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Testsystem für MOG-Antikörper und Pathophysiologie von MOG-Antikörpern am optischen Nerv bei MOGAD"

Diagnosekriterien für seltene neurologische Autoimmunerkrankung MOGAD definiert

MOGAD ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die sich ähnlich wie Multiple Sklerose manifestiert, meist aber schon im Kindesalter auftritt. Ein ExpertInnenteam hat nun erstmals Leitlinien zur Diagnose und Therapie der seltenen Erkrankung formuliert. Von der Med Uni Innsbruck war Markus Reindl mit seinem Team bei der Entwicklung und Validierung von Antikörpertests bedeutend an dem Prozess beteiligt. The Lancet Neurology hat die Leitlinien veröffentlicht.

Nicht alles was wie Multiple Sklerose (MS) aussieht, ist MS. In den vergangenen zehn Jahren ist es dank neuer molekularmedizinischer Methoden gelungen, neurologische Autoimmunerkrankungen besser zu beschreiben und zu differenzieren. Bei MOGAD (myelin oligodendrocyte glycoprotein antibody-associated disease) handelt es sich um eine solche Krankheit, die früher für MS gehalten wurde. Ein divers zusammengesetztes, internationales Gremium von 23 ExpertInnen (Kinder- und ErwachsenenneurologInnen, GrundlagenforscherInnen sowie ExpertInnen für Bildgebung) hat nun unter der Leitung von Brenda Banwell (University of Pennsylvania, Philadelphia) in zweijähriger Arbeit die ersten diagnostischen Kriterien für MOGAD erstellt. Für Österreich war Markus Reindl mit seinem Team vom neurologischen Forschungslabor und das Team der Arbeitsgruppe Neuroimmunologie an der Medizinischen Universität Innsbruck wesentlich an dem Prozess beteiligt. Das hochangesehene Fachjournal The Lancet Neurology hat unlängst die erste internationale MOGAD-Leitlinie publiziert.

„In den meisten Fällen wird es sich weiterhin um MS handeln. Es gibt aber auch die sehr aggressive Neuromyelitis Optika Spektrum Erkrankung und MOGAD. Beide kommen sehr selten vor. In ganz Österreich gehen wir bei MOGAD von 100 bis 200 Patientinnen und Patienten aus. Es ist entscheidend, vernünftige Diagnosekriterien zu haben, um die Krankheit sicher zu erkennen und von anderen neurologischen Erkrankungen abgrenzen zu können“, erklärt Reindl. Für die Neuromyelitis Optika Spektrum Erkrankung – kurz: NMOSD – sind bereits 2015 internationale Diagnosekriterien formuliert und in Neurology veröffentlicht worden und auch für MS gibt es seit Langem eine Leitlinie, die bereits vielfach überprüft und angepasst worden sind.

Das verbindende Symptom von MS, MOGAD und NMOSD ist die Sehnerventzündung. Bei MOGAD treten auch Rückenmarksentzündung, akute Enzephalomyelitis (bei Kindern), entmarkende* Hirnstamm- oder Kleinhirnläsionen und zerebrale kortikale Enzephalitis auf. „Bei Kindern unter zehn Jahren ist MOGAD die häufigste entmarkende Erkrankung. Meist entwickeln sie eine akute Enzephalomyelitis infolge einer Infektion, die als Auslöser der Autoimmunreaktion gilt und in deren Folge spezifische Antikörper gebildet werden.“, erklärt Reindl. Wenn bei älteren Kindern (10 bis 15 Jahre) und Erwachsenen eine Sehnerv-, Rückenmarks- oder Gehirnentzündung entsteht, dann müsse man anhand der neuen Diagnosekriterien unter bestimmten Voraussetzungen diese Autoantikörper bestimmen, um die Krankheit zu identifizieren und deren Verlauf prognostizieren zu können.

Reindls Arbeitsgruppe hat ein Testsystem – einen zellbasierten Assay - zur Bestimmung der MOG-Antikörper (MOG-lgG) entwickelt. Sind die Antikörper bei der Titerbestimmung im Blut in einer gewissen Konzentration vorhanden, gilt MOGAD als bestätigt. Gleichzeitig muss jedoch der Test auf NMOSD-Antikörper (AQP4-lgG) negativ ausfallen. Die gute Nachricht: „Die Sehnerventzündung bildet sich meistens sehr gut zurück, oft tritt sie nur einmal auf, bei manchen Betroffenen kommt es aber zu einem schubweisen Verlauf. Generell hat MOGAD den besten Verlauf im Vergleich zu MS und NMOSD“, sagt Reindl. Schlecht wäre es jedoch, MOGAD mit bestimmten MS Therapien zu behandeln, da diese zu einer Verschlechterung führen können.“ Aktuell laufen zwei klinische Studien mit möglichen Wirkstoffen zur Behandlung von MOGAD an.

Im Gegensatz zu MOGAD kann NMOSD, welche durch AQP4 Autoantikörper verursacht wird, zu schweren Verläufen führen, wenn die Erkrankung nicht entsprechend aggressiv behandelt wird. Derzeit gibt es drei zugelassene Therapien gegen diese Erkrankung.

Aufgabe der ExpertInnen war es u.a., die unterschiedlichen vorhandenen Testsysteme, sowohl die serologischen Antikörpertests als auch die Bildgebung, zu validieren und Grenzwerte zu definieren. „Die Leitlinien bestimmen auch, wen der Arzt oder die Ärztin wann auf Antikörper testen lassen soll. Die Testsysteme sind leider nicht so spezifisch wie gewünscht. Die Spezifizität liegt bei 98 Prozent, was bedeutet, dass zwei von 100 Tests falsch positiv sind. Darüber hinaus sind MOG-Antikörper zu einem bestimmten Teil auch bei MS vorhanden. Die Tests sind auch teuer und werden nicht von allen Gesundheitssystemen auf der Welt übernommen. Auch deswegen soll nicht jede und jeder getestet werden, sondern erst wenn wichtige Differentialdiagnosen, v.a. die MS, ausgeschlossen sind.“

(Innsbruck, 16. März 2023, Text: T. Mair, Bild: M. Reindl und M. Lerch, created by Biorender.com)

 

*entmarkend: Von entmarkenden Erkrankungen spricht man, wenn die Myelinscheide im Zentralnervensystem angegriffen wird.

Forschungsarbeiten:
Banwell B, Bennet J L, Marignier R, Ho Jin Kim, Brilot F, Flanagan E P, Ramanathan S, Waters P, Tenembaum S, Graves J S, Chitnis T, Brandt A U, hemingway C, Neutboom R, Pandit L, Reindl M, Saiz A, Kazutoshi Sato D, Rostasy K, Friedemann P, Pittock S J, Fujihara K, Palace J: Diagnosis of myelin oligodendrocyte glycoprotein antibody-associated disease: International MOGAD Panel proposed criteria, The Lancet Neurology, Volume 22, Issue 3, January 24, 2023, DOI: https://doi.org/10.1016/S1474-4422(22)00431-8 

Reindl M, Schanda K, Woodhall M, Tea F, Ramanathan S, Sagen J, Fryer JP, Mills J, Teegen B, Mindorf S, Ritter N, Krummrei U, Stöcker W, Eggert J, Flanagan EP, Ramberger M, Hegen H, Rostasy K, Berger T, Leite MI, Palace J, Irani SR, Dale RC, Probst C, Probst M, Brilot F, Pittock SJ, Waters P. International multicenter examination of MOG antibody assays. Neurolology Neuroimmunology Neuroinflamation. 2020 Mar 5;7(2). doi: 10.1212/NXI.0000000000000674.

Reindl M, Waters P. Myelin oligodendrocyte glycoprotein antibodies in neurological disease. Nature Reviews Neurology. 2019 Feb;15(2):89-102. doi: 10.1038/s41582-018-0112-x

Links:
Univ.-Klinik für Neurologie
Archiv: Neues BRIDGE-Projekt entwickelt routinetauglichen Autoantikörpertest

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