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Neuer Professor für Pathophysiologie

Hesso Farhan hat am 21. Dezember seinen Dienst angetreten. Der Österreicher folgte aus Oslo dem Ruf nach Innsbruck. Der intrazelluläre Transport ist eines seiner Hauptforschungsgebiete. Dieser könnte bei mehr Krankheiten eine Rolle spielen, als bisher bekannt ist. Der leidenschaftliche Grundlagenforscher hat aber mit Projekten zum Multiplen Myelom, Brustkrebs, oder der Parkinson-Krankheit auch die klinische Anwendung seiner Erkenntnisse im Blick.

Die Pathophysiologie ist die Lehre von den krankhaft veränderten Körperfunktionen, sowie ihrer Entstehung und Entwicklung. Neue Erkenntnisse über die molekularen Grundlagen von Erkrankungen wie dem Multiplen Myelom oder Morbus Parkinson könnten die Forschungsarbeiten von Hesso Farhan bringen. Der gebürtige Österreicher ist dem Ruf an das Institut für Pathophysiologie der Medizinischen Universität Innsbruck gefolgt. Zuletzt war der 44-Jährige Professor am Institut für Medizinische Grundlagenforschung der Universität Oslo tätig. Mit seinen Forschungsarbeiten im Bereich der Onkologie sowie Neurowissenschaften deckt er gleich zwei Forschungsschwerpunkte der Medizin Uni Innsbruck ab.

Weg in die medizinische Forschung schon früh eingeschlagen

Der gebürtige Wiener ist in Syrien und Österreich aufgewachsen und hat in Wien studiert sowie promoviert. „In meiner Familie waren sehr viele Ärzte, was in mir sehr früh das Interesse an Medizin weckte“, sagt Farhan. Allerdings war sehr schnell klar, dass er nach seinem Studium nicht in der PatientInnenversorgung arbeiten wird: „Als ich das erste Mal im Studium gelernt habe, wie der Körper aufgebaut ist und wie Zellen funktionieren, war ich von der Komplexität fasziniert. Ich wollte genau verstehen wie Zellen funktionieren und was bei Krankheit in ihnen schiefläuft. Daher zog es mich schon sehr früh zur Grundlagenforschung.“ Ein erstes Praktikum am Institut für Pathophysiologie in Wien bestätigte sein Interesse und nach seiner medizinischen Doktorarbeit in diesem Fach folgte der Doktor der Medizinischen Wissenschaft am Institut für Pharmakologie in Wien. Ein FWF gefördertes Erwin-Schrödinger-Stipendium sowie das hochkompetitve und renommierte EMBO Long-Term Stipendium finanzierten dann die erste Post-Doc-Position am Biozentrum in Basel. 2011 gründete Farhan seine erste Forschungsgruppe am schweizerischen Biotechnischen Institut Thurgau, das an die Universität Konstanz angegliedert ist. 2016 folgte der Wechsel nach Norwegen.

Hauptforschungsgebiet intrazellulärer Transport: Die Zelle als Autofabrik

Sein wissenschaftlicher Werdegang führte Farhan schon früh zu seinem jetzigen Hauptforschungsgebiet, dem intrazellulären Transport. „Meine ersten Schritte als Forscher machte ich mit der Erforschung des Vitamin D Stoffwechsels bei Prostakarzinomen. Danach begann ich mir anzuschauen, wie Eiweißmoleküle in der Zelle transportiert werden, und das mache ich im Prinzip bis heute,“ erklärt Farhan. Um seine komplexen Forschungsinteressen verständlich zu schildern, wählt Farhan das Beispiel einer Autofabrik. Man stelle sich vor, Eiweißmoleküle wären Autos: „Solange ausreichend gute Autos für die Kunden produziert werden ist alles gut. Es kann aber sein, dass sehr viele defekte Autos produziert werden, was in der Fabrik zu Stress führt, weil man einerseits den Kundenbedarf nicht decken kann, und andererseits die Fabrik nicht weiß, was sie mit all den defekten Autos machen soll. Diese Analogie trifft auf sehr viele genetische Erkrankungen zu, wie etwa der zystischen Fibrose. Es kann aber auch sein, dass die Fabrik sinnloserweise zu viele Autos produziert. Diese Analogie trifft auf das Multiple Myelom zu. Das erzeugt zwar keinen Stress, aber man kann sich dieser Tatsache bedienen, um neue Therapien zu entwickeln.“

Achillesferse des Multiplen Myeloms gefunden?

Beim Multiplen Myelom (Knochenmarkkrebs), werden zu viele Eiweißmoleküle produziert und aus der Zelle ausgeschüttet. Für Farhan und sein Team ist das die Achillesferse dieser Erkrankung. „In dem man den Transport der Autos aus der Fabrik hemmt, erzeugt man einen Stau, was zu Stress führt und letztendlich zum Kollaps der Fabrik“. Farhan und sein Team wollen den Eiweißtransport in Myelomzellen drosseln, was zum Absterben dieser Zellen führen sollte. In Kollaboration mit klinischen Gruppen aus Norwegen und der Schweiz, soll diese Hypothese untersucht und anschließend klinisch getestet werden.

Ein weiterer Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit ist die Pathogenese der Parkinsonkrankheit. Farhan ist Teil eines Europäischen Innovativen Training Network (ITN), welches aus 15 Forschungsgruppen aus 10 Ländern besteht. „Wir untersuchen hierbei, welchen Anteil der intrazelluläre Transport am Krankheitsbild hat.“ Besonders im Fokus stehen dabei die sogenannten Lewy-Körperchen, die bei ParkinsonpatientInnen im Gehirn nachgewiesen werden können und bei denen bisher noch nicht bekannt ist, wie diese entstehen.

Metastasierung besser verstehen

In Innsbruck möchte Farhan diese Forschungsarbeiten fortsetzen, sich aber auch verstärkt mit der Biophysik der Zellen beschäftigen. „Wir wollen Zellen strecken, quetschen oder auch komprimieren“, sagt Farhan. Die Erkenntnisse könnten wiederrum für die Onkologie sehr wichtig sein. Normale Brustzellen zum Beispiel, sind nicht beweglich, Krebszellen aber schon. Sie gewinnen die Fähigkeit sich zu bewegen, können in andere Organe wandern und bilden dort Metastasen.“ Das hat häufig tödliche Folgen für die PatientInnen – 90 Prozent sterben nicht an der ursprünglichen Krebserkrankung, sondern an den Folgen der Metastasen. „Aber die Krebszellen zahlen auch einen Preis für ihre Beweglichkeit. Sie werden mechanischem Stress ausgesetzt, da sie sich durch das Gewebe durchquetschen. Sie haben daher ein Programm, dass es ihnen ermöglicht, mit diesem Stress zu leben. Indem wir der Krebszelle diese Fähigkeit nehmen, könnte man die Metastasierung hemmen.“

Mit in sein neues Büro im CCB (Centrum für Chemie und Biomedizin) sind aber nicht nur allerhand Geräte und Dokumente eingezogen. Fixe Begleiter von Farhan sind auch sein Schachbrett und sein E-Piano. „Das erste E-Piano habe ich mir quasi von meinen ersten Einkommen gekauft. Ich kann allerdings keine Noten lesen und spiele daher nur nach Gehör“, erzählt Farhan schmunzelnd und behauptet natürlich sehr schlecht zu spielen. Selbst beschreibt er sich mit einem Lächeln jedenfalls als „Klischee-Forscher“: „Ich höre gerne klassische Musik, spiele Schach, und übe keine gefährlichen Sportarten aus. Ich mache außer meiner Forschung nichts besonders spannendes.“ Ganz unsportlich ist Farhan allerdings nicht, er spielt sehr gerne Fußball und geht gerne wandern, hat allerdings noch nie auf Skiern oder Schneeschuhen gestanden.

(B. Hoffmann-Ammann, 18.01.2021)

Weitere Informationen:

Hesso Farhan auf Twitter 

Institut für Pathophysiologie

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