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Lichtblick für die Diagnose und Behandlung des kleinzelligen Lungenkarzinoms

An der Univ.-Klinik für Nuklearmedizin der Medizinischen Universität Innsbruck wurde ein neues Radiopharmazeutikum entwickelt, mit dem der Tumor besser und damit früher erkannt und schließlich gezielt behandelt werden kann. Die innovative Technologie folgt dem sog. Ansatz der Theragnostik, in dem Diagnostik und zielgerichtete Therapie eng verknüpft sind. Mit einem US-Industriepartner soll die Technologie nun für den klinischen Einsatz weiterentwickelt werden.

Radiopharmaka sind radioaktiv markierte Arzneimittel, die in Kombination mit bildgebenden Verfahren zur Diagnostik, aber auch bei der Radionuklidtherapie zur gezielten Behandlung von Tumoren eingesetzt werden. An der Innsbrucker Univ.-Klinik für Nuklearmedizin (Direktorin: Irene Virgolini) wurde eine neue radioaktiv markierte Substanz entwickelt, die nun erstmals bei einer Patientin für die Diagnose des kleinzelligen Lungenkarzinoms eingesetzt wurde. Das neue Radiopharmakon ([68Ga]Ga-DOTA-MGS5) wird derzeit in der PET-Bildgebung (Positronen-Emissions-Tomographie) eingesetzt. Die Substanz zeigt aber auch vielversprechendes Potenzial für die Therapie dieses schnell wachsenden Tumors, der zehn bis fünfzehn Prozent der Lungenkrebsfälle ausmacht*). Nun wird das Radiopharmakon im Rahmen einer Lizenzvereinbarung mit dem US-Unternehmen Evergreen Theragnostics für die klinische Anwendung weiterentwickelt. Die entsprechenden Lizenzverhandlungen wurden von der Firma Ascenion GmbH als Technologietransferpartner der Medizinischen Universität Innsbruck unterstützt.

Der Tumor wird gezielt bestrahlt

Bei der neuen, von der Radiopharmazeutin Elisabeth von Guggenberg im Rahmen eines vom FWF geförderten Projektes entwickelten Technologie, handelt es sich um ein mit dem Radionuklid Gallium-68 markiertes Molekül, das spezifisch an den Cholecystokinin-2-Rezeptor bindet. „Das neu entwickelte Medikament kann bei verschiedenen Tumoren eingesetzt werden, die diesen Rezeptor aufweisen. Beim kleinzelligen Lungenkarzinom ist dies mit einer Häufigkeit von mehr als 50 Prozent der Fall. Über den Rezeptor – einer Eiweißstruktur, die auf der Zelloberfläche sitzt – wird das Medikament ins Innere der Krebszelle eingeschleust. Dadurch kann zum einen das Tumorgewebe bildgebend dargestellt werden, die Tumorzellen können aber auch gezielt und unter Schonung des gesunden Gewebes mit radioaktiver Strahlung zerstört werden“, beschreibt Guggenberg die therapeutische Relevanz. Die Erkenntnisse wurden kürzlich im European Journal of Nuclear Medicine and Medical Imaging veröffentlicht und darüber hinaus auch als „Bild des Monats (Image of the Month“)“ hervorgehoben. Das offizielle Journal der European Association of Nuclear Medicine ist die wichtigste Plattform für den Austausch neuer klinischer Informationen innerhalb der Nuklearmedizin und unterstreicht damit das große Potenzial dieses neuen Ansatzes, der in absehbarer Zeit im Rahmen einer klinischen Studie bei PatientInnen mit kleinzelligem Lungenkarzinom geprüft werden soll.

„Unsere Forschung stellt einen bedeutenden Fortschritt auf dem Gebiet der Onkologie dar. Mit der klinischen Umsetzung des molekularen Bildgebungsansatzes unter Verwendung des 68Ga-markierten Peptides für die PET/CT-Bildgebung konnten wir den Nachweis der verbesserten Visualisierung des Tumors erbringen und damit auch die Grundlage für die Peptid-Rezeptor-Radionuklid-Therapie mit therapeutischen Radionukliden schaffen", freut sich auch Irene Virgolini, Direktorin der Univ.-Klinik für Nuklearmedizin und Pionierin in der klinischen Anwendung von radioaktiv markierten Peptiden zur Diagnose und Therapie.

Innsbrucker Expertise

An der Entwicklung diagnostisch als auch therapeutisch einsetzbarer Radiopharmaka wird bereits seit vielen Jahren intensiv geforscht. Besonders in den letzten Jahren kam es zu neuen Entwicklungen mit hohem Innovationspotenzial. Auch die Gruppe der Radiopharmazie in Innsbruck verfügt über langjährige Erfahrung in der präklinischen Entwicklung radioaktiv markierter Peptidanaloga für nuklearmedizinische Anwendungen. Der neue PET-Tracer zur Visualisierung des Cholecystokinin-2 Rezeptors wurde an der Innsbrucker Nuklearmedizin auch bereits bei PatientInnen mit medullärem Schilddrüsenkarzinom und anderen neuroendokrinen Tumoren in einer klinischen Studie erprobt (ClinicalTrials.gov: NCT06155994).

Die Zusammenarbeit zwischen der Medizinischen Universität Innsbruck und Evergreen Theragnostics in den USA, die die Technologie der Medizinischen Universität Innsbruck lizenziert hat, unterstreicht das gemeinsame Engagement in der Verbesserung der PatientInnenversorgung. "Diese Partnerschaft ist ein wichtiger Meilenstein bei der Umsetzung von Spitzenforschung in konkrete klinische Lösungen", schließt Virgolini.

*) Angaben zur Inzidenz:

Lungenkrebs ist zweithäufigste Krebsart weltweit (Cancer.Net). In den USA wird erwartet, dass im Jahr 2024 etwa 234.580 neue Lungenkrebsfälle diagnostiziert werden (American Cancer Society), wobei das kleinzellige Lungenkarzinom (SCLC) geschlechterabhängig 13-14% dieser Fälle ausmacht (Cancer.Net). Dies entspricht 31.678 neuen SCLC-Fällen​​. Europa (EU-27) verzeichnete im Jahr 2020 318.327 neue Lungenkrebsfälle (ECIS – European Cancer Information System), woraus sich eine geschätzte Zahl von 43.435 SCLC-Fällen ergibt​. Im Jahr 2022 erkrankten in Österreich 2901 Männer und 2.302 Frauen an einem bösartigen Tumor der Lunge (Österreichische Krebshilfe). Mit einer geschlechterabhängigen Häufigkeit von 12.6-13.5% der Lungenkarzinome betreffen 580 dieser Fälle das kleinzellige Lungenkarzinom (Statistik Austria).

(21.5.2024, Text: D. Heidegger, Bild: D. Bullock)

Links:

Cholecystokinin-2 receptor targeting by [68Ga]Ga-DOTA-MGS5 PET/CT in a patient with extensive disease small cell lung cancer.
https://doi.org/10.1007/s00259-024-06749-z

Univ.-Klinik für Nuklearmedizin

 

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