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MUI Scientist to Watch: Arnau Ramos Prats

Um herausragende Wissenschafterinnen und Wissenschafter vor den Vorhang zu holen, hat die Medizinische Universität Innsbruck das Programm „MUI Scientist to watch“ etabliert. Damit haben ForscherInnen die Möglichkeit, alle drei Monate ihre jeweils beste Arbeit einzureichen und von einem unabhängigen Komitee bewerten zu lassen. Ein Portrait der erfolgreichen KandidatInnen und die Hintergründe ihrer Forschung lesen Sie in jedem Quartal auf myPoint.

Psychologische Konzepte im Labor mit naturwissenschaftlichen Methoden untersuchen. Das wollte Ramos Prats schon immer. Bereits als Jugendlicher begeisterte er sich für Philosophie und Neurowissenschaften und suchte nach einer Möglichkeit, die Beschäftigung mit Geist und Gehirn zusammenzubringen. Im Team von Francesco Ferraguti, dem Leiter des Instituts für Pharmakologie, fand er diese. Für das PhD-Studium tauschte er 2017 die Strände Barcelonas gegen die Innsbrucker Berglandschaft. „Francesco Ferraguti hat mir ein sehr schönes Projekt vorgeschlagen. Er ist ein weltweit anerkannter Experte im Bereich der metabotropen Glutamat-Rezeptoren. Das ist ein Rezeptortyp, der bei Angst und sozialen Störungen involviert ist“, erzählt der Katalane. Die Studie, für die er nun als „MUI Scientist to Watch“ ausgezeichnet wurde, ist ein Nebenprojekt, das an Vorarbeiten seines Vorgesetzten anknüpft. „Bevor ich hierhergekommen bin, hat Ferraguti in der Amygdala beobachtet, dass die so genannten VIP Interneuronen, einer speziellen Klasse der inhibitorischen Neuronen im Gehirn, sehr wichtig für die Wahrnehmung negativer Reize sind. Die Kollegen untersuchten das dann anhand eines Angst-Modells bei der Maus“, erklärt Ramos Prats in einem Mix aus Deutsch, Englisch und Spanisch.

Wenn er über seine Arbeit spricht, bevorzugt er Englisch, da seien die Fachbegriffe am treffsichersten. Salience ist so ein Begriff, dessen deutschen Entsprechung Salienz wohl nur sehr wenigen Menschen geläufig ist. „Salienz ist ein Reiz, der im wahrsten Sinne des Wortes außerordentlich ist. Ein Stimulus, der hervorsticht, positiv oder negativ. Salienz ist überlebenswichtig, weil der Reiz unsere Aufmerksamkeit und damit unser Verhalten steuert“, versucht Ramos Prats die Bedeutung zu erklären. In seinem Projekt untersuchte er, ob VIP Interneuronen nicht nur auf negative Stimuli, sondern auch auf positive Reize reagieren und, ob sie, abgesehen von der Amygdala, auch noch in anderen Hirnregionen aktiv sind.

„Ziel war es, zu verstehen, wie das Gehirn solche Umweltreize übersetzt und die Mechanismen von Salienz zu entschlüsseln. In der Folge ist dies auch wichtig, um herauszufinden, warum die Salienz bei Menschen mit Autismus oder anderen psychischen Erkrankungen, wie Schizophrenie beeinträchtigt ist“, erklärt Ramos Prats. In der Umsetzung des Forschungsvorhabens bediente er sich dem in vivo Ca²+ Imaging, einer neuartigen Technik der Computational Neuroscience, die er am Friedrich Miescher Institut in Basel erlernt hat, wo er während seines PhD ein Jahr lang forschte. „Mithilfe eines Miniatur-Mikroskops, das wir in das Gehirn von Mäusen implantieren, erlaubt uns diese Technologie, in Realtime zu sehen, wenn Neuronen aktiv oder inaktiv werden. Im Inselcortex konnten wir beobachten, dass die VIP Interneuronen sowohl auf positive, als auch negative Salienz-Stimuli antworten.“ Allgemein konnten die WissenschafterInnen zeigen, dass VIP Interneuronen, entscheidend für Salienz sind, obwohl sie mit rund zwei Prozent nur einen sehr kleinen Anteil unter den Neuronen ausmachen. Die Forschungsarbeit „VIP-expressing interneurons in the anterior insular cortex contribute to sensory processing to regulate adaptive behavior“ ist dieses Jahr im Fachjournal Cell Reports veröffentlicht worden. In einer Folgeuntersuchung möchte sich Ramos Prats mit derselben Technologie die Salienz-Verarbeitung bzw. die Funktion der VIP Interneuronen in einem Autismus-Modell anschauen.

Seit einem Jahr ist er als Post-Doc – mit 28 Jahren der jüngste– am Institut tätig und mit einer Förderung der Legerlotz-Stiftung ausgestattet. Davor musste Ramos Prats aber einen Umweg nehmen, denn ein neurowissenschaftliches Grundstudium gebe es in ganz Europa nicht. Er machte einen Bachelor in Biomedizin und begann ein Psychologiestudium in Barcelona bevor er dann, ebenso in seiner Heimatstadt, einen Master in Neurowissenschaften anschloss. Seinen Schwerpunkt setzt Ramos Prats auf die Untersuchung psychologischer Prozesse anhand von Systems und Computational Neuroscience. „Das sind Felder, die noch wenig erforscht sind. Ich bin aber überzeugt, dass sie in Zukunft essentiell sein werden, nicht nur in den Grundlagenwissenschaften sondern auch in der Klinik. Aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts erhalten wir riesige Mengen ganz neuer Informationen. Um mit diesen Daten arbeiten zu können, müssen wir sie mithilfe der Neurocomputation verarbeiten und analysieren.“

„Meine Arbeit ist ein bezahltes Hobby“, sagt er und weil sie ihm so taugt, bringt der Maler mitunter auch Neuronen-Heatmaps – Karten, an denen man die Neuronen-Aktivität ablesen kann - mit dem Pinsel auf die Leinwand. Wenn er sich seine Zukunft so ausmalt, dann würde ein weiteres Leben und Forschen in Innsbruck aktuell ein sehr stimmiges Bild für ihn ergeben. Dabei vermisst er trotzdem oft den Strand von Barcelona und auch kulinarisch bleibt er seiner Herkunft treu. Vorzugsweise im Winter widmet sich Ramos Prats zur Freude seiner KollegInnen dem Kochen und lässt sich dabei gerne auch von den Experimenten Ferran Adriàs, seinem Landsmann und Pionier der Molekularküche inspirieren. Da kommt schon auch die ein oder andere Pipette zum Einsatz.

(Innsbruck, 21. Dezember 2022, Text u. Bild: T. Mair)

Forschungsarbeit:
Arnau Ramos-Prats, Enrica Paradiso, Federico Castaldi, Maryam Sadeghi, Mohd Yaqub Mir, Heide Hörtnagl, Georg Göbel, Francesco Ferraguti: VIP-expressing interneurons in the anterior insular cortex contribute to sensory processing to regulate adaptive behavior, Cell Reports, Volume 39, Issue 9, 2022,110893, ISSN 2211-1247, https://doi.org/10.1016/j.celrep.2022.110893.

Links:

Programm MUI Scientist to Watch (Einreichfrist für die nächste Ausschreibung: 31.12.2022)

Institut für Pharmakologie

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