenschafter vor den Vorhang zu holen, hat die Medizinische Universität Innsbruck das Programm „MUI Scientist to watch“ etabliert. Damit haben Forscher*innen die Möglichkeit, alle drei Monate ihre jeweils beste Arbeit einzureichen und von einem unabhängigen Komitee bewerten zu lassen. Ein Portrait der erfolgreichen Kandidat*innen und die Hintergründe ihrer Forschung lesen Sie in jedem Quartal auf myPoint.
Auch die dritte Ausschreibungsrunde des Programms MUI Scientist to watch hat eine junge Frau für sich entschieden: Die 33jährige Ambra Stefani absolviert derzeit ihre neurologische Facharztausbildung an der Univ.-Klinik für Neurologie (Direktor: Werner Poewe) und hat sich bereits eine große Expertise auf dem Gebiet der Schlafmedizin angeeignet.
Noch in der Schule war die gebürtige Veronesin Ambra Stefani von Mathematik fasziniert, nach der Matura – Abschluss mit 100 von 100 Punkten – hat sie sich aber doch für ein Medizin-Studium an der Universität Verona entschieden. „Eine richtige Entscheidung“, betont Stefani, die die medizinische Forschung sehr stimulierend findet, und zudem deren Vielseitigkeit schätzt: „Medizin, Statistik, Biologie – all diese Fächer sind enthalten und Sprache und Kommunikation spielen eine große Rolle. Dazu kommt, dass ich durch diese Vielseitigkeit auch meine Perspektive erweitere“.
REM-Schlaf-Verhaltensstörung und neurologische Erkrankungen
Die Neurologie ist schon zu Beginn ihres Medizin-Studiums in den Fokus der jungen Forscherin gerückt, „weil das Gehirn einerseits so komplex ist und sich andererseits schon mit einfachen klinischen Untersuchungen viele Informationen über das neurologische Problem und seine Lokalisation im Nervensystem gewinnen lassen“. Zur Schlafmedizin kam Stefani dann eher zufällig über eine freie PhD-Stelle im Schlaflabor der Univ.-Klinik für Neurologie, das seit vielen Jahren von Birgit Högl – einer der angesehensten Schlafforscherinnen weltweit und ab Herbst dieses Jahres erste Präsidentin der Welt-Schlaf-Gesellschaft – geleitet wird. Die Faszination für die Schlafmedizin und im Besonderen für die REM-Schlafverhaltensstörung (rapid eye movement sleep behavior disorder, RBD) stellte sich bei Ambra Stefani schnell ein und war auch Thema ihrer Doktorarbeit. Neurologisch relevant ist bei dieser Erkrankung der Traumschlaf, also die REM-Phase, in der Träume der Patient*innen in einfache oder auch komplexe Bewegungen umgesetzt werden, die nicht nur die Patient*innen selbst, sondern auch deren Bettpartner*innen gefährden können. Die Erforschung der RBD ist aber auch für die Früherkennung von Parkinson-Erkrankungen essentiell, da diese Schlafstörung einen frühen Hinweis auf neurodegenerative Erkrankungen darstellen kann und damit auch die Identifizierung von Risiko-Patient*innen ermöglicht.
Innovative Screening Methode
Die Schlaflaboruntersuchung (Polysomnografie) ist eine umfangreiche Komplettuntersuchung inklusive zahlreicher Analysen wie Elektromyografie (Messung der elektrischen Muskelaktivität) und Elektroenzephalografie (Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns) und damit für die Diagnose der RBD unerlässlich. „Die Untersuchung erstreckt sich über ein bis drei Nächte, um genau analysieren zu können, was im Schlaf der Patientinnen und Patienten wirklich passiert“. Derzeit forscht die junge Neurologin an einer vielversprechenden Möglichkeit, die Diagnose von RBD zu erleichtern. In ihrer Studie hat Stefani den Einsatz eines Aktometers bei RBD-Patient*innen untersucht. Das Messgerät, das wie eine Armbanduhr am Handgelenk getragen wird, zeichnet schon kleinste Bewegungen der Proband*innen auf und wird bereits für die Diagnose von anderen Schlafstörungen eingesetzt. Der REM-Schlaf tritt 90 bis 120 Minuten nach dem Einschlafen ein und wiederholt sich drei bis vier Mal pro Nacht. Ob und in welchem Ausmaß Bewegungen im Schlaf stattfinden, lässt sich dabei sehr gut differenzieren. „Anhand der aufgezeichneten Daten zur Bewegungsaktivität haben ausgewählte Schlafmedizinerinnen und -mediziner beurteilt, ob eine REM-Schlaf-Verhaltensstörung vorliegt oder nicht. Wir kamen schließlich zum Ergebnis, dass mit dem Aktometer eine gut einschätzbare Beurteilung möglich ist“, berichtet Stefani, die nun weitere Untersuchungen durchführen will, um das Potenzial des Aktometers als Screening-Methode für RBD abzuklären.
Die Erforschung der RBD bleibt für Stefani auch deshalb so interessant, weil die Schlafstörung eine Verbindung zu neurologischen Krankheiten mit demselben pathologischen Grundmustern darstellt. Das Innsbrucker Schlaflabor bietet dafür ideale Rahmenbedingungen. „Birgit Högl ist eine hervorragende Mentorin und unterstützt mich sehr, ihre internationale Reputation bedingt auch die Vernetzung mit Arbeitsgruppen in der ganzen Welt, sodass die Kontakte, die man dadurch knüpfen kann auch die eigene Forschungsarbeit bereichern“, so Stefani, die sich jedenfalls auch habilitieren möchte. Ob sie Italien und Verona vermisst? „Innsbruck gefällt mir sehr gut und wenn ich Sehnsucht nach Verona hab, geht sich ein Besuch übers Wochenende immer aus.“
(D. Heidegger)
Links:
Univ.-Klinik für Neurologie
https://www.i-med.ac.at/neurologie/
Screening for idiopathic REM sleep behavior disorder: usefulness of actigraphy. Sleep. 2018 Jun 1; 41 (6). Stefani A, Heidbreder A, Brandauer E, Guaita M, Neier LM, Mitterling T, Santamaria J, Iranzo A, Videnovic A, Trenkwalder C, Sixel-Döring F, Wenning GK, Chade A, Poewe W, Gershanik OS, Högl B.
https://doi.org/10.1093/sleep/zsy053
Programm MUI Scientist to watch
https://www.i-med.ac.at/forschung/fo_foerderung.html