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Nationale Referenzzentrale in Innsbruck überwacht Verbreitung von SARS-CoV-2

ExpertInnen der Medizinischen Universität Innsbruck überwachen die Verbreitung von SARS-CoV-2 in Österreich – unabhängig vom Testgeschehen – über das Abwassermonitoring. Im Auftrag des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wurde das Programm im Jänner 2023 ausgeweitet. „Das Abwassermonitoring ist ein wichtiges Instrument für den zukünftigen Umgang mit SARS-CoV-2“, erklärt Gesundheitsminister Johannes Rauch bei einem Presse-Rundgang.

Seit Jänner 2022 ist am Institut für Gerichtliche Medizin der Medizinischen Universität Innsbruck die Nationale Referenzzentrale für das SARS-CoV-2-Abwassermonitoring eingerichtet. Anfang 2023 wurde das Programm ausgeweitet: ExpertInnen des Instituts werten wöchentlich die Proben von mittlerweile 48 strategisch ausgewählten Kläranlagen in Österreich aus. Damit erlaubt das Abwassermonitoring nun Rückschlüsse auf die Virusbelastung von rund 58 Prozent der österreichischen Bevölkerung. Von Beginn an waren bereits Proben von 24 Kläranlagen ausgewertet worden. Ziel ist es, unabhängig vom Testgeschehen Informationen über die Verbreitung des Virus und seiner möglichen Varianten zu sammeln.

 

Abwassermonitoring dient als Warnsystem

„Das nationale Abwassermonitoring hilft uns dabei, schnell und kostengünstig Entwicklungen und regionale Unterschiede zur Verbreitung von SARS-CoV-2 zu erfassen. So haben wir auch weiterhin einen guten Überblick über die Virusaktivität in ganz Österreich und tragen europaweit dazu bei, die zirkulierenden Virusvarianten zu überwachen. Wir konnten das System sogar noch zusätzlich erweitern und decken jetzt mit den 48 integrierten Kläranlagen rund 58 Prozent der österreichischen Bevölkerung ab. Damit liegen wir in Europa im Spitzenfeld“, erklärt Gesundheitsminister Johannes Rauch im Rahmen eines Presse-Rundgangs durch die Laborräumlichkeiten am Institut für Gerichtliche Medizin in Innsbruck. „Dieses Warnsystem ermöglicht uns einen genauen Überblick über das Infektionsgeschehen und ist damit ein besonders wertvolles Hilfsinstrument, um vom Pandemiemodus in den Normalbetrieb übergehen zu können.“ Aktuell ist das Abwassermonitoring für SARS-CoV-2 bis zum Herbst 2025 ausfinanziert. Die Kosten belaufen sich seit der Ausweitung auf 48 Kläranlagen auf rund 2 Millionen Euro pro Jahr.

Forschung im Dienste der Gesellschaft

Christine Bandtlow, Vizerektorin für Forschung und Internationales an der Medizinischen Universität Innsbruck, unterstreicht die erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit im Vorfeld: „Das Projekt zum SARS-CoV-2 Abwassermonitoring zeigt den Mehrwert medizinisch-wissenschaftlicher Forschung. Was als Forschungsidee begann, stellt nun ein wichtiges Instrument im Bereich Public Health dar, das zum regelmäßigen Monitoring des Gesundheitszustands der Bevölkerung eingesetzt wird. Am Institut für Gerichtliche Medizin hatten wir in diesem Bereich bereits vor der Covid-19-Pandemie eine ausgezeichnete Expertise.“

Ablauf Abwassermonitoring: Proben kommen gekühlt nach Innsbruck

In jeder der teilnehmenden Kläranlagen werden zweimal pro Woche mengenproportionale 24-Stunden-Mischproben am Zulauf gesammelt, die zur Analyse nach Innsbruck geschickt werden. Der Transport erfolgt mit speziellen Boxen, die üblicherweise bei Medikamentenlieferungen eingesetzt werden. „Die Proben müssen gekühlt werden, damit sich das Virus nicht abbaut“, erklärt Martin Steinlechner, Projektleiter am Institut für Gerichtliche Medizin. „Nach dem Eintreffen der Proben bereiten wir diese dann auf und bestimmen die SARS-CoV-2-Konzentrationen. Wir setzen dabei auf höchste Qualitätsstandards und sind für das Abwassermonitoring ein akkreditiertes Labor.“ In Zusammenarbeit mit dem Institut für Virologie an der Medizinischen Universität Innsbruck erfolgt ein erstes Screening, um herauszufinden, welche Virusvarianten vorliegen. Danach sequenziert das CeMM-Forschungszentrum für Molekulare Medizin in Wien die Abwasserproben, um die relativen Anteile von Virusvarianten an der Gesamtfracht zu ermittelt und neue Varianten zu detektieren. Die Aufbereitung und Veröffentlichung der Daten erfolgt über das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz: https://abwassermonitoring.at

Auftrieb für die wissenschaftliche Forschung

Bereits vor der Pandemie wurde an der Medizinischen Universität Innsbruck zum Thema geforscht. Die ersten abwasserepidemiologischen Untersuchungen wurden bereits 2015 durchgeführt. „Seit 2016 sind wir Teil eines europaweiten Netzwerks, das jährlich Abwasserstudien zum Vergleich des Drogenkonsums in verschiedenen europäischen Ländern durchführt“, erklärt Herbert Oberacher, wissenschaftlicher Leiter des SARS-CoV-2 Abwassermonitorings. Durch die Covid-19-Pandemie ist das Abwassermonitoring auch wissenschaftlich noch mehr in den Fokus gerückt. „In Zusammenarbeit mit in- und ausländischen Kollegen forschen wir intensiv daran, die im Abwasser enthaltenen Informationen zum Wohle der Bevölkerung nutzbar zu machen“, sagt Oberacher.

Ablauf des Abwassermonitorings – Schritt für Schritt

 

1. Probennahme
In den teilnehmenden Kläranlagen werden mengenproportionale 24-Stunden-Mischproben vom Zulauf gewonnen, die dem SARS-CoV-2 Monitoring zugeführt werden.

2. Transport
Die Proben werden für den Transport in 500 ml fassende Plastikflaschen abgefüllt. Ein Logistikunternehmen sammelt die Proben noch am selben Tag ein und leitet sie in gekühlten Spezialboxen nach Innsbruck weiter.

3. Aufarbeitung
Mittels standardisierter und zum Teil automatisierter Verfahren wird die virale RNA aus den Abwasserproben extrahiert, aufgereinigt und 400-fach aufkonzentriert.

4. Quantitative Analyse
Die quantitative Bestimmung erfolgt mittels PCR-Analyse. Einige wenige RNA-Moleküle reichen für einen positiven Test aus. Die daraus abgeleiteten Virenmengen geben Aufschluss über die Verbreitung des Virus in den gemonitorten Regionen.

5. Variantenscreening
Um zeitnah einen Überblick über die regionale Verteilung sowie zeitliche Entwicklung von bekannten SARS-CoV-2 Varianten zu bekommen, werden die extrahierten Proben einem Variantenscreening unterzogen.

6. Vollgenomsequenzierung
Abschließend werden die extrahierten Proben einer Vollgenomsequenzierung unterzogen. Mittels umfassender bioinformatischer Analyse der gewonnenen Daten können die zeitliche und örtliche Dynamik der Verbreitung von Virusvarianten untersucht und neue Virusvarianten detektiert werden.

(Innsbruck, 13. Februar 2023, Text: B. Hoffmann-Ammann, Bilder: MUI/C. Simon)

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