Innsbrucker Team an großem MSA-Forschungsprojekt beteiligt
Für die Multisystematrophie (MSA), eine fortschreitende, tödlich verlaufende neurodegenerative Erkrankung, gibt es bislang keine wirksame Therapie. Von einer neuen internationalen, multizentrischen Studie unter der Leitung der New York University – von den National Institutes of Health (NIH) mit 2,6 Mio. US-Dollars gefördert – wird ein wichtiger Beitrag zur Planung künftiger Therapiestudien erwartet. Das MSA-Team an der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie ist maßgeblich beteiligt.
Der Untergang von Zellen in bestimmten Regionen des Gehirns ist Ursache für die Entwicklung der neurodegenerativen Erkrankung MSA. Die Symptome sind vielfältig und betreffen vor allem die motorische Funktion und das autonome Nervensystem. Häufig manifestiert sich die Erkrankung mit einem Parkinson-Syndrom, einer Ataxie (Kleinhirnfunktionsstörung) oder autonomen Symptomen (Blasenentleerungsstörungen und Blutdruckstürze). Für die MSA spezifisch ist das fehlende Ansprechen auf die Parkinson-Therapie und das rasche Voranschreiten der Erkrankung. „Eine möglichst frühzeitige und gezielte Diagnose optimiert die Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen bei MSA, eine Heilung gibt es bislang allerdings nicht", weiß Gregor Wenning, der 1999 gemeinsam mit Werner Poewe, ehemals Direktor der Univ.-Klinik für Neurologie, eine europäische MSA-Studiengruppe (EMSA-SG*) etabliert hat.
Die EMSA-SG konnte in den letzten zwei Jahrzenten wesentliche Beiträge zur Charakterisierung der klinischen Präsentation, der Diagnostik sowie der experimentellen Pathogenese-Forschung leisten. So wurden unter anderem eine krankheitsspezifische Bewertungsskala (Unified MSA Rating Scale, UMSARS) entwickelt sowie bildgebende Surrogatmarker erforscht, welche in klinischen Studien einen validen Messwert für die Wirkung von Therapien darstellen.
Die UMSARS ist noch immer die einzige klinische Bewertungsskala für MSA, die als Ergebnismaß für die Verwendung in klinischen Studien validiert ist. „Diese Skala spricht jedoch nur mäßig auf Veränderungen an, sodass große Kohorten von Studienteilnehmerinnen und -teilnehmern und auch eine lange Nachbeobachtungszeit erforderlich sind, um eine ausreichende statistische Aussagekraft zu erreichen und die Wirkung von Kandidatenarzneimitteln zu testen – gar nicht ideal für eine seltene und rasch fortschreitende Erkrankung“, so Wenning, der auch auf die Notwendigkeit der Validierung biochemischer und Bildgebungs-Biomarkern verweist. Erst kürzlich war er federführend an der Überarbeitung der seit 2008 geltenden Konsenskriterien für die MSA-Diagnostik beteiligt, in der insbesondere die Verbesserung der diagnostischen Genauigkeit in frühen Krankheitsstadien hervorgehoben wird.
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Die Entwicklung und Validierung klinischer, biochemischer und bildgebender Marker zur Messung der Krankheitsprogression in klinische Studien mit MSA-PatientInnen sind deshalb zentrale Ziele einer soeben angelaufenen prospektiven, multizentrischen Beobachtungsstudie, die vom NIH gefördert und an mehreren Zentren weltweit mit rund 100 ProbandInnen durchgeführt wird. „Für unsere mit knapp 580.000 US-Dollar unterstützte Studie an der Innsbrucker Neurologie wollen wir in den nächsten fünf Jahren 25 Patientinnen und Patienten in die Studie einschließen und im Abstand von sechs Monaten Routine-Untersuchungen und Verlaufskontrollen durchführen“, erklärt Gregor Wenning, der die Studie in Innsbruck – dem einzigen Standort in Europa – gemeinsam mit den Neurologen Klaus Seppi und Florian Krismer sowie weiteren KollegInnen der Innsbrucker Neurologie abwickeln wird.
Die Entwicklung neuartiger, klinischer, bildgebender und laborchemischer Surrogat-Marker soll es ermöglichen, den Krankheitsverlauf der Multisystematrophie verlässlich abzubilden, um das Fortschreiten und das Ansprechen auf eine Therapie richtig beurteilen zu können. „Die untersuchten Messinstrumente umfassen klinische Bewertungsskalen, PatientInnenfragebögen, Schädel-MRT Untersuchungen sowie biochemische Untersuchungen an Körperflüssigkeiten wie Blut und Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit“, weiß Florian Krismer.
Mit den Ergebnissen der multizentrischen Studie wird die Entwicklung spezifischer Therapiestudien erleichtert und damit der Weg für eine gezielte Behandlung geebnet.
(12.07.2022. 2022, Text: D. Heidegger, Bild und Video: D. Bullock)
*) Die europäische MSA Studiengruppe EMSA-SG repräsentiert ein wissenschaftliches Konsortium aus ForscherInnen und akademischen Zentren in Europa und Israel. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Entwicklung krankheitsmodifizierender Therapien durch eine intensive translationale Forschungsausrichtung mit Evaluierung von innovativen, neuroprotektiven Strategien.
Links:
The Movement Disorder Society Criteria for the Diagnosis of Multiple System Atrophy
https://doi.org/10.1002/mds.29005 /
Development and validation of the Unified Multiple System Atrophy Rating Scale (UMSARS).
https://doi.org/10.1002/mds.20255
Univ.-Klinik für Neurologie
https://www.i-med.ac.at/neurologie/
Abteilung Neurobiologie
https://www.i-med.ac.at/neurobiology/