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Mehrfach ungesättigte Fettsäuren und ihre Wirkung auf chronisch entzündliche Darmerkrankungen

Was sich in Experimenten an Mäusen vor zwei Jahren belegen ließ, kann nun auch für den Menschen bestätigt werden: Mehrfach ungesättigte Fettsäuren, wie sie gehäuft in Fleisch und verschiedenen Ölen vorkommen, können den Verlauf von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen verschlechtern. Diese Erkenntnisse des Teams um Timon Adolph kratzen am „gesunden“ Image von Omega-3 Fettsäuren und untermauern das Konzept der metabolen Entzündung im Darm – auch Nature Reviews nimmt zum Thema Stellung.

Omega-3-Fettsäuren wird viel Gutes nachgesagt, etwa dass sie die Blutfettwerte positiv beeinflussen und das Risiko für Bluthochdruck und koronare Herzerkrankungen senken. Wenn es um die Entstehung und den Verlauf von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn geht, bekommt dieses Dogma seit wenigen Jahren jedoch Gegenwind – nicht zuletzt durch die mit einem ERC-Grant unterstützten Forschungsarbeiten des Teams um Timon Adolph. Der Gastroenterologe forscht an der Univ.-Klinik für Innere Medizin I, deren Direktor, Herbert Tilg, am Standort Innsbruck seit vielen Jahren beachtliche Beiträge zur Entzündungsbiologie des Darms und zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen leistet.

In Österreich sind rund 27.000 Menschen von Morbus Crohn betroffen. Aufgrund von Entzündungen der Darmschleimhaut leiden sie an Symptomen wie krampfartigen Bauchschmerzen, chronischem Durchfall, Gewichtsverlust, sowie Fistel- und Abszessbildungen. Die chronische, oft fortschreitende Erkrankung kann symptomatisch und immunsuppressiv behandelt, bislang aber nicht geheilt werden. Neben genetischen Komponenten wird der westlichen Ernährung eine ursächliche Rolle zugeschrieben, ohne dass bisher spezifische Mechanismen oder diätetische Maßnahmen für den Menschen effektiv belegt sind.

Neue Erkenntnisse unterstützen das Konzept der metabolen Entzündung im Darm

Bei der Ernährung und ihren spezifischen Bestandteilen setzt auch die Arbeit von Timon Adolph an. In einer rezenten, im anerkannten Journal Gastroenterology veröffentlichten Studie konnten Julian Schwärzler und Lisa Mayr mit dem Team um Adolph anhand von Stammzell-Organoiden und zwei unabhängigen PatientInnenkohorten belegen, dass Omega 3-Fettsäuren einen Entzündungsreiz im Darm auslösen und den Verlauf chronisch entzündlicher Darmerkrankungen im Menschen verschlechtern. „Für unsere Analysen haben wir Stammzellen aus dem Darm von CED-Patientinnen und -Patienten entnommen und in Epithelzellen differenziert. In den daraus kultivierten Organoiden untersuchten wir, wie das CED-Epithel auf mehrfach ungesättigte Fettsäuren reagierte. Bei einem Teil der Patientinnen und Patienten – jenen mit verringerter GPX4 Aktivität – konnten wir eine Entzündungsreaktion nachweisen“, berichtet Studienautor Julian Schwärzler. Diese Ergebnisse bildeten sich auch in der klinischen und biochemischen Krankheitsaktivität in einer Kohorte von 160 CED-PatientInnen ab, und ließ sich außerdem auch in einer unabhängigen metabolomischen Stuhlanalyse von 199 CED-PatientInnen nachweisen.


BU: Forschen zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, v.l.: Moritz Meyer, Lisa Mayr, Julian Schwärzler, Felix Grabherr und Timon Adolph (MUI/D. Heidegger)

Bereits vor zwei Jahren konnten die Innsbrucker ForscherInnen in Mäusen zeigen, dass insbesondere mehrfach ungesättigte Fettsäuren eine Entzündungsreaktion im Darm hervorrufen, welche dem Bild eines Morbus Crohn beim Menschen ähnelt. „Die Entzündungssignale werden von Darmepithelzellen gebildet und durch das anti-oxidative Enzym Glutathione Peroxidase 4 (GPX4) kontrolliert. GPX4 schützt Darmepithelzellen vor oxidativem Stress an Membranlipiden und verhindert so das Auslösen einer Entzündungsantwort. Durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren, genetische Exposition oder andere Umweltfaktoren wird die Aktivität dieses Enzyms jedoch gehemmt und chronische Entzündung somit ermöglicht“, erklärt Lisa Mayr die Details.

GPX4 hat also einen Einfluss auf die Regulation der Inflammation und nun verstehen die ForscherInnen auch die Mechanismen, die in Darmepithelien dazu führen, Entzündungssignale auszusenden. Dies geschieht jedoch nicht bei allen CED-PatientInnen. „Omega 3 wirkt im spezifischen Patienten- und Krankheitskontext entzündlich. In unseren weiteren Forschungsarbeiten wird es – ganz im Sinne einer gezielten, personalisierten Therapieentscheidung – darum gehen, jene Patienten zu identiifizieren, die für eine gezielte Diät in Frage kommen, um diese Erkrankung zu behandeln“, betont Timon Adolph.

Das Innsbrucker Team liefert damit weitreichende Beweise für das Konzept der durch mehrfach ungesättigte Fettsäuren induzierten metabolischen Darmentzündung, die den Verlauf der menschlichen CED verschlechtern kann. Auch das angesehene Fachmagazin Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology widmete diesem Konzept einen Review. Darin formulieren die Innsbrucker ForscherInnen, wie die westliche Ernährung metabole Darmentzündung bei PatientInnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen hervorrufen kann. „Das Verständnis dieser metabolen Prozesse wird in Zukunft den Grundstein für Ernährungstherapien und individualisierte Medizin für diese Erkrankungen legen“, so Adolph.

(04.08.2022, Text: D. Heidegger, Bilder: D. Heidegger, AG Adolph)

 

Links:

PUFA-Induced Metabolic Enteritis as a Fuel for Crohn’s Disease
https://doi.org/10.1053/j.gastro.2022.01.004   

The metabolic nature of inflammatory bowel diseases. Nature Reviews Gastroenterology & Hepatology, Published: 29 July 2022
https://doi.org/10.1038/s41575-022-00658-y

Archiv: Mehrfach ungesättigte Fettsäuren lösen Morbus Crohn ähnliche Darmentzündung aus
https://www.i-med.ac.at/mypoint/news/744652.html

Video Timon Adolph
https://www.youtube.com/watch?v=5S702e4A0BU

 

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