Mehr Corona-Forschung in Österreich – FWF finanziert vier weitere Forschungsteams in Innsbruck, Graz und Wien
Seit Ausbruch der Pandemie begutachtet und bewilligt der FWF in einem Fast-Track-Verfahren Corona-relevante Grundlagenforschung aus Österreich. Über 100 Forschende reichten bisher Anträge ein, zwölf Projekte mit einem Förderungsvolumen von 4,1 Millionen Euro konnten auf Schiene gebracht werden. Erfahren Sie mehr über die jüngst bewilligten Forscherteams aus Innsbruck, Graz und Wien.
Wirksame Therapieansätze bei COVID-19-Erkrankungen, ein besseres Verständnis der zoonotischen Übertragung, ein Werkzeugkasten für die schnellere Herstellung von Medikamenten sowie Untersuchungen, um den Lebenszyklus des Virus nachvollziehen zu können: Der Wissenschaftsfonds FWF finanziert vier weitere Forschungsteams mit ihren exzellent begutachteten Corona-Forschungsprojekten. Ziel ist es, mit den Möglichkeiten der Grundlagenforschung Wissenslücken in der Erforschung des Coronavirus und seiner gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen zu schließen.
Grundlagenforschung von höchster Qualität ist die Basis, um mit der Pandemie und ihren Folgen umgehen zu können. Die neu geförderten Projekte bringen uns wieder einen Schritt weiter und werden Antworten liefern, die zur Bewältigung der Krise und ihrer Folgen beitragen“, erklärt Wissenschaftsminister Heinz Faßmann anlässlich der neuen Förderzusagen des Wissenschaftsfonds FWF. „Immer mehr Teams aus Österreich forschen an der Weltspitze und liefern wertvolles Grundlagenwissen für die Bewältigung der Pandemie. Gerade jetzt ist es notwendig, verstärkt auf exzellente Forschende zu setzen, damit sie mit ihren Erkenntnissen nachhaltig zur Bewältigung der Krise beitragen können“, so FWF-Präsident Klement Tockner anlässlich der neuen Förderungszusagen an die Corona-Forscherteams. Und er fügt hinzu: „Die vier neuen Forschungsprojekte werden weitere Wissenslücken schließen und neue Erkenntnisse in der COVID-19-Forschung hervorbringen.“
Corona-Forschungsprojekt an der Medizin Uni Innsbruck:
Beendigung einer ACE-Hemmer-Therapie bei COVID-19, Axel Bauer, Universitätsklinik für Innere Medizin III, Medizinische Universität Innsbruck (395.000 Euro Förderungssumme)
Die COVID-19-Pandemie stellt die Gesundheitssysteme aller Länder derzeit vor beispiellose Herausforderungen. Ein hoher Anteil der Patientinnen und Patienten mit schwerem Krankheitsverlauf leidet an bereits bestehenden Erkrankungen wie arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz. Diese werden häufig mit ACE-Hemmern (ACEI) oder Angiotensin-Rezeptorblockern (ARB) behandelt. Eine potenziell gefährliche Nebenwirkung dieser Medikamente: Sie könnten die Virusaufnahme in den Körper erleichtern. Im Rahmen dieser internationalen, multizentrischen, randomisierten Studie wird getestet, ob sich der Verlauf der SARS-CoV-2- Erkrankung mit einem Ab- bzw. Ersetzen einer chronischen ACEI/ARB-Therapie verbessert.
(Im Bild: Axel Bauer, Direktor der Universitätklinik für Innere Medizin III - Kardiologie und Angiologie)
Weitere Projekte:
Alternative virale Rezeptoren bei der SARS-CoV-2-Infektion, Anna Ohradanova-Repic, Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie, Medizinische Universität Wien (380.000 Euro Förderungssumme)
Da es sich bei SARS-CoV-2 um ein neuartiges Virus handelt, sind viele Aspekte seiner Übertragbarkeit und Infektion unbekannt. Es besteht ein dringender Bedarf an einem besseren Verständnis der Faktoren, die eine Übertragung vom Tier auf den Menschen („Zoonose“) möglich machen. In ihrem Projekt nehmen die Immunologen Anna Ohradanova-Repic und Hannes Stockinger die Mechanismen der viralen Übertragung unter die Lupe. Ihre Erkenntnisse tragen dazu bei, jene Tiere, die als „Wirt" zoonotische Krankheiten verursachen, künftig besser identifizieren zu können. Darüber hinaus wird das Projekt auch Einblicke in die Interaktion von SARS-CoV-2 mit den Immunzellen bringen und zielt darauf ab, potenzielle Instrumente für direkte therapeutische Interventionen zu entwickeln.
Flexible Flow-Synthese kritischer chiraler Arzneistoffe, Sándor Balázs Ötvös, Institut für Chemie, Universität Graz (400.000 Euro Förderungssumme)
Die Coronapandemie hat gezeigt, wie wichtig es ist, in der Gesundheitswirtschaft krisenfester zu werden und sogenannte „kritische“ Medikamente wieder in Europa zu erzeugen. Ziel des Akutprojekts ist es, einen Werkzeugkasten an Methoden zu erstellen, die – auf der Durchflusschemie basierend – einerseits die Herstellung von Medikamenten für COVID-19 beschleunigen, und andererseits so flexibel sind, dass sie bei verschiedenen zukünftigen Epidemien eingesetzt werden können. Die Zielsubstanzen werden aus leicht verfügbaren Ausgangsmaterialien im Durchflussverfahren hergestellt.
Eine SARS-CoV-2-Humanprotein-Wechselwirkungskarte, Ulrich Stelzl, Institut für Pharmazeutische Wissenschaften, Universität Graz (130.000 Förderungssumme)
Bis ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 allgemein zur Verfügung steht, ist Grundlagenforschung, die ein detailliertes Verständnis darüber gibt, wie in den Lebenszyklus von SARS-CoV-2 eingegriffen werden kann, eine der besten Optionen zur Bekämpfung von COVID-19 auf molekularbiologischer Ebene. Eine Karte der Wechselwirkungen zwischen SARS-CoV-2 und menschlichen Proteinen bietet Informationen zur Identifizierung von menschlichen Molekülen, die für den viralen Lebenszyklus entscheidend sind. Diese Karte kann z. B. direkt zu einer Neuausrichtung eines Medikaments führen. Das Akutprojekt wird einen österreichischen Datenbeitrag zu einem umfassenden, qualitativ hochwertigen binären Virus-Mensch-Wechselwirkungsnetzwerk liefern. Diese Wechselwirkungskarte wird im Rahmen von international koordinierter Zusammenarbeit mithilfe von komplementären Interaktions-Mapping-Ansätzen erstellt. Der kooperative Ansatz bei dem die Forschungsarbeiten mehrerer Labors in einem Projekt koordiniert, integriert und gesamt analysiert werden, ist essenziell um kompetitive Ergebnisse schnell zu erzielen.
FWF-Akutförderung: beschleunigtes Verfahren ohne Qualitätsabstriche
In der aktuellen FWF-Kuratoriumssitzung Ende September wurden vier Akut-Projekte bewilligt. Insgesamt wurden seit dem Beginn dieser Fast-Track-Schiene im FWF, die ein beschleunigtes Entscheidungsverfahren für Forschungsanträge, die sich mit der Prävention, Früherkennung, Eindämmung sowie der Erforschung von SARS-CoV-2 beschäftigen, bereits über hundert Anträge mit einem Volumen von rund 30 Millionen Euro eingereicht. Mehr als die Hälfte konnte bei einer durchschnittlichen Bearbeitungszeit von zwei Monaten bereits entschieden werden, zwölf Projekte mit einem Volumen von über vier Millionen Euro wurden bisher bewilligt. Die Förderungsschiene läuft noch bis Ende März 2021.
FWF Der Wissenschaftsfonds
Der FWF ist Österreichs zentrale Einrichtung zur Förderung der Grundlagenforschung sowie der künstlerisch-wissenschaftlichen Forschung. Er unterstützt – nach internationalen Qualitätsmaßstäben – herausragende Forschungsprojekte sowie exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die sich der Gewinnung, Erweiterung sowie Vertiefung wissenschaftlicher Erkenntnisse widmen.
(23.10.2020; Marc Seumenicht - FWF; Fotos: Adobe Stock; MUI/Florian Lechner)