Keramischer Zahnersatz aus dem 3D-Drucker: Neue Erkenntnisse zur Optimierung der Prozesskette
Hochfester keramischer Zahnersatz direkt aus dem Drucker: Noch ist es nur im Labor möglich, Kronen oder Verblendschalen mittels 3D-Druckverfahren herzustellen. Bevor die neue Technik auch bei PatientInnen eingesetzt werden kann, benötigt es weitere Forschungsarbeiten. Neue Erkenntnisse auf diesem Weg liefert jetzt eine Studie, an der Teams in Köln, Heidelberg und Innsbruck gearbeitet haben.
Zahnersatz, der aus dem Drucker kommt – was simpel klingt, ist in der Realität noch eine große Herausforderung. Denn Zahnersatz, der später dauerhaft bei PatientInnen zum Einsatz kommen soll, muss gut verträglich und lange haltbar sein, über die richtige Festigkeit verfügen, exakt passen und sollte sich optisch von den natürlichen Zähnen möglichst nicht unterscheiden. „Zirkoniumdioxid ist eine Hochleistungskeramik und zur Herstellung von Zahnersatz etabliert. Das Material ist biokompatibel und belastbar. Zur möglichen Anwendung im additiven Druckverfahren aber gibt es noch sehr viele offene Fragen, die durch wissenschaftliche Studien geklärt werden müssen“, sagt Sebastian Schwindling. Seit 1. April 2023 ist er Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für zahnärztliche Prothetik. Moderne Fertigungsverfahren gehören zu seinen Forschungsschwerpunkten. Schon in seiner Zeit am Universitätsklinikum in Heidelberg hat sich der Experte für zahnärztliche Prothetik mit dem Keramik-3D-Druck beschäftigt. Sebastian Schwindling ist daher Seniorautor einer Studie, die gemeinsam mit ExpertInnen des Universitätsklinikums Heidelberg und der Universität Köln entstanden ist. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse vor kurzem im Fachjournal „Dental Materials“, das zu den hochrangigsten in der zahnmedizinischen Forschung zählt. In der Arbeit werden die Auswirkungen verschiedener Methoden zur Reinigung 3D-gedruckter Objekte untersucht. Die an der Publikation beteiligte Doktorandin Alina Schultheis aus Köln ist für ihre Arbeit mit dem Forschungspreis der AG Keramik in Deutschland ausgezeichnet worden.
Sebastian Schwindling
Richtige Reinigung der Objekte aus dem 3D-Drucker ist essentiell
Die Prozesskette beim Keramik-3D-Druck ist komplex und verläuft in mehreren Stufen. „Die gedruckten Objekte müssen über viele Stunden im Ofen gebrannt werden. Dadurch wird der Kunststoffbinder vollständig entfernt und das Zirkoniumdioxid erreicht seine Endfestigkeit“, erklärt Schwindling. Auch der Reinigungsschritt zwischen dem 3D-Druck und dem Brennen ist ein wichtiger Baustein: „Der im Druckprozess verwendete Schlicker muss von den Objekten entfernt werden, aber diese dürfen dabei nicht beschädigt werden.“ Kleinste Schäden wirken sich negativ auf die Haltbarkeit des Zahnersatzes aus. Für die Studie haben die ExpertInnen aus Heidelberg, Köln und Innsbruck fünf verschiedene Methoden verglichen und festgestellt, dass eine Kombination aus Ultraschallbad und Airbrush-Spritzpistole am besten geeignet ist. „Generell hat der Keramik-3D-Druck das Potenzial, sich in der Zukunft zu einer Alternative zur etablierten CNC-Frästechnik zu entwickeln.“ Schwindling rechnet damit, dass es bis dahin noch ein paar Jahre dauern könnte, aber es würde einige Vorteile bringen – beispielsweise auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit: „Im herkömmlichen Verfahren werden die Objekte aus einem Keramikblock herausgefräst, wodurch ein beträchtlicher Materialverlust entsteht. Im Gegensatz dazu wird beim 3D-Druckverfahren wesentlich weniger Rohmaterial verschwendet.“
AutorInnen: A. Liebermann, A. Schultheis, F. Faber, P. Rammelsberg, S. Rues, F. S. Schwindling
(HOF, 20.07.2023, Foto: MUI/Schwindling, im Text: MUI/D. Bullock)
Weitere Informationen:
Neuer Professor für Zahnärztliche Prothetik: Sebastian Schwindling
Univ.-Klinik für zahnärztliche Prothetik
Forschungspreis der AG Keramik