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MUI Scientist to watch: Oliver Schmidt

Um herausragende Wissenschafterinnen und Wissenschafter vor den Vorhang zu holen, hat die Medizinische Universität Innsbruck das Programm „MUI Scientist to watch“ etabliert. Damit haben ForscherInnen die Möglichkeit, alle drei Monate ihre jeweils beste Arbeit einzureichen und von einem unabhängigen Komitee bewerten zu lassen. Ein Portrait der erfolgreichen KandidatInnen und die Hintergründe ihrer Forschung lesen Sie in jedem Quartal auf myPoint.

Mit gleicher Punktezahl wurden in der vierten Ausschreibungsrunde des Programms MUI Scientist to watch gleich zwei ForscherInnen ausgewählt: Neben Francesca Finotello (siehe Beitrag https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/729746.html) konnte der Zellbiologe Oliver Schmidt mit seiner kürzlich publizierten Arbeit zu einem neu entdeckten zellulären Protein-Abbau-Weg überzeugen.

Von der Proteinbiogenese zum Proteinabbau
Der 39-jährige Schwabe Oliver Schmidt war Proteinen schon immer auf der Spur. Nachdem er sein Diplom in Biochemie am Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen absolviert hatte, promovierte er am biochemischen Institut der Universität Freiburg. „Für chemische Zusammenhänge habe ich mich schon in der Schule interessiert“, erzählt Oliver Schmidt. Der biologische Aspekt kam dann beim Studium dazu und war „genau das Richtige“ für den ambitionierten Wissenschafter, der sich in seiner Doktorarbeit damit beschäftigte, wie Proteine, die ja im Zytoplasma der Zelle produziert werden, in die Mitochondrien, die Energiekraftwerke der Zelle, kommen. „Schon damals diente mir die Hefe als idealer Modellorganismus, um diese grundlegenden Mechanismen zu studieren, die in den Zellen aller Lebewesen passieren“, erklärt Oliver Schmidt. Solche grundlegenden Fragestellungen waren es dann auch, die sein Interesse an der ausgeschriebenen Post-Doc Stelle im Labor von David Teis am Institut für Zellbiologie (Direktor: Lukas A. Huber) weckten. Die erfolgreiche Bewerbung und damit der Umzug von Freiburg nach Innsbruck kam 2011 auch seinen privaten Plänen durchaus entgegen. „In Innsbruck habe ich mich sofort wohl gefühlt, auch weil ich so gern wandere und es mich mindestens jedes zweite Wochenende auf die Berge zieht“, gesteht Schmidt, der sich im Labor mindestens ebenso wohl fühlt. Dort geht er der Frage nach, ob tatsächlich alle Protein-Abbauwege in Zellen bekannt sind. Zellen müssen ihren intrazellulären Abfall entsorgen und recyceln, um zu verhindern, dass sich Proteine ansammeln und Schaden anrichten. Dafür bedienen sie sich eines ausgeklügelten Müll-Managements, das bestimmte Gruppen von Proteinen in unterschiedliche Proteinabbau-Systeme einschleust. Für seine Forschung erhielt Schmidt bereits 2012 das international renommierte Post-Doc Stipendium der europäischen Molekularbiologie Organisation (‚EMBO long-term fellowship’).

Bisher waren für den gezielten Abbau von Membran-Proteinen zwei Entsorgungswege bekannt: ERAD (ER-assoziierte Proteindegradation) und der ‚multivesicular body‘ (MVB) Weg, der vom Proteinkomplex ESCRT (endosomal sorting complexes required for transport) gesteuert wird. Die Funktion des ESCRT-Komplexes konnte das Team des Membrane Traffic and Signaling Labors um David Teis bereits maßgeblich aufklären. Und tatsächlich gelang es Oliver Schmidt und seinen KollegInnen in der jüngsten Forschungsarbeit einen neuen Abbau-Weg zu entdecken. „Durch die Ausschaltung des ESCRT-Systems konnten wir mit genetischen Screens erkennen, dass ein weiterer Mechanismus – nämlich EGAD (Endosomen- und Golgi-assozierte Degradation) – eine zentrale Rolle im Müllmanagement übernimmt“, so Schmidt.

Fokus auf intrazellulärem Lipidstoffwechsel
Unter den Proteinen, die über EGAD abgebaut werden, fanden sich auch viele, die im Fettstoffwechsel der Zelle eine Rolle spielen. „Unsere Experimente zeigten, dass zu wenig Sphingolipide produziert werden, wenn der EGAD-Weg nicht funktioniert. Ein Mangel an diesen speziellen Fettmolekülen führt zu einer falschen Zusammensetzung der Membranen und damit zu schweren Membran-Defekten“, erklärt Schmidt, dessen Forschungsarbeit im angesehenen The EMBO Journal publiziert und gleich mit dem neu eingerichteten "LEA-Lipidomics excellence award" ausgezeichnet wurde.
Seit 2016 ist er auf einer Laufbahnstelle und strebt eine selbständige wissenschaftliche Karriere inklusive zeitnaher Habilitation an. Die Publikationsliste des ambitionierten Forschers kann sich jedenfalls sehen lassen. „Ich bin eine ‚Laborratte‘ und gehe in der wissenschaftlichen Arbeit auf. Ich habe aber auch richtig viel Spaß an der Lehre“, erzählt Schmidt. „Vielleicht liegt es daran, dass ich selbst ein Lehrer-Kind bin?“ Neben dem Zellbiologie-Praktikum im Masterstudium der Molekularen Medizin und mehreren weiteren Vorlesungen und Praktika hat er auch in jener Arbeitsgruppe mitgearbeitet, die zur Neugestaltung der Life Science Studien in der Humanmedizin eingesetzt worden war. 

Die Regulation des Lipidstoffwechsels wird Oliver Schmidt auch in Zukunft beschäftigen. Dabei ist es oft weniger der rein mechanistische, als vielmehr der physiologische Kontext, der Oliver Schmidt interessiert und als Forscher fasziniert. „Als Grundlagenforscher sollte man immer auch den Blick auf das Ganze wahren“, ist er überzeugt.

Übrigens: Ambitionierte Forscherinnen und Forscher können sich noch bis zum 30.9.2019 für die fünfte Ausschreibung im Programm MUI Scientist to watch bewerben.

(D. Heidegger)

Links:

Endosome and Golgi‐associated degradation (EGAD) of membrane proteins regulates sphingolipid metabolism. Oliver Schmidt et al. The EMBO Journal (2019) e101433
https://doi.org/10.15252/embj.2018101433

Publikationen von Oliver Schmidt auf Google Scholar:
https://scholar.google.at/citations?user=PHkoQ6cAAAAJ&hl=de&oi=ao

myPoint Archiv: Zelluläre Müllentsorgung: Innsbrucker Zellbiologen entdecken neuen Protein-Abbau-Weg mit unerwarteter Funktion
https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/728315.html

AG David Teis
https://www.i-med.ac.at/cellbio/labore/Membrane_Traffic_and_Signaling/index.html

Sektion für Zellbiologie
https://www.i-med.ac.at/cellbio/

 

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