Schnittverletzungen – die versteckte Gefahr im Wintersport
Eine Bilanz der Wintersportsaison 2019/2020: Über 70 Schnittverletzungen im Gesicht, knappe 30 an Händen und Füßen, eine am Hals und fünf am Kopf – Schnittverletzungen, die in der bisherigen Saison in den Wintersportarten Snowboarden, Tourengehen, Rodeln, Skifahren, Langlaufen und Eislaufen an der Unfallambulanz der Innsbrucker Klinik versorgt wurden. Und die Saison ist noch nicht zu Ende.
Die meisten dieser Verletzungen passieren durch scharfe Skikanten, aber auch Eislaufen fällt durch seine hohe Zahl an Schnittverletzungen in der Statistik auf.
Altersmäßig überwiegen die 20- bis 50-Jährigen unter den Verletzten beim Skisport bei Weitem. Dafür fällt der überwiegende Teil der Schnitte im Teenageralter auf den Eislaufsport. Auffallend ist die Geschlechterverteilung: Knappe 80 Prozent der Schnittverletzungen im Wintersport entfallen auf Männer.
Wie passieren diese Schnittverletzungen?
Skikanten sind mittlerweile scharf wie Messer geschliffen und können während eines Sturzes bis auf den Knochen tiefe Wunden verursachen. Wird hierbei ein wichtiges Blutgefäß durchtrennt, besteht Lebensgefahr. Doch auch in der Gondel werden diese Kanten zu gefährlichen Gegenständen. Die meisten Skienden befinden sich auf Kopfhöhe – fällt ein Ski um, landet er mitten im Gesicht.
Im Eislaufsport passieren viele Verletzungen beim unsachgemäßen Transport der Schuhe oder direkt auf dem Eis. Auch dieses Jahr mussten die MedizinerInnen der Univ.-Klinik für Unfallchirurgie bereits Fingeramputationen versorgen.
Deshalb warnen ÄrztInnen: Handschuhe niemals ausziehen! Sie verhindern auf dem Eis oftmals schlimme Schnittwunden und schützen die Finger.
Im Notfall gilt
Rohit Arora, interim. Direktor der Univ.-Klinik für Unfallchirurgie, erklärt: „Die abgetrennte Gliedmaße auf dem Weg in die Klinik kühl und trocken lagern. Niemals direkt auf Eis oder ins Wasser legen. Am besten das abgetrennte Körperteil steril einpacken. Einen Plastiksack mit kühlem Wasser oder Eiswürfel füllen und diesen um den Sack mit dem Amputat stülpen. Und dann so schnell wie möglich in die Notaufnahme kommen.“
Rückenprotektor – ein zweischneidiges Schwert
Helme sind mittlerweile zur Normalität geworden im Ski-und Snowboardbereich. Bezüglich Rückenprotektoren gibt es unterschiedliche Meinungen.
„Das Gefährliche an den Rückenprotektoren“, so Markus Wambacher, leitender Oberarzt an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Unfallchirurgie, „ist die falsche Sicherheit, die sie den Sportlern vermittelt. Viele fahren dadurch über ihr Können hinaus und glauben, ein Rückenprotektor schütze bei jedem Sturz“. Gerade bei Stürzen aus hohen Luftständen, wie sie in Funparks passieren, kann ein Protektor durch die axial einwirkenden Kräfte Verletzungen der Wirbelsäule nicht verhindern. Sehr wohl schützen die Protektoren bei Kollisionen von hinten oder gegen Stichverletzungen durch Stöcke.
Wird ein Protektor verwendet, so muss er 100 Prozent passen. Ein zu großer Rückenschutz kann mehr Schaden als Nutzen anrichten (der Kopf muss frei nach hinten beweglich sein und darf nicht vom Protektor eingeschränkt werden).
In der diesjährigen Saison wurden bis jetzt 114 Verletzungen im Wirbelsäulenbereich behandelt. Knappe 80 Prozent davon passierten beim Skifahren. Bei sechs männlichen Patienten (im Alter von 30 bis 60 Jahren) handelte es sich dabei um eine Querschnittsverletzung.
Bilanz der bisherigen Skisaison
Generell kann gesagt werden, dass dieses Jahr mehr Verletzungen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen sind. Auf Grund der harten Pisten mussten schwerere Verletzungen behandelt werden.
In Zahlen: Pro Tag werden im Durchschnitt 110 Verletze in die Frischverletztenambulanz der Innsbrucker Univ.-Klinik für Unfallchirurgie gebracht.
Diese Zahl kann an Winterwochenenden mit perfekten Wintersportbedingungen auf bis zu 240 ansteigen.
(I. Schirmer, 17.02.2020)
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