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Schizophrenie: Mindern Depot-Antipsychotika das Risiko eines Therapieabbruchs?

Der chronische Verlauf einer Schizophrenie Erkrankung erfordert neben psychosozialen Therapien auch eine Langzeitbehandlung mit Antipsychotika, um Rückfälle zu vermeiden. Ob die tägliche orale Einnahme oder eine langwirksame Depot-Medikation geeigneter ist, die Langzeitbehandlung zu unterstützen, wurde in der groß angelegten internationalen EULAST-Studie (European Long-Acting Antipsychotics in Schizophrenia Trial) untersucht, die nun in The Lancet Psychiatry erschienen ist.

„Schizophrenie Patientinnen und Patienten brechen ihre Therapie mit Antipsychotika aus den verschiedensten Gründen ab“, weiß Wolfgang Fleischhacker, der vor seiner Amtszeit als Rektor der Medizinischen Universität Innsbruck bis 2017 die Univ.-Klinik für Psychiatrie I leitete und in seinem Forschungsschwerpunkt Schizophrenie federführend an vielen klinischen Studien beteiligt war. So auch an der kürzlich abgeschlossenen EULAST-Studie, die in 50 Psychiatrischen Krankenhäusern und Spezialkliniken in 15 europäischen Ländern und Israel durchgeführt wurde.

Eine kontinuierliche pharmakologische Langzeittherapie mit Antipsychotika ist ein Grundpfeiler einer erfolgreichen Rezitativprophylaxe. Groß angelegte Langzeitstudien belegen eindrücklich, dass dadurch etwa die Hälfte der Rückfälle vermieden werden können. Leider setzen viele Schizophreniekranke (aber nicht selten auch ihre BehandlerInnen) diese Medikamente zu früh ab. Compliance-Probleme können unterschiedlichste Gründe haben, diese rangieren von dem einfachen Vergessen, das Medikament einzunehmen, über Verträglichkeitsprobleme, einer grundsätzlichen Ablehnung gegenüber Medikamenten, bis hin zu fehlender Krankheitseinsicht. Derartige Compliance-Probleme finden sich bei etwa zwei Drittel aller Betroffenen und stellen somit eines der größten Probleme in der Langzeitbehandlung Schizophreniekranker dar.

Da inzwischen einige Antipsychotika auch als intramuskuläre Depotpräparate verfügbar sind, mit Injektionsintervallen zwischen 14 Tagen und sechs Monaten, sehen viele KlinikerInnen in dieser Verabreichungsart eine Chance, die Langzeitbehandlung zu optimieren, da auf diesem Wege, ohne die Notwendigkeit einer täglichen Medikamenteneinnahme, dauerhaft effektive Plasmaspiegel von Antipsychotika garantiert sind. Ob nun die Gabe von Depotantipsychotika den oralen Substanzen in Hinblick auf das klinische Nutzen-Risiko-Profil überlegen ist, war Gegenstand vieler klinischer Studien in den letzten Jahrzehnten. Es zeigte sich, dass die Ergebnisse dieser Untersuchungen ein uneinheitliches Ergebnis lieferten, was die AutorInnen der vorliegenden Studie auf unterschiedliche Versuchsdesigns zurückführten. Daher folgte EULAST einem Studiendesign, das sich möglichst nahe an der täglichen klinischen Praxis orientiert und weniger dem streng kontrollierten state of the art Versuchsdesign folgt, in dem häufige und intensive Kontrollen möglicherweise über eine indirekte Verbesserung der Compliance die Unterschiede zwischen einer täglichen oralen Medikation und einer Depottherapie verwischen.

In die Studie eingeschlossen waren über 500 Schizophrenie PatientInnen ab 18 Jahren, die nach dem Zufallsprinzip einer der vier Behandlungsgruppen (langwirksame Injektionspräparate Paliperidon oder Aripiprazol bzw. die entsprechenden oralen Antipsychotika) zugeteilt und 19 Monate lang beobachtet wurden. Ziel der Studie war es, die Zeit bis zum Absetzen der Therapie unter Einbeziehung aller Beweggründe unabhängig von der Art der Verabreichung der Medikation bei allen PatientInnen zu vergleichen und statistisch zu prüfen.

„Entgegen unserer Erwartungen hing das Absetzen der Therapie nicht mit der Verabreichungsform zusammen. Wir konnten keinen signifikanten Unterschied zwischen der Depotgruppe und den mit oralen Antipsychotika Behandelten finden, auch in Hinblick auf die Abbruchgründe mangelnde Wirksamkeit oder Unverträglichkeit“, berichtet der korrespondierende Studienleiter Fleischhacker

BU: "Die one size fits all Behandlung der Schizophrenie gibt es nicht.“ (c)MUI/F.Lechner

 

Einzig unter der Sammelkategorie „Sonstige Gründe“ fand sich ein signifikanter Vorteil der Depotmedikation. Aus den in dieser Kategorie genannten Hinweisen, etwa dem Nicht-Erscheinen zu Untersuchungsterminen, dem Abbruch aus anderen Gründen als Wirksamkeit und Unverträglichkeit oder einer negativen Einstellung von Angehörigen zur Therapie könnten sich relevante Entscheidungsmarker für die Wahl der Antipsychotika-Verabreichung ergeben, denen in weiteren Analysen nachgegangen werden soll.

„In Zukunft wird es wichtig sein, einen differenzierteren Zugang für die Therapie zu finden, in dem individuelle Patientenmerkmale mehr Berücksichtigung finden. Die one size fits all Behandlung der Schizophrenie gibt es nicht“, betont Fleischhacker.

(22.02.2023, Text: D. Heidegger, Bild:  AdobeStock)

Link:

Efficacy of oral versus long-acting antipsychotic treatment in patients with early-phase schizophrenia in Europe and Israel: a large-scale, open-label, randomised trial (EULAST).

 

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