search_icon 

close_icon

search_icon  

search_icon  

home>mypoint>news>740929.html

AdobeStock_296750189_peterschreibermedia_titel.jpg

Neue Erkenntnisse zu ungewöhnlichem biochemischen Phänotyp

Rätsel gelöst! Eine extrem hohe Aktivität des Enzyms Gamma-Glutamyltransferase (GGT) in zwei Familien warf bei MedizinerInnen viele Fragen auf. Der Humangenetiker Andreas Janecke konnte an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Pädiatrie I (Direktor: Thomas Müller) gemeinsam mit KollegInnen die genetische Ursache für dieses ungewöhnliche biochemische Phänomen entschlüsseln.

Das Enzym γ-Glutamyltransferase (GGT) wird im Blutplasma bestimmt, um Hinweise auf Erkrankungen der Leber und der Gallenwege zu erhalten. Insbesondere bei Störungen des Gallenflusses sowie bei alkoholbedingten Leberschädigungen kommt es zu erhöhten GGT-Werten. In einer aktuellen Forschungsarbeit hat sich Andreas Janecke gemeinsam mit KollegInnen vom Campus der Medizinischen Universität Innsbruck, der EURAC in Bozen, der Universität in Pisa sowie KollegInnen aus Poprad (Slowakei) mit einem in zwei großen Familien auftretenden Phänomen auseinandergesetzt: Alles hatte mit einer Routine-Untersuchung begonnen. Dabei war bei einem Familienmitglied der sehr stark erhöhte GGT-Wert aufgefallen. Nach einer Untersuchung von Familienangehörigen zeigte sich, dass diese biochemische Anomalie dominant vererbt wurde. Bei den PatientInnen war eine massive, also 50 bis 200fache Erhöhung der GGT-Aktivität festgestellt worden. Die PatientInnen wurden über Jahre hinweg verlaufskontrolliert, zeigten aber keine klinischen Symptome, wie sie sonst mit einem erhöhten GGT-Wert assoziiert sind. „In Zusammenschau aller Befunde, waren alle diese Personen durchschnittlich gesund, es gab keine besonderen Beschwerden aufgrund der hohen Enzymaktivität“, erklärt Andreas Janecke, Letztautor der im renommierten „Hepatology“ Journal erschienen Arbeit. „Wir haben daraufhin mit unserer Forschungsarbeit erstmals herausgearbeitet, dass es sich bei dieser Anomalie um eine Veranlagung ohne klinische Bedeutung handelt.“ Damit haben die WissenschafterInnen einen biochemischen Phänotyp erstmals beschrieben. Da sich die MerkmalsträgerInnen als nicht krank erwiesen haben, bleiben den betroffenen Familien die Verlaufsuntersuchungen zukünftig erspart.

Erfolgreiche Teamarbeit: Herbert Tilg, Peter Pramstaller, Andreas Janecke, Thomas Müller und Heinz Zoller haben erfolgreich zusammen geforscht. (v. re. n. li.) Foto: MUI/ D. Bullock.

Genotypisierung: Ursache für GGT-Aktivitäten konnte entschlüsselt werden
Zunächst wurde eine Zahl von genetischen Normvarianten (SNPs) in beiden Familien genotypisiert. „Wir konnten bestimmen, in welcher Region im Genom sich die Ursache für die erhöhten GGT-Werte befindet, anschließend wurden die ursächlichen, seltenen Varianten in beiden Familien mittels Genomsequenzierung identifiziert“, erklärt Janecke. „Es hat sich gezeigt, dass eine DNA-Veränderung zum Verlust eines Teils des kodierten GGT1 Enzyms führt. Dieser verlorene Teil ist normalerweise für die Anheftung des GGT1-Enzyms an die Leberzellen oder auch andere Zellen verantwortlich.“ Durch die Mutation wird allerdings bei den Betroffenen mit dieser speziellen Mutation ein großer Teil des GGT-Enzyms im Blut freigesetzt. Das führt zu diesen massiv erhöhten Werten. Darüber hinaus zeigten die Untersuchungen, dass alle MerkmalsträgerInnen auch eine zweite, normale Kopie des GGT1 Gens besitzen. „Offensichtlich reicht eine normale GGT1-Kopie aus, um das Auftreten schwerwiegender klinischer Symptome zu verhindern“, sagt Janecke. Die Erkenntnisse werden daher auch dazu beitragen, dass zukünftig bei PatientInnen mit massiv erhöhten GGT-Werten auch überprüft wird, ob die von Andreas Janecke und seinen KollegInnen erstmals beschriebene Genmutation als Auslöser in Frage kommt.

Ausgezeichnete Forschungsarbeit: Janecke erhielt Clemens von Pirquet Preis 2019
Die Forschungsgruppe von Andreas Janecke und Klinikdirektor Thomas Müller an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Pädiatrie I ist auf die Identifizierung von genetischen Ursachen seltener Krankheiten spezialisiert. Erst kürzlich erhielt der Humangenetiker Janecke für seine Forschungsarbeiten den Clemens von Pirquet-Preis 2019 der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Diese Auszeichnung erhält ein ÖGKJ-Mitglied zuerkannt, dessen eigene Publikationen (i.e. Arbeiten als Erst-, Letzt- und/oder korrespondierende AutorIn) aus den letzten drei Jahren in Summe die meisten Zitierungen erhalten haben. Ein Erfolgsfaktor für die auszeichnete Forschungsarbeit ist für Janecke die enge Kooperation am Medizin Campus Innsbruck. So arbeitet der Humangenetiker beispielsweise eng mit WissenschafterInnen des Instituts für Zellbiologie (Direktor: Lukas Huber) sowie dem Institut für Humangenetik (Johannes Zschocke) zusammen.

Publikation:
Highly elevated plasma γ-glutamyltransferase elevations: a trait caused by GGT1 transmembrane mutations. (Hepatology. 2019 Sep 13.)

AutorInnen: De Grandi A, Franzini M, Rosipal Š, Rosipal R, Debreova M, Corti A, Ruetzler-Dichtl E, Scholl-Bürgi S, Paolicchi A, Pompella A, Emdin M, Zampa G, Witt H, Zoller H, Tilg H, Mayatepek E, Herebian D, Pramstaller PP, Müller T, Janecke AR.

(A-R. Janecke, B. Hoffmann-Ammann)

 

Weitere Informationen:

Univ._Klinik für Pädiatrie I

Klinisch-Molekulargenetisches Forschungslabor

 

 

Aktuell