MUI Scientist to watch: Martin Puhr
Um herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor den Vorhang zu holen, hat die Medizinische Universität Innsbruck das Programm „MUI Scientist to watch“ etabliert. Damit haben ForscherInnen die Möglichkeit, alle drei Monate ihre jeweils beste Arbeit einzureichen und von einem unabhängigen Komitee bewerten zu lassen. Ein Portrait der erfolgreichen KandidatInnen und die Hintergründe ihrer Forschung lesen Sie in jedem Quartal auf myPoint.
In der vergangenen Ausschreibungsrunde des Programms MUI Scientist to watch konnte der Biologe Martin Puhr die Jury mit seiner Forschungsarbeit zu neuen Strategien gegen die Therapieresistenz im Rahmen der Prostatakarzinombehandlung überzeugen. Der gebürtige Grazer forscht bereits seit vielen Jahren an der Univ.-Klinik für Urologie (Direktor: Wolfgang Horninger).
Als Martin Puhr 2005 von Graz nach Innsbruck kam, wo er sich für das neu eingerichtete MCBO-Doktoratskolleg an der Medizinischen Universität Innsbruck – übrigens das erste seiner Art in Österreich – beworben hatte, brachte er neben wissenschaftlichen Voraussetzungen auch das in Tirol so geschätzte sportliche Rüstzeug mit. „Zwar wurden meine alpinen Leistungen in der Steiermark – etwa die Besteigung des Dachsteins – hier nur belächelt, aber inzwischen bin ich bei meinen Tiroler Bergfreunden gut integriert. Bergsteigen, Skitouren, Badmington – das war von Beginn an meins. Innsbruck bietet die perfekte Bühne für Arbeit und Freizeit“, erzählt Martin Puhr, der sich nach seinem Zoologiestudium mit Spezialisierung auf Biochemie und Immunbiologie eigentlich der Alzheimerforschung widmen wollte. Dann hat ihn Zoran Culig, Arzt und Prostatakarzinomforscher an der Univ.-Klinik für Urologie, an das Innsbrucker Doktoratskolleg bzw. in sein Team geholt und die onkologische Urologie ins Zentrum gerückt. Im Rahmen des PhD-Studiums folgte ein Studienaufenthalt am Kimmel Cancer Center der Thomas Jefferson University (TJU) Philadelphia. Mit dem dort erlernten Leitsatz seiner amerikanischen Mentorin „Don´t be nasty, but be pro-active!" und nach der Einwerbung zweier MUI START Stipendien, sowie eines FWF- und OeNB-Grants leitet Martin Puhr inzwischen seine eigene kleine Arbeitsgruppe und hat mit der Erforschung von Mechanismen, die zur Therapieresistenz beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom führen, „seine“ wissenschaftliche Nische gefunden.
Neues Target für die Therapieresistenz
In seiner aktuellsten, in diesem Jahr im Fachjournal Oncogene erschienenen Arbeit, geht es um das Protein Monoaminoxidase A (MAO-A), das sich als ist ein Target für den Androgen- als auch für den Glukokortikoid-Rezeptor (GR) Signalweg erwiesen hat. „Die Steigerung der GR Expression und Aktivität scheint eine generelle Überlebensstrategie von Prostatatumorzellen im Zuge der Behandlung mit verschiedenen Anti-Androgenen zu sein, die wesentlich zur Therapieresistenz beitragen kann“, beschreibt Martin Puhr eine Erkenntnis, die er bereits in einer vorangegangenen Arbeit anhand von in vitro Zellmodellen und mit Hilfe von Patientengewebe gewinnen konnte. „Wir konnten sehen, dass der GR nicht nur im Prostata-Epithel sondern auch im Stroma vorkommt – das hat sich bis dahin noch niemand im Detail angeschaut. In der neuen Arbeit suchten wir nach Therapietargets, die über den AR als auch über den GR Signalweg angeregt werden und wollten auch das Tumor-Stroma miteinbeziehen“, berichtet Puhr, der mit dem Protein MAO-A schließlich auch fündig wurde. MAO-A ist ein gemeinsames stromales und epitheliales GR Target-Protein. Mit der Inhibierung von MAO-A kann man also beide Signalwege gleichzeitig angreifen und auch bereits mögliche vorkommende therapieresistente Zellen ausschalten. Der große Vorteil: MAO-A-Inhibitoren werden zur Behandlung von Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen bereits klinisch routinemäßig eingesetzt. „Mit der Kombination von klassischen Anti-Androgenen, Chemotherapeutika und MAO-A Inhibitoren könnte es also gelingen, eine verbesserte Kombinationstherapie zu etablieren“, beschreibt Puhr einen innovativen Weg, Prostatakrebs von einer akuten zu einer chronischen Erkrankung zu machen.
Für seine Forschung auf dem Gebiet der Therapieresistenz wird Martin Puhr auch in Zukunft auf das Potenzial von humanem Gewebe setzen, zumal er vor Kurzem von Klinikdirektor Wolfgang Horniger beauftragt wurde, als Nachfolge von Helmut Klocker die Betreuung der urologischen Biobank zu übernehmen. „Die Aussagekraft von Tiermodellen ist limitiert, die patientenspezifische Wirksamkeit lässt sich aus humanem Gewebe um ein Vielfaches besser darstellen. Deshalb arbeiten wir eng mit unseren KlinikärztInnen zusammen, die die entsprechenden Operationen durchführen, sowie auch mit den Pathologieinstituten der Tirol Kliniken und der Universität“, so Puhr, der neben der Wissenschaft auch in der Lehre tätig ist. Im Rahmen des Studiums Molekulare Medizin, des Clinical PhD und des MCBD Programms unterrichtet er mit KollegInnen und engagiert sich auch in den vom Verein Klasse-Forschung angebotenen Workshops dafür, SchülerInnen Wissenschaft näher zu bringen und Einblicke ins Laborleben zu bieten. „Das tut auch mir gut, weil Jugendliche sind ehrlich und sagen einem direkt ins Gesicht, was man nicht gut macht“, schätzt Puhr das Feedback der Jugend.
Dass er es als Forscher gut macht, belegen nicht nur zahlreich eingeworbene Drittmittel, sondern auch mehrere persönliche Preise als auch Auszeichnungen für gemeinsam publizierte Arbeiten, darunter der Science-Innovation Preis der Deutschen Gesellschaft für Urologie, der Sanofi Aventis Preis, der Dr. Otto Seibert Preis, der ARTP Preis der französischen Gesellschaft für Urologie oder der Best Paper Award der Europäischen Gesellschaft für Urologie. „Als erfahrener Bergsteiger weiß man, welche schwierigen Herausforderungen auf dem Weg zum Gipfel zu meistern sind und wie man am besten ans Ziel gelangt“, ist Puhr überzeugt. Kein Wunder, dass er sich mit der Assoziierten Professur auch beruflich ein hohes Ziel gesetzt hat.
Übrigens: Einreichungen für den laufenden Call zum Programm MUI Scientist to watch sind noch bis 21. Dezember möglich.
(23.11.2021, Text: D. Heidegger, Bild: R. Schober)
Links:
Targeting the glucocorticoid receptor signature gene Mono Amine Oxidase-A enhances the efficacy of chemo- and anti-androgen therapy in advanced prostate cancer. Martin Puhr, Andrea Eigentler, Florian Handle, Hubert Hackl, Christian Ploner, Isabel Heidegger, Georg Schaefer, Maximilian P. Brandt, Julia Hoefer, Gabri Van der Pluijm & Helmut Klocker. Oncogene volume 40, pages3087–3100 (2021)
https://doi.org/10.1038/s41388-021-01754-0
The Glucocorticoid Receptor Is a Key Player for Prostate Cancer Cell Survival and a Target for Improved Antiandrogen Therapy. Puhr M, Hoefer J, Eigentler A, Ploner C, Handle F, Schaefer G, Kroon J, Leo A, Heidegger I, Eder I, Culig Z, Van der Pluijm G, Klocker H., Clin Cancer Res. 2018 Feb 15;24(4):927-938. Epub 2017 Nov 20.
https://doi.org/10.1158/1078-0432.CCR-17-0989