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PK-Seltene-Krankheiten2022

Loeys-Dietz-Syndrom – keine 100 Erkrankungsfälle weltweit

Es grenzt an ein Wunder, dass bei Frau Wieser eine lebensbedrohliche Gefäßerweiterung der absteigenden Aorta rechtzeitig erkannt wurde und auch die Ursache dafür gefunden werden konnte. Dank der interdisziplinären Arbeitsweise an den Innsbrucker Univ.-Kliniken wurde die Patientin nach der lebensrettenden Operation genetisch untersucht. Einige ihrer Symptome und Auffälligkeiten waren keinem bekannten Krankheitsbild zuordenbar.

Eine Krankheit, von der weltweit keine 100 Fälle bekannt sind. In der Familie von Frau Wieser gibt es keine weiteren Betroffenen. Sie hat eine erwachsene Tochter, die bisher keine Merkmale der Krankheit zeigt. Seit der Diagnose ist die Patientin in engmaschiger Kontrolle, um erneute Gefäßerweiterungen rechtzeitig erkennen zu können.

Loeys-Dietz-Syndrom (LDS)

Das Loeys-Dietz-Syndrom ist eine seltene, erblich bedingte Bindegewebsstörung, bei der es zu Auffälligkeiten des Skeletts und des Herz-Kreislauf-Systems kommt. Personen mit LDS haben oft einen deformierten Brustkorb, Fußfehlstellungen und Wirbelsäulenverkrümmungen. Eine Gaumenspalte oder bestimmte Gesichtsmerkmale, weiche, dehnbare Haut und überstreckbare Gelenke sind ebenfalls charakteristisch.

Von medizinischer Seite im Vordergrund stehen aber vor allem die Gefäßerweiterungen und die hohe Neigung zu Aneurysmen, welche die Patient:innen in einen lebensbedrohlichen Zustand versetzen können. Aneurysmen sind Ausbuchtung eines Blutgefäßes aufgrund einer Schwäche in der Gefäßwand, die überall auftreten kann. Ein gerissenes Aneurysma ist ein akuter und lebensbedrohlicher Notfall. Daher sind diese unerkannt häufig auch die Todesursache bei LDS Patient:innen.

Die genetischen Ursachen der Krankheit sind erst in den letzten Jahren entdeckt worden. Es liegt eine autosomal dominante Vererbung vor. Das bedeutet, die Mutation wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an Kinder weitervererbt. Da bei Betroffenen oft eine neu entstandene Erbgutveränderung vorliegt, ist zu der Ausprägung über mehrere Generationen vielfach keine Aussage möglich.

 „Wir sind hier in Innsbruck Gott sei Dank sehr gut interdisziplinär vernetzt und können mit dem Zentrum der Seltenen Krankheiten auf einen exzellenten Expert:innenpool zurückgreifen“, so Sabine Rudnik, Leitende Oberärztin am Institut für Humangenetik, Innsbruck. Dieser Expert:innenpool ist mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus bekannt und bekommt Zuweisungen aus ganz Westösterreich und Südtirol.

Seltene Krankheiten

 Ein Krankheitsbild gilt dann als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Einwohner:innen an dieser Krankheit leiden. Hinter dem Begriff „Seltene Erkrankungen“ verbergen sich ca. 7.000 unterschiedliche Krankheiten, die in ihrer Gesamtheit etwa 7% der Bevölkerung betreffen. In Österreich ist also von rund 500.000 Patient:innen auszugehen. Aufgrund der Seltenheit der Krankheitsbilder sind Betroffene und ihre Angehörigen häufig mit besonderen Problemlagen konfrontiert. Der Nationale Aktionsplan für Seltene Erkrankungen (NAP.se) soll für die Betroffenen eine bessere Versorgung ermöglichen. Am Tag der Seltenen Erkrankungen (Ende Februar) wird auf diese Problematik aufmerksam gemacht.

Zentrum für Seltene Krankheiten in Innsbruck

Das ZSKI ist eine Anlaufstelle für Menschen mit Seltenen Erkrankungen oder solchen mit unklarer Diagnose und dem Verdacht, dass eine Seltene Erkrankung vorliegt. Ein interdisziplinäres Team trifft sich einmal im Monat, um sich über schwer diagnostizierbare Fälle auszutauschen und auch mal über den Tellerrand zu blicken.

Erkenntnisse über die Ursachen der zu 80 Prozent genetisch bedingten Erkrankungen sind ein wichtiger Schritt für die Verbesserung von Therapiemöglichkeiten und Prognosen. „Für Menschen, die eine Seltene Krankheit haben, kommt zu der häufig erheblichen Belastung durch die Grunderkrankung das Fehlen von Spezialwissen über Krankheitsverläufe und Therapiemöglichkeiten“, erklärt Daniela Karall, Oberärztin und Gründungsmitglied des Zentrums für Seltene Krankheiten Innsbruck. „Auch der Austausch mit Menschen, die Ähnliches verarbeiten müssen, fehlt oft“.

(25.02.2022, red. Tirol Kliniken, Johannes Schwamberger)

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