Spezialsprechstunde für Angststörungen eingerichtet
An der Univ.-Klinik für Psychiatrie II (Direktorin: Barbara Sperner-Unterweger) wird das Angebot für die Behandlung von PatientInnen mit Angsterkrankungen schrittweise erweitert, auch die Forschung soll intensiviert werden. Vor kurzem wurden die Strukturen geschaffen, um eine Spezialsprechstunde zu etablieren. Bedingt durch die Covid-19-Pandemie war zwischenzeitlich nur ein eingeschränkter Betrieb möglich, jetzt startet aber auch dieses neue Angebot wieder.
Rund 30 bis 40 Prozent der PatientInnen, die an der Univ.-Klinik für Psychiatrie II behandelt werden, erhalten die Diagnose Angststörung. Wenn die Angst überhandnimmt, ein zum Teil enormer Leidensdruck entsteht und die Angst das alltägliche und/oder berufliche Leben beeinträchtigt, dann benötigen die Betroffenen Unterstützung. „Angst dehnt sich häufig aus. Ein Problem ist vor allem das Vermeidungsverhalten, wodurch immer mehr Lebensbereiche betroffen werden. Eine adäquate Behandlung, die möglichst frühzeitig beginnt ist essentiell für den therapeutischen Erfolg, erklärt Barbara Sperner-Unterweger, Direktorin der Univ.-Klinik für Psychiatrie II. Gemeinsam mit ihrem Team wird das Angebot seit 2018 kontinuierlich ausgebaut. Vor ein paar Monaten wurden so die Strukturen für die Einrichtung einer Spezialambulanz geschaffen. „Wir wollen den Betroffenen im Rahmen unserer Ressourcen ein möglichst umfangreiches, interdisziplinäres Angebot machen können“, erklärt Mátyás Gálffy, der gemeinsam mit Oberärztin Ulrike Weber–Lau und der Sportpsychologin Carina Bichler die PatientInnen in der neuen Spezialsprechstunde behandelt. Interdisziplinarität spielt dabei eine wichtige Rolle. Neben ärztlichen sowie psychologischen Interventionen, soll den Betroffenen durch Psychotherapie sowie einem Sport-Therapieprogramm geholfen werden. Zu diesem Zweck arbeiten die PsychiaterInnen auch mit dem Institut für Sportwissenschaft der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck zusammen. Als besonders hilfreich bei der Angstbewältigung hat sich beispielsweise therapeutisches Klettern in einem Gruppensetting erwiesen. Selbstverständlich ist auch ein Expositionstraining, das heißt die Konfrontation mit der Angst unter sicheren Bedingungen, eine etablierte Behandlungsmethode. Weitere therapeutische Möglichkeiten bietet das sogenannte Neurofeedback in Verknüpfung mit virtueller Realität. Dabei können die PatientInnen ihr Gehirn gezielt trainieren. „In der Spezialsprechstunde geben wir die Behandlungsstruktur vor. Wir erstellen die Diagnose und besprechen die weitere Therapie. Eine Langzeittherapie ist bei uns nicht geplant, dafür arbeiten wir eng mit Fachleuten im extramuralen Versorgungsbereich zusammen“, ergänzt Carina Bichler.
Barbara Sperner-Unterweger, Mátyás Gálffy, Carina Bichler und Ulrike Weber-Lau (v. li. n. re.) erweitern das Angebot für PatientInnen mit Angststörungen und die Forschung aus. Foto: MUI/ D. Bullock.Gemeinsam mehr Forschen
Ziel der Bemühungen ist auch eine Intensivierung der Forschungsarbeit. „Wir planen hier auch mit anderen Forschungsgruppen in Innsbruck enger zusammenzuarbeiten“, erklärt Sperner-Unterweger. So biete sich beispielsweise eine engere Kooperation mit dem Institut für Pharmakologie (Direktor: Francesco Ferraguti) an, da dort bereits wichtige Grundlagenforschungsarbeit gemacht wird. Langfristiges Ziel soll eine Verbesserung der Diagnose- und Therapiemöglichkeiten sein. Eine der Herausforderungen dabei ist die Komorbidität der Betroffenen. So sind Angsterkrankungen häufig mit einer Depression, Alkoholabhängigkeit oder anderen somatischen Erkrankungen wie Atemwegserkrankungen oder Asthma verbunden.
Ob es aktuell eine Zunahme von Angststörungen gibt, kann auf Grund mangelnder Vergleichswerte nur vage bestimmt werden. „Was wir aber wissen ist, dass das Thema auch schon vor der Covid-19-Pandemie viel präsenter war. Erfreulicherweise wird heute Angst als Erkrankung weniger stigmatisiert als das früher der Fall war. Dieses Gefühl darf mehr Platz haben und dadurch ist es auch anerkannter, sich beraten zu lassen. Hier hat sich viel verändert“, meint Barbara Sperner-Unterweger.
(15.06.2020, B. Hoffmann-Ammann)
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